Der Bund ist Kärntens Troika

Ein Mann mit blonden Haaren und blauem Anzug blickt in die Kamera.
Professor Haber über Parallelen zu Griechenland und das Eigentor für den Bund im Pleitefall.

Kärnten wird oft mit Griechenland verglichen, und was jetzt gerade passiert, rechtfertigt diesen Vergleich tatsächlich. Beide Länder sind nicht kapitalmarktfähig, kein Anleger borgt ihnen Geld, weil die Gefahr besteht, es nicht zurückzubekommen. "Diese Problematik, dass Kärnten kein Geld mehr auf dem Kapitalmarkt bekommt, ist durch den Bund entstanden, indem er über die Heta ein Schuldenmoratorium verhängte. Anleger befürchten, dass Kärntens Haftungen schlagend werden, und borgen dem Land daher kein Geld. Sie antizipieren einen Zahlungsausfall, der derzeit noch theoretisch ist", erklärt Finanz- und Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber.

Kredite gegen Auflagen

Griechenland wendet sich an EU, IWF und Weltbank ("Troika"), damit diese Griechenland Geld borgen und somit vor der Zahlungsunfähigkeit retten. Die Troika verlangt für die Kredite Auflagen – Zinsen, Reformen usw. – also das, worüber zwischen der linken Syriza-Regierung und der EU gestritten wird.

Kärnten wendet sich an den Bund, damit dieser das Bundesland finanziert und vor der Pleite rettet. Heute wird zwischen Landes- und Bundesregierung verhandelt, welche Auflagen Kärnten für die Bundeskredite erfüllen muss.

Der Bund ist Kärntens Troika.

So weit, so schlimm für Kärnten.

"Das Schlimmste", so Haber, "steht jedoch noch bevor und ist noch nicht einmal im Ansatz gelöst." Das sei die Frage: "Was passiert mit Kärnten, wenn die Haftungen schlagend werden?"

Schuldenschnitt

Zur Erinnerung: Finanzminister Hans Jörg Schelling plant einen Schuldenschnitt. Die Abbaugesellschaft Heta sitzt auf 18 Milliarden Bank- und Leasinggeschäften der vormaligen Hypo und versucht, diese zu Geld zu machen. Mit dem Geld soll die Heta die Hypo-Gläubiger auszahlen. Weil die Bundesregierung aber kein Steuergeld mehr zuschießen will, darf die Heta derzeit keine Gläubiger bedienen. Dieses "Zahlungsmoratorium" dauert bis inklusive Mai 2016.

Danach wird die Finanzmarktaufsicht einen Schuldenschnitt verordnen. Die Höhe des Schuldenschnitts bemisst sich danach, wie viel von den elf Milliarden Anleihen, für die Kärnten haftet, von der Heta getilgt werden kann. Der Rest wird den Gläubigern "weggeschnitten". Haber: "Der Schuldenschnitt löst die Haftungen Kärntens aus. Kärnten wird zahlen müssen."

Schelling und Kärnten bauen zwar darauf, dass sich die Gläubiger mit einem Teil des Geldes zufriedengeben werden und auf Klagen verzichten. Haber glaubt das jedoch nicht. "Es gab in den letzten Monaten sicher Hedgefonds, die Hypo-Anleihen aufgekauft haben. Die Hedgefonds klagen sicher."

Darüber hinaus haben viele deutsche Finanzinstitute Klagen angekündigt, laut deutscher Bundesbank sitzen die Deutschen auf sieben Milliarden Hypo-Anleihen. Manche haben Klagen sogar schon eingebracht.

Haftungen ausgelöst

Was passiert, wenn den Gläubigern vom Gericht zuerkannt wird, dass Kärnten zahlen muss? Haber: "Wenn die Haftungen rechtlich halten, muss Kärnten zahlen. Eine Möglichkeit ist, das Land leiht sich das Geld beim Bund und stottert die Schulden über Jahrzehnte ab."

Die Variante, dass sich Kärnten für pleite erklärt, und trotz Gerichtsurteil nicht zahlt, hält Haber für kaum durchführbar: "Wenn das reiche Land Österreich mit seinem soliden Haushalt zuschaut, wie eines seiner Bundesländer Schulden nicht begleicht, würden auch alle anderen Bundesländer aus dem Kapitalmarkt gedrängt. Die Folge davon wäre, dass sich alle Bundesländer – nach dem Muster Kärntens – nur mehr über den Bund finanzieren könnten. Damit würde der Bund erst recht für die Länderschulden haften, was er jetzt formalrechtlich nicht tut. Der Knalleffekt, die Bundesländer aus dem Kapitalmarkt zu drängen, würde für den Bund zum Eigentor."

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