Justiz überlegte U-Haft für Martinz

Ein Mann mit grauem Haar steht vor einer Flagge mit einem schwarzen Löwen.
Kärntens VP-Chef gerät im Prozess um das Millionenhonorar für seinen Steuerberater zusehends unter Druck.

Ein neues Beweismittel sorgt für Aufregung in der Causa Birnbacher. Die Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch ein Memorandum vorgelegt, das die vier Angeklagten im Prozess rund um das Sechs-Millionen-Gutachten des Steuerberaters in Erklärungsnotstand bringt. Die Finanz hatte bei einer Prüfung in der Kärntner Landesholding ein Abkommen (Memorandum of Understanding) zwischen der Holding und Tilo Berlin gefunden, laut dem der schillernde Finanzinvestor Berlin mit dem Verkauf der Landesanteile der Hypo Alpe an die Bayrische Landesbank betraut werden sollte. Sogar eine mögliche Erfolgsprämie werde Berlin darin in Aussicht gestellt. Die Angeklagten wollen von dem Schreiben allesamt keine Kenntnis haben.

Die Staatsanwaltschaft hielt das brisante Beweisstück bereits seit einigen Tagen in Händen. Laut KURIER-Informationen aus Justizkreisen war zunächst sogar diskutiert worden, ob man Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz und die drei weiteren der Untreue Beschuldigten kurzerhand in Untersuchungshaft nehmen sollte. Grund: Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr. Diese Möglichkeit blieb jedoch ungenutzt. ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger legt sich in der Causa eindeutig fest: "In der ÖVP gibt es keinen Fall Uwe Scheuch", sagte er dem KURIER.

Offene Fragen

Nach dem überraschenden Geständnis des Steuerberaters Birnbacher, wonach sein sechsseitiges Gutachten niemals sechs Millionen, sondern bestenfalls 300.000 Euro wert gewesen sei, stellen sich folgende Fragen: Warum wurde dann so viel Geld gezahlt? Was geschah mit dem vielen Geld, das der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und ÖVP-Chef Martinz via Landesholding gewährten? Und wo war Steuerberater Birnbachers Leistung, wenn eigentlich Tilo Berlin – laut Memorandum – die Leistung erbringen und eine Prämie einstreifen sollte?

Birnbacher selbst hatte bei seinem Geständnis am Mittwoch seltsame Ausführungen präsentiert. Er behauptete, alle, also auch Haider und Martinz, hätten gewusst, dass das Honorar auf Kosten der Steuerzahler viel zu hoch bemessen war. Überdies habe Birnbacher damit gerechnet, dass man später an ihn herantreten würde, um Geld zu fordern.

Stellt sich die Frage: Für wen hat Birnbacher Geld bereit gehalten? Birnbacher deutete dazu lediglich an, er habe es "im Kopf für möglich gehalten, dass irgendwann einmal einer kommt und sagt: ,Jetzt zahlst mir was!""

Ursprünglich hatten Haider und Martinz ihrem Steuerberater sogar zwölf Millionen überweisen wollen. Auf öffentlichen Druck hin wurde die Summe später halbiert.

Birnbachers Geständnis (Beitrag zur Untreue) erscheint nach wie vor nicht schlüssig: Wenn er behauptet, Teile des Honorars ohnehin nur bereit gehalten zu haben, wo ist dann seine Schuld? Staatsanwalt Höbl ist jedenfalls der "festen Überzeugung, dass Birnbacher nicht über die vollen sechs Millionen verfügen konnte."

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