Insolvenz kostet mindestens 10 Milliarden Euro

Ein blau-weißes Logo vor einem strahlend blauen Himmel.
Die Berechnungen wurden im Vorfeld des Task-Force-Berichts erstellt. SPÖ und ÖVP präferieren indes einen Weisenrat.

Die Zahlenspiele rund um die Krisenbank Hypo hören nicht auf: Die Hypo Alpe Adria in die Insolvenz zu schicken, würde den Steuerzahler mindestens 10 Milliarden Euro kosten. Zu diesem Schluss kommen drei unabhängige Berechnungen der Bank selber, von österreichischen und von internationalen Experten, hieß es am Mittwoch aus einer mit den Zahlen vertrauten Quelle zur APA. Die Kostenschätzungen reichten bis zu 16 Milliarden Euro.

Die Berechnungen wurden im Vorfeld des Task-Force-Berichts erstellt, der am Montag ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger vorgelegt werden soll. Werden hingegen die faulen Kredite der Bank in eine Abbaueinheit eingebracht (Anstaltslösung), dann dürften die Kosten bei vier Milliarden Euro liegen, hatten zuletzt Bankchef Alexander Picker und der inzwischen zurückgetretene Task-Force-Chef Klaus Liebscher gesagt.

Entscheidung bis Ende März

Spindelegger will bis Ende März die endgültige Entscheidung über die Abwicklung der Hypo treffen. Sollte er der Empfehlung der Task-Force folgen und sich für eine Anstaltslösung entscheiden, bleiben dennoch einige Fragen über deren Ausgestaltung offen. Die Hypo hat eine Bilanzsumme von 26,1 Milliarden Euro (plus 3,5 Milliarden schon erfolgte Wertberichtigungen), davon entfallen 8,3 Milliarden Euro auf die Töchter in Südosteuropa. 13,2 Milliarden Euro sind Kredite, der Rest Anlagevermögen, liquide Mittel und anderes.

Gerade beim "Rest" ist zu entscheiden, was in die Eröffnungsbilanz einer Anstalt käme. Je größer diese Bilanz, desto stärker wird die Staatsverschuldung aufgebläht. Andererseits können dort Verpflichtungen flexibler abgebaut werden - etwa auch die Forderungen der früheren Mutter BayernLB.

Wer ist verantwortlich für das Milliarden-Debakel rund um die Hypo Alpe-Adria? War die Verstaatlichung unumgänglich? Hat die Politik seither die nötigen Schritte gesetzt?

Unzählige Fragen drängen sich zum Thema Hypo auf. Wer soll sie beantworten? Wer soll den Mega-Komplex durchleuchten?

Ein Mann präsentiert das Logo „Gerichtlich Gepfändet“ bei einer Pressekonferenz.
APA17035564-2 - 17022014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Der Vorsitzende der NEOS Matthias Strolz (im Hintergrund Vizekanzler Michael Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann) am Montag, 17. Februar 2014, während einer Sondersitzung des Nationalrates zur Hypo Alpe Adria im Parlament in Wien. APA-FOTO: EXPA/MICHAEL GRUBER
Diese Frage entzweit Regierung und Opposition. SPÖ und ÖVP präferieren einen Weisenrat. Die Oppositionsparteien plädieren in seltener Eintracht für einen U-Ausschuss. Am Dienstag gab es einen gemeinsamen Antrag von FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach dazu. Die politische Verantwortung seit dem Jahr 2000 sei zu klären – um "eine ähnliche Entwicklung in Zukunft zu vermeiden", hieß es im Oppositions-Antrag.

Daraus wird vorerst nichts, SPÖ und ÖVP stimmten dagegen. Nur SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger stellte sich wieder gegen die Parteilinie und verließ bei der Abstimmung den Saal – "Ich werde niemals gegen einen U-Ausschuss stimmen", sagte sie zur APA.Kanzler Werner Faymann verwies auf den U-Ausschuss in Kärnten, der einen 700-Seiten-Bericht hervorgebracht habe. Zudem seien Gerichtsverfahren zur Hypo anhängig.

