Grasser-Prozess kommt schläfrig aus der Osterpause

Eine 91. Prozesstag brachte kaum neue Erkenntnisse.
Ein Rechtsanwalt und Mitglied der Auswahlkommission für die Bundeswohnungen wollte sich der Aussage entschlagen - ohne Erfolg.

Die dreiwöchige Verhandlungspause hat nicht wirklich Schwung in den Grasser-Prozess gebracht: Am 91. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere schwang noch die österliche Ruhe mit.

Die heutigen zwei Zeugen hatten eher wenig zur Aufklärung beizutragen. Am frühen Nachmittag war der Tag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts schon wieder vorbei.

Erster Zeuge wollte zuerst nicht aussagen

Der erste Zeuge heute, ein Rechtsanwalt der in der Auswahlkommission für die Vergabe der Bundeswohnungen (unter anderem der Buwog) saß, beschwerte sich zu Beginn darüber, dass er von Pressefotografen abgelichtet wurde, um dann darauf hinzuweisen, dass er sich seiner Aussage entschlagen werde, was sein Recht sei.

Der Richtersenat unter Vorsitz von Richterin Marion Hohenecker sah dies nicht so, woraufhin der Zeuge seiner Auskunftspflicht nachkam.

Wie schon andere Zeugen zuvor sagte er aus, dass die Auswahlkommission eigentlich keine Auswahl für den Erstgereihten beim Buwog-Verkauf traf, sondern nur beratende Funktion hatte. Der Name der Kommission sei daher eigentlich verfehlt: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir etwas auswählen."

Als "Feigenblattfunktion" habe er das Ganze aber nicht empfunden. Er habe damals einen Rahmenvertrag mit dem Ministerium gehabt betreffend der Beratung in beihilferechtlichen Fragen. Extra abgerechnet habe er seine Tätigkeit in der Kommission nicht, weil alles so problemlos verlaufen sei, sagte er.

Keine Grasser-Intervention mitbekommen

Von der Zahl 960 Mio. Euro habe er erst in den Medien erfahren, sagte der Zeuge. "Mehr als 960 Millionen Euro" zu bieten, war damals im Juni 2004 offenbar der entscheidende Tipp von Walter Meischberger und Peter Hochegger an die Bieter, die Immofinanz und die RLB OÖ, um den Zuschlag für die Buwog zu erhalten. Im Laufe des Prozesses hatten mehrere Angeklagte ausgesagt, dass die notwendige Bietersumme in der Branche weithin bekannt war.

Von Interventionen von Grasser habe er nichts mitbekommen, er sei aber davon ausgegangen, dass die Ministeriumsmitarbeiter in der Kommission die Vorgaben des Ministers umsetzten. Der Zeuge betonte, dass sämtliche Sitzungen, bei denen er anwesend war, genau protokolliert worden seien, auch die Anwesenheitsliste.

Hintergrund dazu: Zu jener Sitzung, bei der ein zweites Bieterverfahren angeordnet wurde, gibt es kein Protokoll. Der Zeuge war bei dieser Sitzung entschuldigt. Ohne die zweite Runde wäre die Buwog an die CA Immo statt an das Konsortium Immofinanz/RLB OÖ gegangen.

Zweite Zeugin widersprach Spitzenbeamtin

Nach dem auskunftsunfreudigen Zeugen war eine ehemalige Mitarbeiterin vom damaligen Staatssekretär im Finanzministerium, Alfred Finz (ÖVP), als Zeugin geladen. Sie hatte nur wenige Erinnerungen an die damalige Zeit und war in ihrer Arbeit mit den Bundeswohnungen gar nicht befasst.

Allerdings widersprach sie der Zeugenaussage des damaligen Spitzenbeamten im Finanzministerium, Heinrich Traumüller, wonach sie bei der entscheidenden Sitzung zur zweiten Vergaberunde mit dabei war. Sie habe das Ministerium schon im Jahr 2003 verlassen, die entsprechende Sitzung war aber im Juni 2004.

Es geht mit einem "Lehman Brother" weiter

Ein weiterer Zeuge, der ehemalige Villacher Bürgermeister Helmut Manzenreiter (SPÖ), ist heute entschuldigt. Ein zusätzlicher Zeuge, der die Angeklagten bei seinen Einvernahmen belastet haben soll, hat sich für nächste Woche entschuldigt. Für sie werden andere Auskunftspersonen vorgezogen.

Morgen geht es mit einem ehemaligen Mitarbeiter von Lehman Brothers weiter. Die - später zusammengebrochene - US-Investmentbank hatte den Privatisierungsprozess der Bundeswohnungen damals begleitet. Im Mai sind - inklusive heute - insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt.

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