Das verflixte siebente Mal

Es ist die siebente Begegnung der beiden Staatsoberhäupter. Vier Mal war Wladimir Putin seit Heinz Fischers Amtsantritt 2004 in Österreich. Das für heute Nachmittag angesetzte Vieraugengespräch zwischen dem russischen und dem österreichischen Präsidenten im Kreml ist zugleich auch das letzte offizielle Zusammentreffen.
Am 8. Juli übergibt Fischer das Amt an seine Nachfolgerin oder an seinen Nachfolger. Der amtierende Hausherr in der Hofburg will mit seinem nur knapp 24-stündigen Staatsbesuch am Ende seiner zwölfjährigen Amtsperiode noch einmal ein Zeichen setzen: "Heinz Fischer steht immer für Dialog. Wenn du nicht sprichst, wird sich auch nichts bewegen", sagt Hofburg-Sprecherin Astrid Salmhofer.
Begleitet wird Fischer von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und mehreren Regierungsmitgliedern: Wolfgang Brandstetter, Andrä Rupprechter und Sonja Steßl. Außenminister Sebastian Kurz, der Montagnachmittag (MEZ) von US-Außenminister John Kerry in der US-Hauptstadt empfangen wurde, reist von Washington kommend direkt nach Moskau an.
Der Besuch stand von Anfang an unter dem Schatten der EU-Sanktionen. Sonntagabend platzte in die letzten Vorbereitungen die weltweite Veröffentlichung der "Panama Papers" über geheime Offshore-Geschäfte, in denen auch Putins engste Umgebung eine tragende Rolle spielt. Moskau lässt seit Montag nun mit Kalter-Krieg-Rhetorik grüßen. Der Kreml wertet "unseren Präsidenten und die kommenden Wahlen als Ziel der Vorwürfe". Drahtzieher sei die CIA, der mit "Erfindungen und Fälschungen unser Land destabilisieren will", sagt Kreml-Sprecher Dmitro Peskow.
Sanktionsfrage spaltet
Zuvorderst werden nach der Annexion der Krim im März 2014 aber einmal mehr die von der EU verhängten Sanktionen zur Sprache kommen. Sie sind offiziell zwar kein Gesprächsthema, weil Sache der EU-Gremien, in denen der österreichische Bundespräsident weder Sitz noch Stimme hat. Russland nutzt aber alle Kanäle, um Stimmung für eine baldige Aufhebung zu machen.
Spätestens im Sommer steht in Brüssel die Entscheidung über eine Verlängerung des Wirtschaftsembargos und zahlreicher Einreiseverbote russischer Potentaten in die EU an.
Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, zweitgrößter Handelspartner Russlands in der EU, wich jüngst bei seinem Moskau-Besuch Anfang März erneut deutlich von der harten westlichen Linie gegen Russland ab und lud den Kreml-Chef ein, am 10. Juni auf der Expo in Mailand den Tag Russlands zu eröffnen. Putin lockte postwendend mit mehr Zusammenarbeit in den Bereichen "Energiesektor, Maschinenbau und Atomindustrie".
Innerhalb der EU ist angeführt von Italien und Frankreich derzeit rund ein Drittel der Mitgliedsstaaten für eine Aufweichung der Sanktionen, sagen Brüsseler Insider. Massiv dagegen halten vor allem die baltischen Staaten und Polen.
Auch Dietmar Fellner, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Moskau, plädiert für eine Lockerung der Sanktionen: "Statt über eine Verlängerung sollte darüber diskutiert werden, Russland wenigstens nicht mehr vom Kapitalmarkt abzuschneiden. Die Sanktionen treffen Europa genauso wie Russland."
Kooperationen gesucht
In der EU stehen derzeit aber alle Zeichen auf Verlängerung. Zwischen Wien und Moskau werden daher neue Wege der Kooperation abseits des strengen Sanktionsregimes gesucht. Zur Lockerung der Beziehungen soll ein von beiden Ländern 2017 ausgerufenes "Tourismusjahr" beitragen. Nach dem massiven Einbruch des russischen Tourismus (vor allem im Gefolge des Rubel-Verfalls) will Österreich die zahlungskräftige Klientel neu umwerben.
Dietmar Fellner, Vormann der Wirtschaftskammer in Moskau, ortet auch eine zunehmende Bereitschaft heimischer Unternehmen in Russland zu investieren. Denn die Politik des Kreml setzt darauf, sich vom Westen unabhängiger zu machen. Russische Unternehmen sollen im großen Stil nur noch mit jenen Firmen kooperieren dürfen, die bereit sind Russland an der Wertschöpfung zu beteiligen und Geld in die Produktion vor Ort zu stecken.
"Ein Dutzend österreichischer Unternehmen ist bereits intensiv auf der Suche nach geeigneten Standorten", sagt Fellner. Konkrete Projekte oder gar Firmennamen will er in Sanktionszeiten wie diesen aber noch keine nennen.
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