Karmasin setzt auf Psychologie

Eine Frau lächelt vor einem Gemälde mit einem Kind darauf.
Die Ministerin will in ihrem Ressort neue Wege beschreiten. "Motivieren statt Regulieren" heißt die Devise.

Ob mehr Väterbeteiligung in der Kinderbetreuung, raschere Rückkehr aus der Karenz oder Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Familienministerin Sophie Karmasin will all das verstärkt durch motivatorisches Arbeiten erreichen. Wissenschaftliches Unterfutter dafür holte sie sich am Donnerstag bei einem Symposium zum Thema Verhaltensökonomie.

Karmasin verwies in der Pressekonferenz zu dem Symposium auf diverse Projekte ihres Ressorts, bei denen dies schon Berücksichtigung finde: etwa die antragslose Familienbeihilfe, den Partnerschaftsbonus (1.000 Euro, wenn Kindergeld-Zeiten gereicht aufgeteilt werden), die Beratungsgespräche zum zweiten Kindergartenjahr oder - in Kooperation mit dem AMS - Beratungsbriefe zum beruflichen Wiedereinstieg.

Entscheidungen oft nicht rational

Dass hier die Psychologie und die Verhaltensökonomie stärker zum Zug kommen sollen, liege daran, dass die Menschen Entscheidungen oft nicht rational treffen, so Karmasin. Martin G. Koicher von der Ludwig-Maximilians-Universität München unterstützte das. Weil die Politik vom rational agierenden Menschen ausgehe, würden oft Fehlanreize gesetzt. Wenn man dies verstehe und - evidenzbasiert - auf einen motivierenden Staat setze, könne man bessere Ergebnisse erzielen.

In einem Handout des Familienministeriums war dazu von einer "Politik, die motiviert statt reguliert" zu lesen. "Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Richtig gesetzte Motivationsanreize wirken in bestimmten Bereichen besser als Gesetze", hieß es darin. Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse und Evaluierungsverfahren müssten neben gesetzlichen Bestimmungen Teil des politischen Handelns werden.

"Das ist keine Schwarz-Weiß-Geschichte"

Dass sie sich damit bloß die ÖVP-Maxime von der "Wahlfreiheit" in der Familienpolitik wissenschaftlich absichern lassen wolle, stellte Karmasin in Abrede. "Das ist keine Schwarz-Weiß-Geschichte. Wir wollen auch gesetzliche Anreize", betonte sie. Auch für klassische politische Instrumente müsse Platz sein, "das darf sich nicht ausschließen".

Nur jeder Siebente ist der Meinung, dass sich Familie und Beruf (eher) gut miteinander vereinbaren lassen, und nur jeder Vierte denkt, dass genügend Betreuungsplätze für Kinder vorhanden sind. Das Meinungsforschungsinstitut Marketagent.com und die Online-Plattform welovefamily.at haben am Donnerstag einen Familienreport vorgestellt, für den 1.209 Familien befragt wurden.

In der Online-Befragung, die im Zeitraum Ende Juni bis Mitte Juli durchgeführt wurde, beantworteten Familien Fragen etwa zu Erziehung, Bildung, Betreuung, Gesundheit oder die Gesellschaft. Für 46 Prozent hat sich die Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren bezüglich Kinder und Familien demnach zum Positiven verändert; für 43 Prozent zum Negativen. Die Mehrheit geht davon aus, dass es Kinder (62,5 Prozent) und Eltern (71,4 Prozent) heute schwerer haben als früher. Nur jeder Siebente ist der Meinung, dass sich Familie und Beruf (eher) gut miteinander vereinbaren lassen (14,2 Prozent). Dass es genug Betreuungsplätze für Kinder gibt, sagen nur 23,7 Prozent.

Auch leistbaren Wohnraum als Familie zu finden, beurteilen sieben von zehn als schwierig (71,0 Prozent). Die Erwartungen sind jedoch hoch, meinte Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl bei der Präsentation, denn zwei Drittel sind der Meinung, dass jedes Kind ein eigenes Zimmer braucht.

Schulsystem "eher gut"

Das österreichische Schulsystem wird von 40,7 Prozent zumindest eher gut bewertet, weitere 45 Prozent halten es für mittelmäßig. Die Eltern glauben mehrheitlich, dass es Lehrer heute schwerer haben als früher (69,4 Prozent). Acht von zehn sind der Ansicht, dass es mehr leistbare Betreuung für die Ferien geben sollte (82,8 Prozent). Das diskutierte zweite verpflichtende Kindergartenjahr befürwortet die Hälfte (50,7 Prozent). Eine Ganztagsschule begrüßen 42 Prozent, die Neue Mittelschule ein Drittel.

Schwabl zeigte sich über ein Ergebnis erschrocken, denn drei Viertel der Befragten machen sich mindestens einmal in der Woche Sorgen um die Familie. Die größten Sorgen sind dabei die Gesundheit der Kinder und ob man in der Erziehung alles richtig macht.

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