Keine Akten: Funkstille im U-Ausschuss

Heimo Mauser braucht nur eine Viertelstunde, nicht länger, dann ist jedem im Saal klar: Das Innenministerium hat ausgerechnet bei einem der Prestige-Projekte der Ära Ernst Strasser, dem neuen digitalen Funk für Polizei, Rettung und Feuerwehr, gewaltig gepfuscht. Herr Mauser würde das so nie sagen, er ist Beamter im Rechnungshof, man legt Wert auf Sachlichkeit.
Doch als ihn die Abgeordneten am Mittwoch im Untersuchungsausschuss fragen, wie sich das Innenministerium vor mehr als zehn Jahren darauf vorbereitet hat, ein neues Funknetz zu installieren, bleibt dafür nur ein Wort: dilettantisch.
Nicht vergleichbar

Knapp und klar bestätigte Mauser, was Prüfungen des Rechnungshofes bis dahin schon dokumentierten: Das Ministerium wusste bei der Ausschreibung 2001 weder, was "Adonis" (ursprünglicher Name des Netzes) können muss, noch, wie viele Teilnehmer es geben wird. Wie läuft die Kommunikation zwischen (Rettungs-) Hubschraubern und Helfern? Welche Hilfsorganisationen nehmen teil?
Selbstverständlich anmutende Fragen wurden weder vor der Ausschreibung noch bei der Vergabe gestellt – mit dem Resultat, dass jeder Bieter von anderen Zahlen ausging. Ein Anbieter kalkulierte mit 120.000, ein anderer mit 80.000 und dritter gar mit 67.000 Funkgeräten. "Die Angebote waren nicht vergleichbar, so kann man keinen Bestbieter ermitteln", sagte Prüfer Mauser.
Gewinn

Das Innenministerium tat es trotzdem und als Kriterium für den Zuschlag galt dabei unter anderem, dass der Anbieter selbst einen möglichst hohen Gewinn haben muss.
Klingt schräg? Ist es auch, wie Beamter Mauser dem Ausschuss bestätigte.
Die Posse ging freilich noch weiter, denn 2003 hat das Innenministerium den Vertrag überraschend gelöst (laut Ministerium gab es zu viele Mängel, Kritiker behaupten, das Ministerium wollte das Konsortium einfach loswerden, Anm.) , man zahlte 30 Millionen Euro für die Streitschlichtung – und vergab das Projekt an ein neues Konsortium ("Tetron").
Ob bei diesem Wechsel alles rechtens war, wer politisch die Verantwortung trägt und ob etwa die 30 Millionen Euro zu Recht bezahlt wurden, das konnte der Ausschuss gestern – noch – nicht klären. Denn das Innenministerium musste zugeben, den Parlamentariern nicht alle Akten geliefert zu haben. Die Befragung wurde unterbrochen – erst am Dienstag geht es weiter.
Mehr zum neuen Zeitplan finden Sie hier.
"Lassen uns nicht pflanzen"

"Wir lassen uns nicht pflanzen", wetterte der Grüne Fraktionsführer Peter Pilz. Stefan Petzner (BZÖ) sprach von "Ausschuss-Sabotage". Auch die anderen Parteien trugen die Entscheidung mit, wobei ÖVP-Fraktionschef Werner Amon Parteifreundin Johanna Mikl-Leitner in Schutz nahm: Die Ministerin treffe keine Schuld, "zwei Sektionen" hätten nicht verstanden, welche Akten in den Ausschuss gehören.
Die zeitliche Abfolge ist bemerkenswert: Ausgerechnet bei einem Fall, der für das Ressort ausnehmend heikel ist, meldete das Innenministerium den Fehler erst Dienstagabend. Nicht nur FPÖ-Fraktionschef Walter Rosenkranz war unschlüssig, ob er sich wundern oder ärgern soll: "Es ist erstaunlich, dass das Ministerium erst am Dienstag realisiert hat, dass Akten fehlen – immerhin wurden sie schon vor einem halben Jahr angefordert."
U-Ausschuss: Die Zusammenfassungen
Das KURIER-Protokoll zur Tetron-Vergabe finden Sie hier.
Das KURIER-Protokoll zur Causa BUWOG finden Sie hier.
Das KURIER-Protokoll zur Telekom-Affäre finden Sie hier.
Behördenfunk: Seit elf Jahren wird an dem Projekt gearbeitet
Adonis 2001 (unter Innenminister Strasser) wurde die Vergabe eines digitalen Behördenfunks ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt 2002 Mastertalk (Siemens, Verbund, Wr. Stadtwerke, Raiffeisen) für das Projekt "Adonis". 2003 platzte der Deal. Die Republik zahlte 30 Mio. € an Mastertalk.
Tetron 2 004 erhielt das Konsortium Tetron (Motorola, Alcatel) den Zuschlag. Mit dabei war die Telekom. Bis dato ist das Funksystem nur in Teilen des Landes installiert worden. Kosten im Vollausbau: eine Milliarde Euro. Die Opposition vermutet, dass in der Causa Schmiergeld geflossen ist.
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