Weisen-Suche

Der Plan der Regierung, einen Weisenrat einzusetzen, ist freilich nicht ganz ausgegoren. Wie er zusammengesetzt werden soll, ab wann er arbeiten, was genau er untersucht – all das ist offen. Vizekanzler Michael Spindeleggersagte, er könne sich vorstellen, dass der Weisenrat "parallel" zur Abwicklung der Pleite-Bank arbeitet. Im Fokus der Untersuchung solle der Zeitraum ab der Verstaatlichung der Bank stehen.

Zur Besetzung des Expertengremiums sagte Faymann "alle politischen Parteien sollen eingebunden werden". Den Rahmen solle Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny bestimmen, der den Weisenrat ja via KURIER vorgeschlagen hatte. Spindelegger betonte, er habe "keine Liste von Persönlichkeiten, sonst gibt es gleich den Verdacht, dass wir jemanden auswählen, der das besonders günstig betrachtet. Ich bin da offen für Vorschläge."

Einen solchen hat OeNB-Chef Nowotny parat. Österreich solle sich an Irland orientieren. Dort wurde der aus dem Internationalen Währungsfonds kommende Finne Peter Nyberg engagiert, um die Bankenpleite aufzuarbeiten. Der Experte war auch in der finnischen Nationalbank tätig. "Ein Mann von diesem Kaliber wäre wünschenswert", hieß es in der OeNB.

Nyberg dürfte auch den Vorstellungen von Kathrin Stainer-Hämmerle entsprechen. Die Politologin hatte der Regierung zu einem internationalen Experten-Gremium geraten. Am Dienstag sagte sie, wichtig sei, dass der Weisenrat "ausgewogen" besetzt werde. "Ein Experte ist per se auch nicht immer objektiv."

Der Grüne Werner Kogler will keine Namen für potenzielle Weise nennen: "Ein Weisenrat, der einen U-Ausschuss ersetzen soll, ist eine politische Bankrott-Erklärung." Die Regierung wolle mit dem Vorschlag "nur Druck aus der öffentlichen Diskussion rausnehmen". Aber es sei "denkunmöglich, dass kein U-Ausschuss kommt".

Kopf-Schelte

Nicht ganz so scharf, aber ebenfalls kritisch beurteilt der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf ( ÖVP) die Debatte: "Ein Weisenrat kann ein taugliches Instrument der Regierung sein, um den Sachverhalt aufzuarbeiten, aber er ist kein Ersatz für einen U-Ausschuss des Parlaments." Er sei skeptisch, ob ein solcher Sinn mache, aber er wolle diese Frage "zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beantworten. Vorerst geht es um die Problemlösung, mit der das Finanzministerium befasst ist." Über Ja oder Nein zu einem U-Ausschuss entscheide allein das Parlament, dieses Kontrollinstrument der Legislative gegenüber der Regierung einzusetzen, sei das alleinige Recht der Abgeordneten, betont Kopf im KURIER-Gespräch. Auch Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler stellt klar, ein Weisenrat könne keinen U-Ausschuss ersetzen: "Politische Aufklärung ist Sache des Parlaments."

Weisenrat

Wie ein Weisenrat zusammengesetzt wird und was er untersucht, ist nirgends festgeschrieben. Die Initiatoren legen den Rahmen fest. Weisenräte gab es schon mehrfach. In den 1980er-Jahren etwa hat die Regierung eine internationale Historiker-Kommission zur Aufklärung der Waldheim-Affäre eingesetzt. Im Jahr 2000 wurde ein dreiköpfiger EU-Weisenrat aktiv, um den Konflikt um die EU-Sanktionen gegen Österreich (anlässlich der FPÖ-Regierungsbeteiligung) beizulegen.

Untersuchungsausschuss

Der Nationalrat kann mit einfacher Mehrheit einen U-Ausschuss einsetzen. Dieser darf von Behörden Akten anfordern und Zeugen befragen, die unter Wahrheitspflicht aussagen müssen. In der Zweiten Republik hat das Parlament bisher 19 Untersuchungsausschüsse eingesetzt. Dazu gehörten in den 80er-Jahren Lucona und Noricum, 2006 der Eurofighter-Ausschuss und zuletzt jener, in dem Korruptionsfälle bei Telekom und BUWOG untersucht wurden. Einen Banken-Ausschuss gab es 2006/2007.

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