Islamgesetz: Koran-Übersetzung nicht nötig

Ein Mann mit Kappe liest den Koran auf einem verzierten Teppich.
Die Kritik reißt nicht ab: Verfassungsdienst verlangt Klarstellung, Rechtsphilosophen warnen vor Diskriminierung.

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt verlangt Klarstellungen bei der geplanten Novelle des Islamgesetzes. Das geht aus einer internen Stellungnahme hervor, die der APA vorliegt. So müsse "unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden", dass keine deutsche Koran-Übersetzung vorzulegen sei, sondern lediglich eine Darstellung der wesentlichen Glaubensinhalte. Dass dies "in deutscher Sprache" zu erfolgen habe, versteht sich nach Ansicht des Verfassungsdienstes von selbst. Schließlich handle es sich dabei um die Amtssprache Österreichs.

In den Erläuterungen näher auszuführen sei die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten, so der Verfassungsdienst zum geplanten Verbot der laufenden Finanzierung aus dem Ausland. Darzustellen sei dabei, dass es nur um eine bestimmte Art der kontinuierlichen Auslandsfinanzierung gehe (Zuwendungen aus Schenkungen oder Stiftungen bleiben erlaubt, Anm.) und es sich um keinen Eingriff in innere Angelegenheiten der Religionsgesellschaften handle.

Legistische Probleme

Legistische Probleme hat der Verfassungsdienst damit, dass formal nicht der Weg eines neuen Gesetzes genommen wurde. "Grundsätzlich ist zu bemerken, dass bei der vollständigen Ersetzung aller Paragrafen des betreffenden Gesetzes das Mittel der Neuerlassung statt einer Novellierung zu wählen wäre", heißt es in der Stellungnahme. Außerdem stamme der Gesetzestitel nicht mehr mit dem Inhalt überein, umfasse es doch zwei bereits bestehende Religionsgesellschaften - nämlich die islamische Glaubensgemeinschaft und die Aleviten - und eine unbestimmte Zahl künftiger. "Es sollte daher auch der Gesetzestitel neu gefasst, somit überhaupt anstelle der vorgesehenen Novelle ein neues Gesetz erlassen werden."

"Islamkritischer Medien-Hype"

Kritik am Regierungsentwurf kommt von Wiener Rechtsphilosophen. In ihrer am Wochenende vom Parlament veröffentlichten Stellungnahme kritisieren sie u.a. das geplante Verbot der Auslandsfinanzierung als diskriminierend.

Für Richard Potz und Brigitte Schinkele vom Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien sind die Pläne der Regierung auch Folge des aktuellen "islamkritischen Medien-Hypes". "Der vorliegende Gesetzesentwurf zeugt unverkennbar von einem Misstrauen gegenüber dem Islam", schreiben sie und vergleichen das geplante Verbot der Auslandsfinanzierung mit dem international kritisierten russischen "Gesetz über die ausländischen Agenten". Auch die vorgesehene Vorlage einer deutschen Koran-Übersetzung ist für die angesichts der komplexen Auslegungsprozesse religiöser Quellen sachlich nicht zu rechtfertigen.

Heikles Treffen

Am kommenden Freitag trifft sich Integrationsminister Sebastian Kurz mit dem Obersten Rat der IGGiÖ. Dieses 15-köpfige Gremium ist das höchste geschäftsführende Organ der Glaubensgemeinschaft (mehr dazu siehe unten).

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) hält an ihrer Kritik am Islamgesetz fest. Sie findet den Entwurf von Integrationsminister Sebastian Kurz und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer diskriminierend. Auch das Verbot einer Finanzierung aus dem Ausland wird bemängelt.

Kommenden Freitag will sich Kurz deshalb mit dem Obersten Rat der IGGiÖ treffen. Dieses 15-köpfige Gremium ist das höchste geschäftsführende Organ der Glaubensgemeinschaft. Für Kurz wird der Termin alles andere als einfach. Dem Vernehmen nach haben die Ratsmitglieder den Präsidenten der IGGiÖ, Fuat Sanaç, de facto entmachtet, wegen dessen unklarer Rolle bei der Entstehung des Gesetzes. Dazu kommt, dass Ratsangehörigen Verbindungen mit Organisationen wie den Muslimbrüdern oder der türkischen Millî-Görüş-Bewegung nachgesagt werden. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz warnt in einem Bericht, dass Millî Görüş ein antidemokratisches Staatsverständnis zeige und westliche Demokratien ablehne.

Kurz stellt im KURIER-Gespräch in Abrede, dass das Islamgesetz diskriminierend sei. "Ganz im Gegenteil, damit gibt es Rechtssicherheit für den Islam in Österreich. Auf der anderen Seite bekennen wir uns zum Vorrang staatlichen Rechts, und natürlich versuchen wir Einflüsse aus dem Ausland zu verhindern."

Geringe Änderungen

Der Minister schließt dennoch nicht aus, dass es geringe Änderungen geben könnte. "Wenn es sachliche und begründete Kritikpunkte gibt, kann man sicher da und dort noch an Formulierungen arbeiten. Wir sind auch ganz bewusst im Dialog mit der Glaubensgemeinschaft." An den Eckpunkten hält er fest: "In den großen, zentralen Fragen werden wir selbstverständlich Kurs halten, weil unser Wertesystem ist ein Islam österreichischer Prägung ohne eine Bevormundung aus dem Ausland."

Heinz Faßmann, Leiter des Expertenrates für Integration, sprach sich gestern in der ORF-Sendung Hohes Haus für eine Übergangsfrist bei der Auslandsfinanzierung aus.

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