Katzian führt ÖGB in Kampf mit Regierung und Wirtschaft
Mit der Austria hatte Wolfgang Katzian (61) schon manch wilde Partie zu bestehen, doch sein härtestes Match steht ihm jetzt erst bevor.
Am kommenden Donnerstag steigt der langjährige Austria-Präsident, SPÖ-Abgeordnete und Chef der Privatangestellten-Gewerkschaft ( GPA) zum neuen Präsident im Gewerkschaftsbund auf. Freund und Feind wissen, das wird keine „gmahde Wiesn“.
Katzians Förderer wie SPÖ-Chef Christian Kern oder Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl sehen in dem Sozialpartner-Urgestein „den richtigen Mann, die Gewerkschaft in neue Zeiten zu führen.“ Es gelte, den ÖGB im Inneren moderner aufzustellen, aber auch die Schlagkraft nach außen zu erhöhen.
Katzian stimmt in dieses Lied mit ein: Bundesregierung, Wirtschaftskammer und Industrie richtet er aus, dass zwar nicht sofort gestreikt wird, aber gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen vorbereitet werden.
„Bestehende Errungenschaften der Arbeiterbewegung sollen abgebaut werden. Der Sozialstaat und das Sozialversicherungssystem werden rückgebaut und entdemokratisiert“, sagte Katzian erst vergangene Woche.
Antwort folgt
Tatsächlich kann ein gestandener Gewerkschafter wie Wolfgang Katzian das türkis-blaue Programm aus Zwölfstundentag, Hinausdrängen der Arbeitnehmer aus den Kassen, Angriffe auf die AUVA, Entschärfung des Lohndumpinggesetzes bis hin zur Abschaffung der Jugendvertrauensräte in den Betrieben nicht unbeantwortet lassen.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil Katzian selbst Jugendvertrauensrat war. Das war Anfang der 1970er-Jahre während seiner Lehrzeit zum Bankkaufmann in der Länderbank.
Jetzt, fast 50 Jahre später, steht die Sozialpartnerschaft auf der Kippe, sagen führende Wirtschaftsvertreter. Der rote Pragmatiker und „Dealmaker“ Katzian habe es in der Hand, sie zu retten. Er habe als Top-Gewerkschafter oft genug „nebenbei“ für die Austria mit Sponsoren Deals nach dem Motto ausgehandelt: „Gibst du mir, soll es dein Schaden nicht sein.“ Das könnte wieder funktionieren, oder nicht?
Kaum. Die Gewerkschaft sieht nur noch eine lange Einbahnstraße zu ihren Ungunsten vor sich. Zu oft habe man von der Wirtschaft – trotz Hochkonjunktur und Rekordbeschäftigung – schon gehört, es gebe nichts mehr zu verteilen. Der scheidende ÖGB-Präsident Erich Foglar kritisiert den „Irrweg“ von Türkis-Blau und richtet der Wirtschaft aus: „Wir sind immer verhandlungsbereit und haben bei gutem Willen noch immer eine Lösung zum beiderseitigen Vorteil gefunden. Aber wir sind sicher keine Befehlsempfänger.“
Als ob die Stimmung nicht schon im Keller wäre, hat der neue Wirtschaftskammer-Präsident und Kanzler-Vertraute Harald Mahrer, Katzian & Co bei Amtsantritt „Gräuelpropaganda“ vorgeworfen und sie zu „Gegnern der Republik“ erklärt. Das empfinden alle im ÖGB als schweres Foul. Ausdruck des Konfliktes ist wohl auch, dass – anders als früher – nur zwei Regierungsvertreter auf dem dreitägigen ÖGB-Bundeskongress ab Dienstag auftreten: Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ).
Das Leitthema des Kongresses: „Faire Arbeit 4.0“.
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