Schelling legt Budget mit Steuersenkung vor
Gleichzeitig mit dem Budget 2016 wird der Nationalrat per " Nachtrag" eine Lücke von 500 Millionen im Budget 2015 schließen. Das gab Finanzminister Hans Jörg Schelling am Dienstag Abend im Rahmen eines Hintergrundgesprächs bekannt. 300 Millionen des Nachtragbudgets entfallen auf das Bildungsressort von Gabriele Heinisch-Hosek, 200 Millionen bekommt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Deutliche Kritik übt Schelling an der Bildungsministerin: "Wir haben ein teures Bildungssystem, aber das Geld kommt nicht bei den Kindern an. Ich erwarte, dass die Bildungsreform, die am 17. November präsentiert wird, endlich Effizienzsteigerungen und Einsparungen bringt."
Zu den vor der Wien-Wahl umstrittenen Kosten für die Flüchtlingsbetreuung sagt Schelling, er rechne mit einer Milliarde Ausgaben. "Das sind aber nicht alles Zusatzkosten, sondern es handelt sich um eine Summe aus ständigen Kosten und neuen." Für 2016 hat Schelling 420 Millionen Euro für die Grundversorgung von Asylwerbern budgetiert, er hat eine Anzahl von 85.000 Flüchtlingen als Annahme zugrunde gelegt.
Budgetkennzahlen
Zu den Budgetkennzahlen: 2014, 2015 und 2016 erreicht Österreich ein strukturelles Defizit von minus 0,5 Prozent, was in Brüssel als "strukturelles Null-Defizit" gilt. Das strukturelle Defizit ist das Defizit ohne Konjunktureffekte. Das heißt aber nicht, dass Österreich keine neuen Schulden macht. Nach dem Maastricht-Defizit wies Österreich 2014 ein Minus von 2,7 Prozent aus, 2015 rechnet Schelling mit minus einem Prozent und 2016 mit minus 1,4 Prozent. Ein Prozent sind 3,3 Milliarden Euro.
Das Budget 2016 ist das erste unter der Federführung von Finanzminister Hans Jörg Schelling. Es bringt eine Tarifsenkung für Lohn- und Einkommensteuerzahler im Ausmaß von 4,5 Milliarden Euro. Im Durchschnitt werde jeder Steuerzahler um eintausend Euro entlastet, sagt das Finanzministerium. Inklusive der Beträge für Niedrigverdiener, Familien und Lohnnebenkosten bringt die Steurereform eine Entlastung von 5,2 Milliarden. Dem stehen "Gegenfinanzierungen" gegenüber: etwa die Registrierkassenpflicht, veränderte Abschreibungsregeln und 1,1 Milliarden Einsparung bei Förderungen und Verwaltung.
"Es wird transparent, welches Land wofür das Steuergeld ausgibt. Und man kann die Ergebnisse vergleichen, wer es am besten macht."
Kommende Woche wird Schelling jene Verordnung unterschreiben, über die Bund und Bundesländer seit dem Jahr 1974 verhandelt haben (der KURIER berichtete). Darin geht es um einheitliche Budgetregeln für alle Bundesländer und Gemeinden. "Es wird transparent, welches Land wofür das Steuergeld ausgibt. Und man kann die Ergebnisse vergleichen, wer es am besten macht", sagt Schelling. Die Länder wollen den Inhalt dieser Verordnung auch noch in einer 15a-Vereinbarung festschreiben. Die ersten vergleichbaren Budgets nach den neuen Spielregeln werden die Budgets von 2020 sein. Die Umstellung der Haushalte und das Schätzen aller Vermögenswerte für die Eröffnungsbilanz dauert Jahre.
WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller sieht beim von der Regierung angepeilten "strukturellen Nulldefizit" 2016 noch "eine gewisse Unsicherheit". "Das steht und fällt sehr stark damit, dass die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung der Steuerreform greifen", sagte Schratzenstaller im Gespräch mit der APA. Sie lobt die Konsolidierungsbemühungen der Regierung und drängt auf zusätzliche Reformen.
Positiv sieht Schratzenstaller die Budgetkonsolidierung - also das seit 2011 unter der Dreiprozentgrenze gebliebene Maastricht-Defizit und den für 2016 geplanten "Wendepunkt" bei den Staatsschulden. Sie sollen erstmals wieder sinken, nachdem sie seit Beginn der Wirtschaftskrise um 20 Prozent der Wirtschaftsleistung nach oben geschnellt sind.
"Verbesserung der Steuerstruktur"
Ebenfalls auf der Habenseite stehen für die WIFO-Expertin Investitionen - etwa in den Breitbandausbau, den Arbeitsmarkt und die Universitäten - sowie die Steuerreform. Damit werde der Anstieg der Abgabenquote gebremst und "eine gewisse Verbesserung der Steuerstruktur" durchgeführt.
Zur Erreichung des "strukturellen Nulldefizits" werden aus Schratzenstallers Sicht aber weitere Reformen nötig sein. "Das ist ein ambitioniertes Ziel und unterstreicht die Notwendigkeit, in strukturellen Reformbereichen etwas zu tun", so die Expertin. Ansetzen sollte die Regierung aus ihrer Sicht beim Bund-Länder-Verhältnis und dem Förderwesen. Wichtig sei auch, dass der vereinbarte "Kostendämpfungspfad" im Gesundheitswesen halte und das faktische Pensionsalter steige.
Außerdem müsse die Regierung Spielraum für weitere Zukunftsinvestitionen sowie für eine Senkung der Abgabenquote schaffen, betont Schratzenstaller. Bis dahin drängt sie neuerlich auf eine Reform der Steuerstrukturen: Also weniger Abgaben auf Arbeit, im Gegenzug höhere Umwelt- und Grundsteuern sowie eine neue Erbschaftssteuer.
Risikofaktoren
Risikofaktoren für das Budget sieht Schratzenstaller neben der Gegenfinanzierung der Steuerreform in der Arbeitslosigkeit. Hier sind zwar knapp 950 Mio. Euro mehr eingeplant als 2015, aber: "Ich glaube, dass angesichts der deutlich steigenden Arbeitslosigkeit das Arbeitsmarktbudget eher eng budgetiert ist." Auch die Ausgaben für die Flüchtlinge sind aus ihrer Sicht nur schwer zu prognostizieren, ein weiterer Anstieg daher nicht auszuschließen.
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