Causa Schrott: Neue Vorwürfe zu Zahlungen an Wahlkampfagentur

Dominik Schrott.
Ein vom Tiroler gegründeter Verein zahlte 24.000 Euro an seine Wahlkampfagentur. ÖVP-Landesrätin: Ganz normale Förderung.

Der wegen eines Fake-Gewinnspiels unter Druck geratene Tiroler ÖVP-Abgeordnete Dominik Schrott sieht sich mit neuen Vorwürfen konfrontiert. Ein von ihm gegründeter Verein soll 2017 insgesamt 24.000 Euro an seine Wahlkampfagentur "Smart Ventures" für die Erstellung einer Homepage gezahlt haben, die es jedoch bis heute nicht gibt, schrieb der Blogger Markus Wilhelm am Freitag.

Der Auftrag zur Erstellung einer Website für den Verein "Kinderwelt Tirol" sei im Juli 2017, "also mitten in Schrotts Vorzugsstimmenwahlkampf" ergangen, wie Wilhelm auf dietiwag.org berichtet. Im August sei dann die erste Tranche in der Höhe von 12.000 Euro geflossen und Ende 2017 schließlich nochmals 12.000 Euro. Für die 24.000 Euro sei jedoch bis heute "keine Leistung ersichtlich", warf Wilhelm dem Abgeordneten vor. Bis Ende Oktober 2017 war Schrott selbst bei "Smart Ventures" angestellt.

Nie in Erscheinung getreten

Schrott habe die "Kinderwelt Tirol", einen Tirol-Ableger der ÖVP-Vorfeldorganisation "Kinderland", 2015 gegründet. Er selbst sei Landesobmann gewesen. Der Verein sei nach seiner Gründung laut Wilhelm jedoch nie öffentlich in Erscheinung getreten. Zudem stellte der Blogger in den Raum, dass der Verein mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Der NEOS-Abgeordnete Gerald Loacker kündigte indes via Twitter an, zur Verwendung der Fördergelder an die "Kinderwelt" eine parlamentarische Anfrage einbringen zu wollen.

Schrott bestätigt Zahlung

In einem Statement gegenüber dem KURIER bestätigt Schrott die Zahlung von rund 24.000 Euro. Es handle sich aber nicht um eine Website, sondern eine App. "Bei dem besagten Projekt handelt es sich um eine Applikation 'Wandern mit Kindern', welche als Online-Plattform Tirols kinder- und familienfreundlichste Wanderwege interaktiv darstellen soll." Die Ergebnispräsentation soll Ende September 2018 stattfinden. Weiters: "Dieses Projekt wurde mit dem Systempartner Land Tirol/JUFF besprochen und abgestimmt. Der Verwendungsnachweis muss beim Land Tirol bis zum 30. September 2018 erbracht werden."

Für das Projekt seien von SmartVentures und der Agentur Holzweg Angebote eingeholt worden. Die Zahlungen erfolgten laut Schrott in drei Tranchen: 12.038,40 Euro am 1. August 2017 sowie jeweils 6019,20 Euro am 24. November 2017 und am 18. Jänner 2018.

Landesrätin Palfrader: Üblicher Vorgang

In der Causa hat Beate Palfrader (ÖVP) eine Förderzusage an den Verein bestätigt. Dabei habe es sich aber um einen "ganz normalen Fördervorgang" gehandelt, sagte Palfrader. Sie betonte, dass es sich bei der Zusage über 24.000 Euro um einen üblichen Vorgang handle. So müsse der Verein - wie jeder andere Förderwerber - bis Ende September einen "Verwendungsnachweis" erbringen. Andere Ansuchen des Vereins seien auch abgelehnt worden.

PR-Ethik-Rat schaltet sich ein

Am Freitag meldete sich auch der PR-Ethik-Rat zu Schrotts Agentur zu Wort. Die Kontrollinstanz der PR-Branche kündigte an, den Fall einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es soll geklärt werden, ob Verstöße gegen den Branchenkodex vorliegen. "Transparenz ist der wichtigste Wert in der Public Relations-Arbeit und die Bevölkerung muss auf die Richtigkeit der von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und beauftragten Agenturen veröffentlichten Informationen vertrauen können. Jede Aktion, die dieses Vertrauen untergräbt, beschädigt die gesamte Kommunikationsbranche und ist absolut abzulehnen", erklärte PR-Ethik-Rat-Vorsitzende Sabine Einwiller per Aussendung.

Fragen rund um Bob-WM

Inzwischen rücken auch die Wahlkampfkostenfinanzierung Schrotts und seine Arbeit für die Bob-WM 2016 in Innsbruck in den Fokus. Schrott war laut Tiroler Tageszeitung als Funktionär des Bob-Verbands für die Vorbereitungen der Bob- und Skeleton-WM mitverantwortlich. "Smart Ventures" erhielt zu jener Zeit für die Bewerbung und Betreuung der Bob-WM 2016 in Innsbruck-Igls Werbeaufträge über 322.000 Euro, schreibt die Tageszeitung. Nach seinem streitbedingten Abgang beim Bobverband soll Schott dann bei der Agentur gelandet sein, die später auch seinen Wahlkampf organisierte.

Nehammer fordert Aufklärung

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer fordert in der Causa volle Aufklärung. "Bundeskanzler Kurz und Landeshauptmann Platter haben es schon verlangt und ich kann das nur noch einmal verstärken: In der Causa Schrott ist aufgrund all der Vorwürfe nun volle Aufklärung nötig. Das gilt es jetzt mit Vehemenz umzusetzen", hielt Nehammer fest.

Schrott machte zuletzt die Agentur "Smart Ventures", die seinen Wahlkampf betreut hatte, für die Manipulation verantwortlich, er selbst habe keine Kenntnis davon gehabt. Der ÖVP-Abgeordnete war allerdings selbst Mitarbeiter der Agentur - der Chef der Agentur wiederum wurde später sein parlamentarischer Mitarbeiter.

Die geschäftlichen Beziehungen zur Agentur hat Schrott inzwischen ebenso beendet wie das Dienstverhältnis mit seinem Mitarbeiter im Parlament. Mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz - Schrott kommt wie der Kanzler aus der Jungen ÖVP - sei diese Vorgangsweise abgestimmt und Kurz damit einverstanden gewesen, schrieb Schrott noch am Donnerstag in einem E-Mail an Unterstützer und Freunde.

Kritik von Neos und FPÖ

Nach dem Auftauchen der neuen Vorwürfe nehmen Tiroler NEOS und FPÖ Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in die Pflicht. Die Pinken fordern Platter auf, Schrotts Rücktritt als Abgeordneter voranzutreiben, die Tiroler FPÖ ortet ein "System der Tiroler ÖVP-Alt" unter Platter.

"Dominik Schrott muss aus der ÖVP ausgeschlossen werden und Platter muss Schrotts Rücktritt als Nationalratsabgeordneter vorantreiben", erklärte NEOS-Landessprecher Dominik Oberhofer. Endlich komme Licht in die Wahlkampffinanzierung Schrotts.

"Die Causa Verein 'Tiroler Kinderwelt' hat den Anschein, dass Geldflüsse an ÖVP-nahe Vereine System der Tiroler ÖVP-Alt unter Landeshauptmann Platter sind", sagte wiederum der Tiroler FPÖ-Abgeordnete Patrick Haslwanter. Er forderte nicht nur die Offenlegung der Geldflüsse für den Verein seitens des Landes Tirol, sondern auch, dass das Land die Aktivitäten des Vereins nachträglich kontrolliert.

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