Josef Staribacher 92-jährig verstorben

Ein älterer Mann mit Brille gestikuliert mit der Hand.
Er war einer der letzten noch lebenden Minister des Kabinetts Kreisky. Sein "autofreier Tag" ist bis heute in Erinnerung geblieben.

Der langjährige SPÖ-Handelsminister Josef Staribacher ist tot. Der als "Happy Pepi" bekannt gewordene Politiker starb am Samstag in Wien im Alter von 92 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Das teilte die Familie des Verstorbenen am Sonntag mit. Er sei letztlich "ruhig eingeschlafen", hieß es. Unter Bruno Kreisky war Staribacher dreizehn Jahre lang Regierungsmitglied.

"Pickerl-Pepi"

Eine der bemerkenswertesten Maßnahmen seiner Amtszeit war die Einführung des „autofreien Tages“. Diese erfolgte 1974 als Antwort auf das Ölembargo der OPEC und die resultierende Benzinknappheit. Jeder Autofahrer wurde verpflichtet, an einem Wochentag seiner Wahl auf das Fahrzeug zu verzichten und dies mittels eines Pickerls auf der Windschutzscheibe kenntlich zu machen. Damals hätte er sich deswegen einiges anhören müssen, erzählte Staribacher vor zwei Jahren gegenüber der Kronen Zeitung. Gehalten hat sich die Maßnahme zwar nicht, geblieben ist dem Politiker aber ein weiterer Spitzname: "Pickerl-Pepi". Selbst in Deutschland wurde er als "Etiketten-Joe" bekannt.

Jugend

Josef Staribacher kam 1921 als Sohn eines Straßenbahners in Wien auf die Welt. Schon früh war der gelernte Steindrucker politisch rot: Als Bub bei den Kinderfreunden, im Jugendalter bei den Roten Falken. Unter Dollfuß kam der damals 15-Jährige kurzfristig wegen seines politischen Engagements ins Gefängnis.

Mit Kriegsbeginn wurde Staribacher erneut verhaftet und für einige Monate ins KZ Buchenwald deportiert. Nach seiner Freilassung holte er die Matura in Abendkursen nach und studierte an der Universität Jus. Lange Jahre war er in der Arbeiterkammer tätig, 1961 wurde er schließlich in den Nationalrat gewählt.

Dreizehn Jahre Minister

Eine formelle Gruppenaufnahme von Männern und Frauen in Anzügen und Kleidern.
Gruppenfoto der österreichischen Bundesregierung - Kabinett Kreisky IV (05. Juni 1979 bis 24. Mai 1983) v.l.n.r. stehend: Albin Schober; Eugen Veselsky; Elfriede Karl; Erwin Lanc; Karl Lausecker; Otto Rösch; Josef Morer; Franz Löschnak; Gerhard Weissenberg; Willibald Pahr; Josef Staribacher; Günter Haiden; Fred Sinowatz v.l.n.r. sitzend: Hannes Androsch; Hertha Firnberg; Bruno Kreisky; Ingrid Leodolter; Christian Broda
Bruno Kreisky holte Staribacher 1970 in die Regierung – dreizehn Jahre verantwortete er in seinem Kabinett das Handelsressort. In seiner Amtszeit baute er die staatlichen Förderungen für Klein- und Mittelbetriebe aus und setzte erste Schritte zu einer modernen Konsumentenpolitik. Mit Kreisky habe er stets ein "korrektes Arbeitsverhältnis" bevorzugt. "Freundschaftlicher Streit" bei Meinungsverschiedenheiten hätte da dazugehört, sagte Staribacher in seinem letzten Interview mit demMagazin der Sozialistischen Jugendvom Sommer 2012.

Generell praktizierte er in seiner Amtszeit einen damals recht ungewohnten offenen Regierungsstil. Zur Vorstellung trat er demonstrativ mit seinem gesamten Kabinett an. Legendär wurden auch seine wöchentlichen Pressegespräche: Nicht in Nobelhotels, sondern mit selbst gestrichenen Brötchen im Ministerium diskutierte er aktuelle Themen.

Abschied mit Mundharmonika

Nach über einem Jahrzehnt als Handelsminister trat Josef Staribacher 1983 von seinem Amt zurück und wechselte in die ÖIAG. Den letzten Ministerrat der SPÖ-Alleinregierung beschloss er mit seiner Mundharmonika und verabschiedete sich von den anwesenden Journalisten mit dem Ständchen "Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus". Staribacher war leidenschaftlicher Bergwanderer und Vater zweier Söhne. Seinen jüngeren Sohn Andreas verschlug es 1995 als Finanzminister für kurze Zeit ebenfalls in die Politik.

Tief betroffen zeigte sich Bundeskanzler Werner Faymann: "Josef Staribacher hat zusammen mit Bruno Kreisky eine Ära geprägt. Er hat dabei die Konsumentenpolitik neu strukturiert und sich für mehr soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Als Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hat er sein Ressort mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung und Umsicht geleitet. Besonderes am Herzen lag ihm dabei immer, Gegensätzen ausgleichend zu begegnen und Lösungen in einem gemeinsamen Dialog zu suchen."

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sind über den Tod des langjährigen SPÖ-Politikers tief bestürzt. "Josef Staribacher hat die schwersten Zeiten der Republik und der sozialdemokratischen Bewegung erlebt und infolge seiner Gesinnung Verfolgung und Haft erleiden müssen. Trotz aller Widrigkeiten ist er seiner politischen Überzeugung und seinem Glauben an Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit immer treu geblieben. Als Mitglied der Bundesregierungen unter Kanzler Bruno Kreisky hat Staribacher die Modernisierung Österreichs maßgeblich mitgestaltet und vorangetrieben. Die Persönlichkeit Staribacher war und ist ein Vorbild für viele - auch außerhalb der SPÖ - und wird das auch weiterhin bleiben. Die Sozialdemokratie wird Josef Staribacher und seinem Lebenswerk ein würdiges Andenken bewahren", betonten Darabos und Rudas am Sonntag.

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