Hypo könnte ganz Europa "anstecken"
Achtung Ansteckungsgefahr: Das österreichische Schuldenmoratorium der Hypo Alpe Bad Bank Heta birgt Ansteckungsgefahren für ganz Europa und könnte die Refinanzierungskosten im Bankensektor in die Höhe treiben, fürchtet der deutsche Bankenverbandschef Michael Kemmer.
"Die Österreicher haben fahrlässig die staatliche Garantie zur Disposition gestellt," mahnte Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes deutscher Banken, gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Das wird Auswirkungen auf die Banken-Refinanzierung in Höhe und Preis haben."
Der deutsche Bankenverband hatte über seine Einlagensicherung am Sonntag vor einer Woche zum zweiten Mal innerhalb von knapp sieben Jahren die Düsseldorfer Hypothekenbank gerettet. Die Düsseldorfer Hypo ist als Anleihegläubigerin von dem Heta-Zahlungsstopp massiv betroffen.
"Argentinien hat auch gedacht, wir zahlen einfach nicht mehr", sagte Kemmer. Zehn Jahre später sei Argentinien immer noch in Klagen von Hedge-Fonds verwickelt. "Und damit muss auch Österreich rechnen", so Kemmer.
Präzedenzfall Österreich
Das Vorgehen der Österreicher bei der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria (heute Heta) stößt vor allem deshalb auf Kritik, da das Bundesland Kärnten eine Landeshaftung für vorrangige Schulden von zur Zeit noch gut 10 Mrd. Euro der Heta übernommen hat, die mit dem Moratorium in Frage gestellt wird. Österreich ist auch das erste Land, das mit der Heta-Abwicklung das neue europäische Regelwerk zur Abwicklung von Banken anwendet. Damit ist Österreich zum Präzedenzfall in der Eurozone geworden.
Kemmer hatte im übrigen während der Hypo-Notverstaatlichung Ende 2009 die Verhandlungen für die BayernLB geführt. Er war damals Vorstandschef der Bayerischen Landesbank (BayernLB). Die BayernLB hat ihre Mehrheit an der Hypo damals um einen Euro an den österreichischen Staat abgetreten.
Deutsche Juristen bringen sich in Stellung
Österreich statuiert mit dem Schuldenrückzahlungsstopp und dem bevorstehenden Schuldenschnitt bei der Hypo-Bad Bank Heta ein Exempel, mit dem es Investoren in ganz Europa vor den Kopf stößt, so der bisherige überwiegende Medien-Tenor in Deutschland. Trotz Staatsgarantien will Österreich nicht mehr für die Schulden der Skandalbank geradestehen. Juristen vor allem auch aus Deutschland wollen vor Gericht die Rechtmäßigkeit des Vorgehens angreifen. Selbst wenn die Regierung in Wien den Segen der österreichischen Gerichte bekomme, heiße das noch lange nicht, dass auch deutsche Juristen zustimmen: "In Deutschland gibt es noch eine zusätzliche Hürde", befindet der Bankenrechtler Jörg Wulfken, Partner der internationalen Kanzlei Mayer Brown. "Das Moratorium muss erst von deutschen Gerichten anerkannt werden", sagte er in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Glücklich kann sich dem Blatt zufolge also der Anleger schätzen, der die Anleihen auf Grundlage des deutschen oder anglo-amerikanischen Rechts gekauft habe. "Es ist damit zu rechnen, dass viele Investoren jetzt dagegen klagen werden", sagt Wulfken. Es gebe gute Gründe, die gegen eine solche Anerkennung sprächen. Einer davon wird immer wieder genannt: Die europäische Richtlinie, auf die sich das österreichische Gesetz stütze, beziehe sich nur auf Banken und Wertpapierunternehmen. Die Heta sei aber weder das eine noch das andere, sondern eine Abwicklungsgesellschaft.
Für Klagen aus Deutschland ist das Landgericht Frankfurt zuständig. Ein Verfahren dort dürfte mindestens ein Jahr dauern, schätzt der deutsche Anwalt. Danach könnte es hoch bis zum deutschen Bundesgerichtshof in Karlsruhe gehen oder noch weiter. "Jedes dieser Gerichte kann Rechtsfragen mit grundsätzlicher europarechtlicher Bedeutung auch dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen", sagt Wulfken. Insgesamt könnten so 5 bis 10 Jahre vergehen, bis eine endgültige Entscheidung ergeht. Solche Aussichten steigern die Chancen auf eine Einigung mit den Gläubigern, heißt es.
Während sich in Deutschland Juristen auf potentielle Klagen vorbereiten, schießen die Gutachter- und Beraterkosten in der Causa Hypo Alpe Adria weiter nach oben. "Die bisherigen 250 Millionen sind nicht einmal alles. Das sind nur die Kosten für die Gutachten im Auftrag der Bank. Die Gutachten der Staatsanwaltschaft und der Gerichte können durchaus noch einmal so viel kosten." Das sagte Hypo-Gutachter Fritz Kleiner in der Presse. In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung Mitte Februar hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) auf eine Anfrage von FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek die Kosten wie berichtet mit 250 Mio. Euro beziffert. So viel hat die Hypo Alpe Adria allein nach der Notverstaatlichung zwischen 2010 und 2013 für Gutachten und externe Berater ausgegeben.
Kleiner hat selber bisher mehrere Gutachten für die Hypo Alpe Adria (jetzt Heta) verfasst. "Ich bin für die Justizgutachten bei der Hypo nicht zuständig. Ich kann nicht zugleich für die Bank und für das Gericht arbeiten", so Kleiner. "Wenn die Hypo so viel ausgibt, ist das nicht mein Problem." Es gebe Unternehmen, die nichts entscheiden wollen, die brauchen dann jemanden, der ihnen die Grundlage liefere.
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