
© APA/HELMUT FOHRINGER
"Four more years" für Charly Blecha
Der 81-Jährige wurde mit 97,6 % als Präsident des PVÖ bestätigt. Weiter Druck für Steuerreform.
Karl Blecha bleibt Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes (PVÖ): Auf dem Verbandstag des Pensionistenverbandes im Wiener Austria Center ist der 81-Jährige, der gern mit seinem Spitznamen "Charly" adressiert wird, mit 97,6 Prozent der Delegiertenstimmen wiedergewählt worden.
In seiner Rede bekräftigte Blecha die Forderungen nach einer raschen und spürbaren Steuerreform, einer Bekämpfung der Teuerung und der Arbeitslosigkeit. Nur so könne man "mehr Geld ins Börsel der Pensionistinnen und Pensionisten bringen. Also: Runter mit der Lohnsteuer und her mit der 150-Euro-Gutschrift auf geleistete Krankenversicherungsbeiträge, her mit den altersgerechten Jobs, weg mit der Teuerung und dem Österreich-Aufschlag in den Supermärkten und Drogerieketten", erklärte Blecha.
Der rote Pensionistenverband und der ÖGB haben gemeinsam auch schon mehr als eine Million Unterschriften für die Steuerreform gesammelt. Der PVÖ hat bisher 194.681 Unterschriften aufgebracht, gemeinsam mit den 882.000 Unterschriften des ÖGB wurde damit die Millionengrenze geknackt. Blecha betonte, dass mit der Kampagne seiner Pensionisten noch lange nicht Schluss sei. "Die Unterschriften-Aktion des Pensionistenverbandes läuft so lange weiter, bis Steuerreform-Pläne beschlussreif im Parlament liegen."
Khol als erster Gratulant
Als einer der ersten Gratulanten stellte sich Blechas schwarzes Pendant, der Obmann des ÖVP-Seniorenbundes, Andreas Khol, ein. Er freut sich auf eine "weitere erfolgreiche - weil parteiübergreifende und von Streit befreite - Zusammenarbeit" im parteiübergreifenden Seniorenrat. Khol äußerte die Erwartung, dass nun wieder intensiv an Ergebnissen für die Bürger gearbeitet werde. Ohne die bevorstehende Wiederwahl von SPÖ-Vorsitzendem Werner Faymann explizit anzusprechen, meinte Khol, dass die Sorge um parteiinterne Wahlergebnisse die Regierungsarbeit nicht länger bremsen dürfe. ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner habe mehr als 99 Prozent Zustimmung erreicht ohne davor wochenlang auf den Koalitionspartner zu schimpfen und ohne dabei seine Regierungs-Aufgaben zu bremsen.
Blecha nimmermüde: Und ewig lockt die Politik
Er holt weit aus mit seiner Rechten, schnappt sich die Hand des Gegenübers und von unten, tief aus seiner Lunge, kommt dann ein festes "Servaaas!" Ja, er kann hier fast alle duzen, der "Charly".
Der SPÖ-nahe Pensionistenverband (PVÖ) hat Verbandstag im Wiener Austria Center und Karl Blecha kennt die meisten der 300 Delegierten gut, seit Jahrzehnten, und manche seit einem halben Jahrhundert.
Heute ist der rote Haudegen zum Präsidenten gewählt worden, wieder einmal. Seit 1999 führt er die Geschäfte des PVÖ, er darf noch mal ran, der "Charly", vier weitere Jahre, Blecha wäre dann 85.
Kann er das? Was für eine Frage! Der frühere Innenminister ist voll im Saft und fällt auf: Während andere im Freizeit-Sakko und bequemen Sneakers kommen, gibt sich Blecha weiter administrabel: Brauner Lederkoffer, ein fein sitzender blauer Anzug, das graue Haar akkurat nach hinten frisiert. Kaum einer ist eleganter an diesem Nachmittag.
Mit 81 gibt es für Blecha wenig in der Politik, was er nicht gesehen hat. Er wurde Chef des Partei-nahen Umfrageinstitutes IFES und erster Spindoktor der SPÖ, da war die Berliner Mauer gerade erst gebaut.
Vor 44 Jahren saß der Wiener dank Kreiskys Drängen erstmals im Parlament. Er war Zentralsekretär, Minister, stellvertretender Parteichef und musste nach zwei Affären (Lucona, Noricum) alle Ämter aufgeben. All das weiß man.
Nicht ganz so bekannt ist, insbesondere unter jüngeren Semestern, dass dieser Herr als stiller Parteichef zu gelten hat. "Die SPÖ ist heute keine Arbeiter- sondern eine Pensionistenpartei", sagt Politikberater Thomas Hofer im Hinblick auf fast 400.000 PVÖ-Mitglieder. "Insofern ist Blecha für Kanzler Werner Faymann unverzichtbar."
Kein Wunder also, dass Faymann und etliche SPÖ-Minister schon am ersten Verbandstag vorstellig werden. "Ohne Charly gäb’s keine Mindestsicherung und keine Mindestpensionen. Das wurde erkämpft und wird erhalten", sagt der Kanzler.
Blecha erwidert die Nettigkeit mit Lob: "Der Werner ist ein verlässlicher Freund", sagt er und erzählt, wie Genosse Parteichef dem ÖVP-Finanzminister jüngst Contra gab, als dieser die steuerliche Entlastung der Pensionisten in Zweifel zog.
Es wäre freilich zu wenig, Blecha nur als geschickten Generationen-Lobbyisten zu würdigen. Der studierte Soziologe ist immer noch einer der versiertesten Köpfe in der SPÖ und darf – wie in den 70er-Jahren – am neuen Parteiprogramm mitarbeiten.
Twitter? Facebook? All das, sagt Blecha, kennt und nutzt er. Er ist neugierig geblieben, ungemein wach im Kopf, dazu all die Erfahrung.
Das eigentliche Problem ist, sagen Beobachter, ein anderes, nämlich: Blecha dürfte eigentlich nicht mehr sein, wo er ist: "In einer Partei wie der SPÖ müsste es eine Reihe an Personen geben, die um Jahrzehnte jünger sind als Blecha und sich um seine Aufgaben reißen", sagt Thomas Hofer. "Aber offenbar ist Blecha der Einzige, der noch ein derartiges Gewicht auf die Bretter bekommt."
Jederzeit und überall top-informiert
Uneingeschränkten Zugang zu allen digitalen Inhalten von KURIER sichern: Plus Inhalte, ePaper, Online-Magazine und mehr. Jetzt KURIER Digital-Abo testen.