Hausdurchsuchung bei Sellner: Polizisten warteten 12 Minuten
Als sie nicht hereingebeten wurden, wollten sie offenbar nicht unhöflich sein. Zumindest wirft das Verhalten der zuständigen Beamten Fragen auf. Laut Berichten von Standard und Kleiner Zeitung warteten die Razzia-Polizisten nach ihrem Eintreffen geschlagene zwölf Minuten, bevor sie sich Zugang zum Zuhause des Identitären-Chefs Martin Sellner verschafften, um es zu durchsuchen. Dies gehe aus Aktenvermerken hervor.
Sellner ließ Polizisten 12 Minuten vor verschlossener Türe warten.
So seien die Beamten um 13 Uhr zwar vor Ort gewesen, jedoch kam auf das betätigen der Klingel, "die ohne Funktion zu sein scheint", keine Reaktion. Es sei auch mehrmals geklopft worden, nur betreten hat man die Behausung nicht zeitnah, obwohl "vermeintliche Geräusche aus dem Wohnungsinneren vernommen werden" konnten.
Nach fast einer Viertelstunde sei dann von Martin Sellner die Tür geöffnet worden. Ein im Standard zitierter Polizeiexperte ortet, dass das Verhalten der Beamten "gegen jegliche taktische Gebote" verstoßen habe. Insbesondere weil Sellner beim Verfassungschutz als mutmaßlicher "Teil eines international agierenden rechtsextremen Netzwerks" gilt. Zuletzt wurde publik, dass er eine beachtliche Spende vom mutmaßlichen Christchurch-Attentäter erhielt und mit diesem auch Mailkontakt pflegte, ihn sogar zum Bier hatte einladen wollen.
Und eben diese E-Mails soll er nur 41 Minuten vor der Hausdurchsuchung gelöscht haben. Von ihrer Existenz zeugen lediglich, von Sellner selbst angefertigte, Screenshots der Konversation. Peter Pilz von der Liste Jetzt betonte in einer Pressekonferenz am Donnerstag sein Misstrauen in der Causa. Zudem habe er eine parlamentarische Anfrage an das Innenministerium gestellt. Er vermute, dass die Screenshots nur Auszüge des Kontakts mit dem Attentäter abbilden könnten und fordert eine Wiederherstellung des Verlaufs. Weiters verweist Pilz in darauf, dass Sellner sein Handy in einem Blumentopf versteckt und erst später unter Druck vorgelegt habe. Sellner weist die Vorwürfe eines intensiveren Kontakts mit dem Attentäter von sich.
Auch Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper findet die Vorgehensweise bedenklich. "Die Beamten gaben ihm sogar vor Ort noch genügend Zeit für Verdunkelungshandlungen und warteten zwölf Minuten, bis dieser freiwillig aufmachte. Eine völlig unübliche Vorgehensweise bei Hausdurchsuchungen", sagte Krisper. Zusammen mit Pilz und der SPÖ fordert sie nun, dass nach einem möglichen "Maulwurf" im Innenministerium gesucht werde, der die Information an die Identitäre Bewegung weitergeleitet haben könne.
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