Aus für Gender-Richtlinien: "Rosenkranz schließt bewusst bestimmte Menschen aus"

NATIONALRAT: ROSENKRANZ im Nationalrat
Künftig sollen in den Schriften des Hohen Hauses nur Paarform oder eine neutrale Form verwendet werden. Welche Auswirkungen das haben könnte.

Zusammenfassung

  • Die Parlamentsdirektion verbietet nach drei Jahren die Nutzung von Gendervarianten wie Doppelpunkt und Schrägstrich in offiziellen Texten.
  • Nationalratspräsident Rosenkranz (FPÖ) begründet das Verbot mit der Einhaltung der Regeln des Rats für deutsche Rechtschreibung.
  • Kritikerin Edma Ajanović warnt vor negativen Folgen für Frauen und Transpersonen und verweist auf Studien, die die Bedeutung genderneutraler Sprache belegen.

Nach drei Jahren kommt nun das Aus: Die 2022 beschlossenen sprachlichen Richtlinien der Parlamentsdirektion, die Gendervarianten durch einen Doppelpunkt und einen Schrägstrich erlaubten, sind nun nicht mehr zulässig.

Die Begründung von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ): Man wolle sich als staatliche Institution an die Bestimmungen des Rats für deutsche Rechtschreibung halten. 

Die neue Regelung sorgte am Wochenende für heftige Kritik. Während SPÖ-Frauensprecherin Sabine Schatz Rosenkranz’ Vorgehen "peinlich" fand, stellte für Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter ein Genderverbot eine "Bevormundung" dar. Auch die grüne Frauensprecherin Meri Disoski meldete sich zu Wort und bezeichnete das Verbot der FPÖ als "rückwärtsgewandte Kleingeistigkeit".

Edma Ajanović, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Donau-Universität Krems, sieht in der politischen Entscheidung weit mehr als nur eine grammatikalische Anpassung.

Ausschluss aus der Politik?

"Die FPÖ konzentriert sich sehr stark auf das Thema Gender und hat auch daraus ein Problem konstruiert", sagt Edma Ajanović vom Department für Europapolitik und Demokratieforschung gegenüber dem KURIER. Laut Ajanović hat der Beschluss des Nationalratspräsidenten weitreichende Folgen: 

"Rosenkranz bemüht ein einfaches Mittel – nämlich die Richtlinienänderung –, um zu zeigen, wofür er ideologisch steht: für den Ausschluss bestimmter Gruppen beziehungsweise Menschen", so Ajanović, die unter anderem auch zum Thema Gender forscht.

Studien zeigen andere Welt

Zahlreiche Studien würden aber den Effekt genderneutraler Sprache im Arbeitskontext belegen – Unternehmen, die beispielsweise gendern, wiesen eine bessere Leistung weiblicher Mitarbeiterinnen auf, wenn sich diese durch Sprache (beispielsweise in E-Mails: 'Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen') inkludiert fühlen.

Eine weitere Untersuchung zeige, dass Kinder, die mit gendergerechter Sprache aufwachsen, sich eher auch in Berufen sehen, die nicht wie gewöhnlich mit ihrem Geschlecht in Verbindung gebracht werden. Beispielsweise hätten Mädchen dann mehr Selbstbewusstsein, sich für so genannte "Männerberufe" oder "-disziplinen" zu entscheiden. Auch hätten Mädchen beispielsweise den Job "Arzt", wenn er in der männlichen Form genannt wurde, nicht in Betracht gezogen. Umgekehrt galt das Gleiche: Burschen haben den Beruf "Friseurin", wenn er nur in rein weiblicher Form erwähnt wurde, nicht für sich gewählt.

Sprachlicher Einfluss auf Gesellschaft

"Eine Studie in Schweden zeigte auch, dass gendergerechte Sprache unter anderem die Akzeptanz in der Gesellschaft gegenüber queeren Personen erhöht", betont Ajanović weiters.

Wenn ein Genderverbot von einem Nationalratspräsidenten beschlossen werde, dann sei das eine bewusste politische Entscheidung, die sich gegen marginalisierte Gruppen richte, so die Expertin.

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