Germania-Liederbuch: Ermittlungen eingestellt

Germania-Liederbuch: Ermittlungen eingestellt
In der Liederbuch-Affäre wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. FPÖ: Udo Landbauer steht Rückkehr offen.

Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat das Ermittlungsverfahren wegen § 3g Verbotsgesetz 1947 gegen vier Personen, die für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher der Burschenschaft "Germania" verantwortlich zeichneten, eingestellt. Die Anklagebehörde verwies am Freitag auf die in Ansehung des Verlags- und Ausgabezeitpunktes im Jahr 1997 eingetretene Verjährung.

"Aus Beweisgründen eingestellt"

"Mangels vorliegender Beweise für eine propagandistische Wiedergabe der strafrechtlich relevanten Textpassagen im Kreis der Mitglieder der 'Pennalen Burschenschaft Germania Wiener Neustadt' und aufgrund des Umstandes, dass trotz einer chemischen Analyse der Zeitpunkt der Schwärzung der inkriminierten Textpassagen in den Liederbüchern nicht mehr exakt und damit eine Beweismittelfälschung in Bezug auf das Ermittlungsverfahren nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte, wurde auch das Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen §§ 3g Verbotsgesetz 1947 und § 293 Abs 1 StGB aus Beweisgründen eingestellt", teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit.

Die Anklagebehörde wies am Freitag zudem darauf hin, dass Udo Landbauer, FPÖ-Spitzenkandidat bei der niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner, im Ermittlungsverfahren gegen die für die Zusammenstellung und Illustration der Liederbuchausgabe Verantwortlichen "als Zeuge einvernommen" worden sei. "Seitens der Israelitischen Kultusgemeinde Wien wurde gegen ihn im Zusammenhang mit dieser 'Liederbuchaffäre' auch eine Anzeige wegen des Verdachts nach § 3g Verbotsgesetz 1947 eingebracht, diesbezüglich jedoch mangels entsprechenden Anfangsverdachtes von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 35c StAG abgesehen."

Landbauers Rückkehr "nur logisch"

Die Affäre war kurz vor der niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner bekanntgeworden. Im Zuge einer Hausdurchsuchung bei der "Germania" waren Liederbücher mit teilweise geschwärzten Passagen sichergestellt worden. Die folgenden Ermittlungen richteten sich gegen vier Verdächtige, die für das 1997 neu aufgelegte Liederbuch mit NS-verherrlichenden Inhalten verantwortlich zeichneten.

Wegen der Affäre war Udo Landbauer, Spitzenkandidat der FPÖ, unmittelbar nach der Landtagswahl zurückgetreten. Er legte alle politischen Funktionen zurück und kehrte auch der "Germania" den Rücken. Im Zuge der Ermittlungen wurde er - wie von der Staatsanwaltschaft betont - als Zeuge geführt.

FPÖ spricht von Rückkehr, ÖVP betont Distanz

Nun dürfte Landbauers Comeback bevorstehen. Der niederösterreichische FPÖ-Chef Walter Rosenkranz erklärte erst kürzlich, dass für ihn eine Rückkehr des 32-Jährigen in die Politik nur logisch sei. Der Listenerste bei der Landtagswahl könnte bald die "Spitze des Landtagsklubs" bilden, sagte der Landesparteiobmann im Gespräch mit den NÖN.

Aber: Die niederösterreichische Volkspartei bleibt auch nach der Einstellung des Verfahrens auf deutlicher Distanz zu Landbauer. Der Ex-FPÖ-Spitzenkandidat habe mit seinem Verhalten in der Affäre die Basis für eine Zusammenarbeit in der Landesregierung "selbst zunichte gemacht", sagte ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner in einer Aussendung.

Burschenschaft erfreut

Rosenkranz sagte hingegen, die Voraussetzung für ein Comeback Landbauers sei gewesen, dass das Strafverfahren in der Causa NS-Liederbuch der "Germania" zur Gänze abgeschlossen ist, was mit der Mitteilung der Staatsanwaltschaft nunmehr der Fall ist. Seitens der Freiheitlichen war bereits beim Landesparteitag Ende Juni betont worden, dass die Tür für die Rückkehr Landbauers "sperrangelweit offen" stehe. Für den Landesparteiobmann ist der 32-Jährige eine "Ausnahmeerscheinung".

Die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt hat sich naturgemäß "erfreut" über die Einstellung des Verfahrens gezeigt und ihre "Integrität" wieder hergestellt gesehen. "Das in den Rechtsstaat gelegte Vertrauen war gerechtfertigt. Vorwürfe, unbewiesene Behauptungen, Vorverurteilungen und Gerüchte mancher Medien und Persönlichkeiten, haben sich als falsch erwiesen", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA Freitagnachmittag.

Pennälerring: Germania "rehabilitiert"

Auch der Pennälerring als Dacherverband der österreichischen Schülerverbindungen begrüßte die Einstellung des Verfahrens. Obmann Udo Guggenbichler sah die Burschenschaft "hundertprozentig" rehabilitiert. Die Germania habe die Textpassagen "aus eigenem Antrieb", ohne Zurufe von außen, geschwärzt. Daher wolle man die Germania auch wieder aufnehmen. 

IKG verweist auf politische Verantwortung

Dass die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Ermittlungen eingestellt hat, "ändert nichts an der politischen Verantwortung für die Verharmlosung der Schoah und anderen antisemitischen und neonazistischen Texten im offiziellen Liederbuch der Burschenschaft 'Germania'". Mit dieser Feststellung reagierte IKG-Präsident Oskar Deutsch in einer Aussendung.

Dass die FPÖ Niederösterreich den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden dieser Burschenschaft zur Rückkehr in die Landespolitik einlade, sei ein Zeichen politischer Unreife und Geschichtsvergessenheit. "Landbauer war ein Kopf dieser Organisation, gegen die selbst die Bundesregierung ein Auflösungsverfahren angeregt hat. Seine Rückkehr in die Politik könnte nicht nur dem Ansehen Niederösterreichs, sondern auch der Republik insgesamt schaden", betonte Deutsch.

Der IKG-Präsident sieht in der FPÖ Niederösterreich "einen Wiederholungstäter" und verwies in der Aussendung auf die "antisemitische Kampagne gegen das Schächten", die bis heute u.a. auf der Webseite der Landespartei geführt werde. Zudem verbreite Landesrat Gottfried Waldhäusl weiterhin Unwahrheiten über das Schächten. Deutsch: "Nicht nur eine Rückkehr von Udo Landbauer sollte ausgeschlossen werden. Auch ein Rücktritt von Gottfried Waldhäusl ist an der Zeit."

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