Kanzleramt muss nach VfGH-Urteil mehr Akten liefern
Das Bundeskanzleramt muss die eingeforderten Unterlagen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss liefern, hat am Mittwoch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden. Der Antrag auf die Übermittlung der Handy-Nachrichten des Bundeskanzlers wurde zurückgewiesen, teilte der VfGH in einer Aussendung mit. In der Frage, ob Mails unwiderruflich gelöscht worden sind, verwies der VfGH auf eine allfällige Exekution. Das Kanzleramt übermittelt die Akten am Mittwoch, hieß es.
SPÖ, FPÖ und NEOS hatten sich an den Verfassungsgerichtshof gewandt, da das Bundeskanzleramt relevante Akten nicht an den U-Ausschuss geliefert hatte. Zwei von drei Anträgen waren nun erfolgreich: Geliefert werden müssen noch fehlende Unterlagen im Hinblick auf die Tätigkeit der Stabsstelle Think Austria sowie die vollständigen E-Mail-Postfächer des Bundeskanzlers, der übrigen Regierungsmitglieder im Bundeskanzleramt sowie mehrerer Bediensteter des Bundeskanzleramtes.
Mangelnde Begründung
Der Bundeskanzler habe zwar Dokumente übermittelt, schreibt der VfGH, "es aber verabsäumt, hinsichtlich der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen eine Begründung zu liefern, aus der hervorginge, um welche Art von Akten und Unterlagen es sich dabei handelte, und anhand der sich die Feststellung der Nichtzugehörigkeit zum Untersuchungsgegenstand für das verlangende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen ließe".
Damit habe der Kanzler lediglich seiner Behauptungs-, nicht aber auch seiner diesbezüglichen Begründungspflicht gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss entsprochen, heißt es weiter in dem Urteil. Das Kanzleramt hatte Ende April dem VfGH 692 Mails von Mitarbeitern übermittelt, wonach sie in einem "umfassenden Suchprozess" keinerlei "abstrakt relevante Akten und Unterlagen" gefunden hätten.
E-Mails gelöscht?
Weiters heißt es in dem Urteil des VfGH: "Die Frage, ob E-Mails unwiederherstellbar gelöscht sind, wäre im Rahmen einer allfälligen Exekution (...) zu klären." NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper griff diesen Ball gleich auf und kündigte an, einen entsprechenden Antrag einzubringen.
Als unzulässig zurückgewiesen hat der VfGH den Antrag betreffend Nachrichten auf einem Mobiltelefon des Bundeskanzlers, weil die dem Antrag zugrunde liegende Aufforderung "nicht hinreichend bestimmt" war. Anders als bei der Entscheidung in der vergangenen Woche zu den Unterlagen aus dem Finanzministerium geht es diesmal nicht um die Exekution einer Entscheidung, merkte der VfGH explizit an. Die SPÖ kündigte an, den Antrag - ohne Formalfehler - erneut einzubringen.
"Die Akten werden noch heute dem Untersuchungsausschuss übermittelt", sicherte das Bundeskanzleramt im Gespräch mit der APA die Übermittlung zu. Und in einer weiteren Stellungnahme hieß es: "Die Entscheidung des Höchstgerichtes, auch E-Mails zu liefern, die nicht mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängen, wird selbstverständlich akzeptiert und unverzüglich umgesetzt." Die E-Mails würden "in unterschiedlichen Klassifizierungsstufen nach dem Informationsordnungsgesetz geliefert".
"Offensichtlich hat auch das Bundeskanzleramt nur auf Zeit gespielt und mit dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gerechnet und die Unterlagen längst vorbereitet, wenn Kanzler Kurz sie noch heute an den U-Ausschuss übermitteln kann" meinte Krisper zur Ankündigung. Sie erwartet sich, dass die Korrespondenzen "nicht wieder in Bausch und Bogen als 'geheim' geliefert werden", wie das bei den Akten aus dem Finanzministerium der Fall war.
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