Bonus für Pflege, Lebensgefährten sollen erben

Eine Feder schreibt das Wort „Testament“ auf ein Blatt Papier.
Justizminister Wolfgang Brandstetter erneuert angestaubtes Erbrecht.

Einfacher und moderner soll es sein, das neue Erbrecht. Das jetzige ist schließlich über 200 Jahre alt. Nun soll es nach dem Willen von Justizminister Wolfgang Brandstetter an modernere Lebenswelten angepasst werden. Den Vorstoß hatte Brandstetter bereits im vergangenen Sommer angekündigt - nun liegt der Gesetzesentwurf vor, der heute für sechs Wochen in Begutachtung geht. So soll es etwa Verbesserungen für pflegende Angehörige geben: Wer pflegt, soll belohnt werden.

Ein Mann mit Brille, Anzug und Krawatte gestikuliert mit dem Finger.
„Hass darf keinen Platz haben“: Justizminister Brandstetter
Zusätzlich zu erbrechtlichen Ansprüchen soll es hierfür einen finanziellen Ausgleich aus der Erbmasse geben. Um Missbrauch vorzubeugen soll das zuständige Verlassenschaftsgericht kontrollieren, ob auch tatsächlich gepflegt wurde. Und: Erstmals werden auch Lebensgefährten im Erbrecht ohne Testament berücksichtigt. Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt, sollen Lebensgefährten, die mindestens drei Jahre in der Gemeinschaft lebten, Anspruch auf die Verlassenschaft haben.

"Maßvoll enterben"

Gestärkt wird das gesetzliche Erbrecht (das zur Anwendung kommt, wenn es kein Testament gibt) von Ehegatten und eingetragenen Partnern. Der Pflichtteil für Eltern und Großeltern fällt weg, nur mehr Kindern und Ehegatten soll ein Pflichtteil (also zumindest ein Teil des Erbes, auch wenn es ein auf jemanden anderen lautendes Testament gibt) zustehen.

Der Rechtsprechung trägt der Entwurf mit einer Regelung zur Scheidung Rechnung: Wird eine Ehe geschieden, hat der Ehegatte kein Erbrecht mehr, ein Testament zu seinen Gunsten gilt als aufgehoben - und das auch für den Fall, dass eine Scheidungsklage (der stattzugeben gewesen wäre) eingebracht wurde, es aber wegen des Todes des Partners nicht zur Scheidung kam.

Erblasser sollen etwas mehr Möglichkeit bekommen, über ihren Nachlass zu verfügen: Die Enterbungsgründe sollen "maßvoll" erweitert werden - z.B. um (mit mindestens einem Jahr Haft bedrohte) Straftaten gegen nahe Angehörige oder grobe Verletzungen der Eltern-Kind-Pflichten. Gestrichen wird hingegen der Enterbungsgrund der "beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart". Außerdem soll ein Erblasser einen Pflichtteil künftig auch auf die Hälfte reduzieren können, wenn mehr als zehn Jahre kein familiärer Kontakt bestand. Bisher ist dies nur möglich, wenn es gar keinen Kontakt gab.

Familienbetriebe

Auch bei der Übergabe von Familienbetrieben soll es eine neue Lösung geben: Den Erben soll es etwa möglich werden, etwaigen Miterben Pflichtteile in Raten auszuzahlen bzw. sollen die Beträge bis zu fünf Jahre (mit Verlängerung durch das Gericht in besonderen Fällen bis zehn Jahre) gestundet werden können. Droht ein Konkurs, soll das Gericht aber auf Antrag die Sicherstellung des Pflichtteils anordnen können - und für die Stundung fallen die gesetzlichen Zinsen an.

In den nächsten zehn Jahren würden bis zu 58.000 Betriebsübergaben erwartet, 70 Prozent davon seien Familienbetriebe. Mit seiner Reform will der Minister das Problem lösen, dass Familienbetriebe häufig zerschlagen werden oder dass ein Erbe seine Wohnung verliert, weil er die Pflichtteilsberechtigten nicht sofort auszahlen kann.

Hunderte Paragraphen

Die bisher ziemlich komplizierten Bestimmungen sollen "für jeden Bürger lesbar, greifbar und vor allem nachvollziehbar dargestellt" werden, so Brandstetter. Dafür waren viele Änderungen nötig: In sieben Hauptstücken des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches werden rund 350 - von insgesamt 1.500 - Paragrafen geändert.

Wie der KURIER bereits im Juli berichtete, steht der Koalitionspartner den Vorhaben wohlwollend gegenüber. „Wenn pflegende Familienmitglieder für ihre Leistung finanziell belohnt werden, bilden wir damit das reale Leben ab. Echte Hilfe zählt mehr als Pflichtverwandtschaft“, sagte SP-Justizsprecher Hannes Jarolim damals.

Kommentare