Grasser-Prozess: "Vorstand besticht Politiker"

BUWOG-GRASSER-PROZESS: MEISCHBERGER / SCHIESZLER
Kronzeuge: Telekom zahlte über Hocheggers Valora Abgeordnete, Lobbyisten, Minister.

Im Grasser-Prozess geht es am Dienstag ausschließlich um die ins Verfahren eingeschobene Telekom-Anklage gegen Walter Meischberger, Peter Hochegger, Rudolf Fischer und Michael F. Die drei letzteren sollen über die Valora-Gesellschaft von Hochegger Geld der Telekom an Politiker und andere ausbezahlt haben und sind wegen Untreue angeklagt. Meischberger bekam 824.000 Euro über fünf Jahre.

Meischberger gibt an, er habe für das Geld - 14 mal jährlich 10.000 Euro - Leistungen für die Telekom erbracht. Auch bei den anderen Zahlungen geht es um die Frage, ob die Empfänger irgendeine Leistung für das teilstaatliche Telekom-Unternehmen erbracht haben. Der heute befragte Zeuge Gernot Schieszler, selber ehemals Telekom-Festnetzvorstand, holte weit aus, um die Zahlungen zu erklären. Es sei um "politische Landschaftspflege" gegangen. Meischberger etwa sei ein "Brückenkopf" ins Kabinett des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser gewesen.

Schieszler tritt in den Telekom-Causen als Kronzeuge auf und ist daher nicht angeklagt. Seine eigene Rolle schilderte er so, dass viele Begehrlichkeiten von für die Telekom wichtigen Leuten gekommen seien und man schwer Nein sagen habe können. Über Hocheggers Valora-Gesellschaft sei es diskret abgewickelt worden, um nicht noch mehr Wünsche bei anderen zu wecken.

In einer im Zuge des Ermittlungsverfahrens sichergestellten Aufzeichnung von Schieszler, die er selber mit "Shit List" betitelte, hatte er zahlreiche Vorfälle in Stichworten festgehalten: "Vorstand besticht Politiker" findet sich ganz oben, "Vorstand kauft Orden", oder auch Namen von Personen, die auf Wunsch von außen offenbar angestellt worden waren. Richterin Hohenecker ging in der gewohnt genauen Befragung mit Schieszler die einzelnen Punkte durch und frage ihn auch: "Warum haben Sie das alles aufgeschrieben"? Er habe etwas in der Hand haben wollen, falls ihm jemand in der Telekom Austria etwas Böses gewollt hätte, meinte der Zeuge.

Außerdem sei er damals, 2004 und 2005, ein "Idealist" gewesen und hätte Politiker noch "hehr und moralisch" gesehen, sei also über deren Verhalten empört gewesen, Später habe er das Ganze anders gesehen: Es sei für die Telekom wesentlich günstiger, wenn sie ein paar 10.000 Euro für jemanden ausgebe, der später wichtige Entscheidungen für die Telekom treffe, die dem Unternehmen Millionen Profite bescherten.

Nicht nur die Shit List, sondern auch E-Mails geben Auskunft über die Zahlungen der Telekom über die "Schwarzen Kassen" bei Hochegger, die die Angeklagten jetzt als externe "Liquiditätsreserve" der Telekom bezeichnen. So floss das Geld nicht nur an Lobbyisten, sondern auch an Politiker und Parteien sowie deren Vorfeldorganisationen.

Auf der Anklagebank sitzt auch Michael F. ehemals ÖVP-Organisationsreferent und damals Chef der Public Affairs der Telekom. Er schrieb an Schieszler im November 2007 ein E-Mail, dass Rudolf Fischer, damals Telekom-Vorstand, die Zahlung von 100.000 Euro an die Bundes-ÖVP genehmigt habe. Laut ÖVP wurde das erhaltene Geld der Telekom zurückgezahlt.

Auch das Telekom-Sponsoring des SV Sierning, ein Fußballverein aus der Heimatgemeinde des ehemaligen ÖVP-Finanzministers Wilhelm Molterer, Zahlungen an den ehemaligen FPÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach nach seinem Ausscheiden, Zahlungen an den Echo-Medienverlag, der laut Schieszler als Türöffner zur SPÖ-regierten Stadt Wien fungierte, Geld für die Telekomsprecher von SPÖ und ÖVP im Nationalrat, Kurt Gartlehner und Karin Hakl, Geld für den ehemaligen Kärntner FPÖ-Nationalratsabgeordneten Reinhart Gaugg, für den ehemaligen FPÖ-Infrastrukturminister Mathias Reichhold, Geld für einen Privatjet nach Schottland zu einem Jagdausflug bei Alfons Mensdorff-Pouilly, an dem etwa der damalige ÖIAG-Chef Markus Beyrer teilnahm - alles wurde aus Telekom-Mitteln via Hochegger finanziert.

Die Telekom konnte sich so "subtile Abhängigkeiten", ein "gutes Gesprächsklima" mit den Entscheidern oder möglichen künftigen Entscheidern schaffen, meinte Schieszler. Teilweise habe es konkrete Gegenleistungen gegeben, teilweise wisse er nichts davon. Beyrer etwa habe so viele Einladungen bekommen, "dass er das gar nicht alles schießen kann". Bei Gorbach habe man nach dessen Ausscheiden aus der Regierung "Dankeschön" gesagt.

Nicht nur Politiker, sondern auch Lobbyisten bekamen still und leise Geld von der Telekom über den Umweg Hochegger, schilderte Schieszler: Sogar ein ehemaliger Obmann der ISPA, der Vereinigung alternativer Telekom-Betreiber, habe Geld von Hochegger aus der Telekom-Kasse bekommen. Die Telekom finanzierte also den Obmann einer Interessensvereinigung, die eigentlich komplett gegensätzliche Interessen hatte und vertreten sollte. Hochegger sei da immer sehr geschickt gewesen, lobte Schieszler den nun angeklagten Lobbyisten. Hochegger habe für seine Dienste etwa 10 Prozent der Summen einbehalten.

Sogar ein Reiter erhielt Geld von der Telekom. Er habe damals überlegt, den Pferdesport zu sponsern, habe dies aber aufgegeben als der Reiter keine Erfolge erzielte, rechtfertigte Schieszler diese Ausgabe.

Der Aufsichtsrat habe von dem allen nichts gewusst, sagte der Zeuge. Das sei auch von der Geschäftsordnung nicht so vorgesehen.

Hochegger und Fischer hatten 2018 im Prozess betreffend der Vorwürfe gegen sie Teilgeständnisse abgelegt. Meischberger bestreitet alle Vorwürfe, er habe für das von der Telekom erhaltene Geld immer Leistungen erbracht.

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