Kogler: Kurz und Strache stellen sich auf die falsche Seite

Kogler: Kurz und Strache stellen sich auf die falsche Seite
Grünen-Chef Werner Kogler im Interview: Wie er die Partei nach dem Parlaments-Aus wieder neu aufstellen will.

KURIER: Sie sind seit fast einem Jahr Bundessprecher – wie geht es Ihnen mit der schwierigen Aufgabe?

Werner Kogler: Den Umständen nach besser, als man vermuten würde. Auch mit der Neuaufstellung der Grünen sind wir viel schneller vorangekommen, als wir das erwartet hätten. Also, es geht mir gut. Aber es wäre jetzt einmal Zeit für zwei Wochen Urlaub.

Wie wollen Sie Wähler wieder für Grün begeistern?

Es gibt ja sehr viele Mitstreiter, die sich nicht nur zu Hunderten, sondern zu Tausenden nach der Wahl an uns gewandt haben. Mit diesen Freiwilligen und Ehrenamtlichen bauen wir gerade eine neue Struktur auf, zusammen mit den Bundesländern. Da ist für 2019 einiges in Vorbereitung, wo wir auch außerhalb des Parlaments wirkmächtig werden können und wohl auch müssen, wenn wir verhindern wollen, dass grüne Anliegen verschwinden.

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Und werden Sie Chef der Grünen bleiben?

Nein, lange Jahre habe ich das nicht vor. Was jetzt ansteht, ist die Sanierung und der Wiederaufbau, um die Voraussetzungen zu schaffen für die neuen Grünen. Da habe ich Vorstellungen und Bedingungen, und die müssten bis zum Grünen-Kongress Ende des Jahres eingelöst werden. Da ist mir wichtig, dass wir junge Leute reinbringen und arrivierte, uneitle Ältere, die den Karren auch ziehen können.

Und wie sollen diese neuen Grünen dann aussehen?

Es braucht eine Öffnung der Grünen – strukturell und kulturell, aber auch eine Vervielfachung der Mitglieder. Die sollen dann auch alle mitwählen dürfen. Da orientieren wir uns am erfolgreichen Weg der deutschen, der niederländischen und der belgischen Grünen. Spitzenpersonal wird in Urwahlen gewählt, dafür soll dieses dann mehr Einfluss auf die weiteren Geschehnisse und die weitere Personalauswahl haben.

Thematisch wollen Sie sich auch neu aufstellen?

Nein, es wird aber leichte Korrekturen und Ergänzungen geben. Am Programm, an den Grundwerten, an den Prinzipien hat es nicht gemangelt, höchstens inhaltlich dort, wo es die Zeit verlangt. Etwa bei der Digitalisierung. Auch zur Klimakrise und den notwendigen Konsequenzen wird es wohl was brauchen. Da sind wir aber im engen Austausch mit den europäischen Grünen. Die wesentlichen Fragen sind mit dem grünen Wertekompass durchaus beantwortbar. Aber es braucht das glaubwürdige Engagement, ein Feuer, dass sicher viele bei uns vermisst haben. Wir stehen für den sozialen Zusammenhalt und das Lösen der großen ökologischen Fragen.

Also links und ökologisch bleibt die Stoßrichtung?

Im politischen Spektrum würde man das wohl so einordnen. Die Frage nach dem fehlgeleiteten Wirtschaftssystem drängt sich natürlich auf, wenn man die Fehlsteuerungen überall sehen kann, in der Ökologie als auch im sozialen Zusammenleben. Es stellt sich aber auch die Frage nach den europäischen Grundwerten immer mehr. In ganz Europa, beginnend bei Polen und Ungarn mit ihren Semi-Despoten. Da wurde ein Weg eingeschlagen, der ja alles infrage stellt. Und Österreichs Bundesregierung mit Kurz und Strache stellen sich auf die Seite dieser Leute, wo Freiheit, Demokratie und Menschenwürde ungeniert angegriffen werden. Strache fährt nach Rom zu einem waschechten Faschisten. Da wird es ein starkes Gegenhalten brauchen, da werden wir Grüne unseren Beitrag zu leisten haben, weil die anderen Parteien in Österreich sind da ja eher nicht so gefestigt.

Europaweit kann man eher einen Trend nach rechts feststellen, die linken Gruppierungen verlieren ja überall.

Aber zu viel gefürchtet ist auch gestorben. Bei den Themen, die von rechts befeuert werden, ist deren Auftritt mit völlig primitiver Sprache und Logik natürlich eingehender und Erfolg versprechender. Das ist auch keine neue Erkenntnis. Aber da wird es wieder Gegenbewegungen geben – und wir werden unseren Beitrag leisten.

Gibt es Angebote für eine Kooperation mit der Liste Pilz?

Naja, die gibt es indirekt schon, das gilt aber auch für die Neos: Es geht darum, wo unser Knowhow, etwa in Umweltfragen – vom Tierschutz, Naturschutz bis zum Klimaschutz –, unser Wissen und unsere Kompetenzen einfließen können. Wer da kommt, dem stehen unsere Türen offen. Das gilt für die Abgeordneten der Liste Pilz, der Neos und auch für Frau Bißmann.

Die Regierung hat nun erstmals ein Strategiepapier zur Klimapolitik vorgelegt. Kennen Sie das?

Ja, wir haben dazu eine Enquete veranstaltet mit einigen NGO, um eine Gegenstrategie auszuarbeiten. Die Regierung hat ein Strategiepapier eingebracht, aber selten hat der Spruch so gut gepasst: diese Strategie ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. Es werden keine Ziele definiert, außer beim Ausbau des Fahrradverkehrs, wo es eine Verdoppelung bis 2025 geben soll. Das halte ich ja für löblich, aber das sind nur Sonntagsreden und Feiertagsschriften. Denn blaue und schwarze Stadt- und Bezirkspolitiker versuchen ja jeden neuen Radweg zu blockieren.

Was ist die Gegenstrategie?

Zuerst einmal ein Ende der umweltschädlichen Subventionen in Höhe von fünf Milliarden Euro. Was es vor allem braucht, ist eine vernünftige ökologisch-soziale und wirtschaftlich akzeptable Steuerreform. Nicht insgesamt mehr Steuern, sondern runter mit den Steuern auf Arbeit – und Steuern auf Umweltverbrauch erhöhen. Mit vier, fünf Milliarden kann man da schon viel auslösen. Und im Endausbau kommt man da auf 10 bis 12 Milliarden an Umsteuerungsvolumen. Damit sollten wir schleunigst beginnen.

NACHGEFRAGT: Werner Kogler

Wo verbringen  Sie ihren Sommerurlaub?
Ich werde mit der Eisenbahn rund um Österreich fahren.

Haben Sie eine bevorzugte  Urlaubslektüre?
Lesen werde ich da vor allem Reiseführer und Bücher, die Zustand und Geschichte dieser Schienennetze beschreiben. Ich bin ja  ein echter Eisenbahnfreak.

Haben Sie einen bevorzugten Sommerdrink?
Bei der Hitze bin ich draufgekommen, dass mir ein weißer Hollersaft mit Zitrone am besten schmeckt. Alkohol ist bei der Hitze nicht verträglich.

Und schicken Sie lieber Postkarte oder SMS?  
Beides. Meine Mutter bekommt eine Postkarte, die jüngeren Verwandten Updates via SMS.

 

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