Hypo: Haiders Steuerberater gesteht Untreue

Ein älterer Mann wird von einem Kameramann gefilmt.
Steuerberater Birnbacher bekennt sich schuldig: Sein Gutachten sei nur 300.000 Euro wert – keine 6 Millionen.

Dietrich Birnbacher ist ein Mann klarer Worte. Zumindest im Gerichtssaal, zumindest Mittwochvormittag , als der 71-jährige Steuerberater plötzlich reinen Tisch machte und ein eindeutiges Schuldbekenntnis abgab: "Ich bin zur Ansicht gekommen, dass ich die Verantwortung für das übernehme, was ich getan habe." Was er getan hat?

Birnbacher hatte für seine begleitende Beratung beim Verkauf der Kärntner Anteile an der Hypo Alpe-Adria an die Bayrische Landesbank (2007) sechs Millionen Euro kassiert. Für ein Gutachten im Umfang von mickrigen sechs Seiten, das als Sammelsurium an Kalendersprüchen und Gemeinplätzen ("Die Spanne des Wertes ist sicher breit"; "Aus meiner Sicht ist (...) das klug und gut") einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. 44 Sätze, von denen jeder einzelne 272.727 Euro wert sein sollte? Ursprünglich waren Birnbacher für seine dürftige Expertise gar 12,1 Millionen Euro zugesichert worden.

Die Auftraggeber: Der mittlerweile verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider sowie Josef Martinz, nach wie vor Chef der Kärntner ÖVP. Zahlen musste die Unsumme die Landesholding, kurzum: der Steuerzahler. Auch deshalb sitzen neben Birnbacher auch Martinz und die beiden Landesholding-Vorstände Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander in Klagenfurt auf der Anklagebank. Verdacht der Untreue. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Knalleffekt

Richter Manfred Herrnhofer hatte Birnbacher bereits zwei Mal angeboten, ein Geständnis abzulegen. Das dritte Offert nahm der geknickt wirkende Steuerberater gestern an: Was er falsch gemacht habe? Er habe gemeinsam mit Holding-Vorstand Megymorez einen Brief rückdatiert, in dem die mündliche Vereinbarung mit Haider schriftlich festgelegt wurde, sagte der Angeklagte. Außerdem sei ihm spätestens am 11. März 2008 bewusst geworden, dass "sechs Millionen Euro als Honorar für meine Leistung unangemessen" seien.

Warum er sich dafür hergegeben habe? "Der Auftrag war interessant, die Eitelkeit hat eine Rolle gespielt", gestand Birnbacher. Außerdem habe er "nie geglaubt, dass Haider den Hypo-Verkauf als politisches Glanzstück verkaufen" werde.

Böser Verdacht

Nach dem Geständnis listete Birnbacher auf, wofür er die sechs Millionen Euro verwendet habe. Seit Jahren steht seitens der politischen Opposition der Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung im Raum. Birnbacher dementierte gestern: "Parteienförderung hat es keine gegeben." Nachsatz: "Im Kopf habe ich es für möglich gehalten, dass irgendwann einmal einer kommt und sagt, jetzt zahlst mir was." An die "Selbstlosigkeit der handelnden Personen" habe er nicht geglaubt. Weiters erklärte er: "Meiner Meinung nach war allen handelnden Personen bewusst, dass ich eine zu hohe Rechnung gestellt habe. Weil sie über meine Leistungen Bescheid wussten. Weil sie wussten, dass ich kein Investmentbanker bin. 300.000 Euro wären angemessen gewesen."

Eine ausgewiesene Investmentbank hätte bis zu drei Prozent des Verkaufswertes verlangen können. Birnbacher jedoch war im Auftrag der Schlüsselfiguren Haider und Martinz nur tageweise mit dem Verkauf der Hypo-Anteile beschäftigt gewesen. Zur Verdeutlichung: Birnbacher wird im April 2007 mündlich beauftragt, den Hypo-Verkauf zu begleiten. Bereits am 15. Mai 2007 legt er sein seichtes sechsseitiges Papier vor, am 22. Mai geht der Deal über die Bühne. Als im Februar 2008 ruchbar wird, dass Birnbacher zwölf Millionen Euro erhalten soll, tobt nicht nur der Rechnungshof. Birnbacher gewährt einen "Patriotenrabatt" von 6,143 Millionen.

Inwieweit belastet Birnbacher mit seinem gestrigen Geständnis nun die Mitangeklagten?

"Was soll ich gestehen?", fragte Martinz im Gespräch mit dem KURIER. Auch die Holding-Vorstände drückten sich ähnlich aus.

Im schiefen Licht

Kein gutes Licht werfen Birnbachers Aussagen jedenfalls auf die von der Landesholding sowie von Martinz eingeholten Gutachten der Sachverständigen, die von der Verteidigung als das "Who’s who" gepriesen wurden. Etliche Experten hatten ein Honorar von sechs Millionen Euro als "angemessen" bezeichnet bzw. das eigenartige Vorgehen der Politiker verteidigt. "Das werden wir uns anhören", erklärte dazu der Richter. Als Gutachter waren u. a. die Professoren Funk und Nowotny am Werk.

Interessant erscheint auch die Rolle der Staatsanwaltschaft Klagenfurt: Diese hatte ein erstes Verfahren im Zusammenhang mit dem Birnbacher-Gutachten am 18. Februar 2009 eingestellt.

Zitat aus der Begründung, die dem KURIER vorliegt: "Der reduzierte Honoraranspruch des Dr. Birnbacher in Höhe von brutto Euro 6 Millionen ist als angemessen zu qualifizieren."

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