Karmasin gegen Uni für alle Kindergärtner
Harald Mahrer, der neue ÖVP-Staatssekretär im Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium, hat erstmals aufhorchen lassen. In einem Interview mit dem Standard plädiert er für eine Akademisierung der Ausbildung von Kindergartenpädagogen. "Eine Akademisierung würde zeigen, dass wir das besonders wertschätzen und den Menschen vor Ort, die in der besonders wichtigen Phase mit unseren Kindern arbeiten, ein anderes und noch wertvolleres Rüstzeug an die Hand geben." sagt er. Auf Anfrage hält ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin dies jedoch nicht für nötig. Vorstellbar für eine akademische Ebene wären nur Führungsaufgaben oder Fachthemen, wie Sprachförderung. Die bestehenden Bildungsanstalten würden für den Alltagsbedarf eine „sehr kompetente und gute Ausbildung“ bieten.
"Bildungs-NGO" und Opposition begrüßen Vorschlag
Daniel Landau ist Obmann der Initiative „jedesK!ND“, die sich für eine Wende in der Bildungspolitik engagiert. Landau lobt den Vorschlag von Mahrer. "Er will die Partei damit ins 21. Jahrhundert bringen", sagt er. Der Lehrer findet die Ausbildung in den Bakips und Colleges zwar gut, tritt aber trotzdem für eine starke Aufwertung der Kindergärtnerinnen-Ausbildung in Richtung Akademisierung ein. „Elementarpädagoginnen sitzen nicht nur rum und schauen den Kindern beim Spielen zu“, sagt er. Es gäbe durch unterschiedliche Biographien und Herkunftsländer der Kinder neue Herausforderungen. Daher fordert er auch eine höhere Entlohnung für Kindergärtnerinnen. Seit Jahren gäbe es von der Politik nur Lippenbekenntnisse, in diesem Bereich etwas zu ändern. Aufgrund der neuen Regierungsmitglieder hat Landau nun Hoffnung, dass sich „endlich was tut.“
Auch von NEOS und Grünen gibt es Lob für Mahrers Vorschlag. „Österreich ist in der Frage der Akademisierung mittlerweile europäisches Schlusslicht. Alle anderen EU-Länder haben die Wichtigkeit einer hochwertigen Ausbildung des Personals erkannt“, sagt Daniela Musiol, Familiensprecherin der Grünen. Und auch NEOS-Familiensprecherin Beate Meinl-Reisinger findet, man müsse eine "Ausbildungsreform" in Angriff nehmen. "Damit man nicht mehr im Alter von 14 Jahren eine endgültige Berufsentscheidung treffen muss. Abgesehen davon sollen dadurch mehr Männer für den Beruf gewonnen werden“, sagt die Nationalratsabgeordnete.
"Akademische Tischler?"
Karmasin hat angekündigt, sie werde gerne mit Mahrer "disskutieren". Sie sei in die Materie sehr gut eingearbeitet, Mahrer ein "neuer Mann" in der Regierung. Ob die Familienministerin ihre Meinung ändert, bleibt abzuwarten. Bereits im Juni hatte Karmasin einer Akademisierung der Kindergartenpädagoginnen-Ausbildung in der Wochenzeitung Die Furche eine Absage erteilt. "Wenn wir nur noch Akademiker in Kindergärten beschäftigen würden, dann wäre das System nicht aufrechtzuerhalten." Außerdem fragte sie sich damals: "Müssen wir jetzt auch akademische Tischler haben?"
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