BUWOG: Was Grasser wirklich wusste

Heinrich Traumüller machte keinen sonderlich selbstsicheren Eindruck, als er am vergangenen Dienstag in der Kantine des Parlaments auftauchte. Der ehemalige Kabinettschef von Finanzminister Karl-Heinz Grasser war zu früh zu seiner ersten Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss erschienen. Er orderte gegen 11 Uhr Vormittags ein großes Bier – und spülte seine offensichtliche Nervosität mit wenigen großen Schlucken hinunter.
Dienstag, bei Traumüllers Premierenvorstellung im Ausschuss, war der Spitzenbeamte, einst Grassers rechte Hand beim umstrittenen Verkauf der 60.000 Bundeswohnungen (BUWOG) im Jahr 2004, noch der Verteidigungslinie seines ehemaligen Chefs treu geblieben: Grasser habe nicht in den Vergabeprozess des 961-Millionen-Euro-Deals eingegriffen. Auf kritische Fragen reagierte Traumüller patzig, am Ende offenbarte er massive Erinnerungslücken und sprach selbst von einer "Leseschwäche".
Abbruch. Neuerliche Ladung für Donnerstag.
Die Wende
Da erfuhr die Korruptionsaffäre rund um Grasser dann eine dramatische Wende. Traumüller brach bei der Befragung im U-Ausschuss geradezu ein: Auf Vorhalt diverser Notizen, die er als Mitglied der Vergabekommission angefertigt hatte, musste Grassers getreuer Gefolgsmann dem Minister eine deutlich bedeutendere Rolle zugestehen, als diesem lieb sein dürfte. Grasser war bei einer inoffiziellen, aber entscheidenden Sitzung in diesem BUWOG-Bieterprozess nämlich nicht nur persönlich anwesend gewesen. Der Minister hatte laut Traumüller auch frühzeitig jene Zahl erfahren, deren Kenntnis und Weitergabe an das siegreiche Bieterkonsortium ausgerechnet seinem Trauzeugen Meischberger zur Millionenprovision verhelfen sollte.
Traumüller sorgte mit dieser Aussage für einen Knalleffekt. Nach seiner Offenbarung unter Wahrheitspflicht war der U-Ausschuss-Zeuge verschwunden und wurde von seiner Familie als abgängig gemeldet. Die Polizei griff ihn spätnachts auf dem Wiener Heldenplatz auf – kurz bevor er sich etwas antun konnte. Traumüller wird mittlerweile psychologisch betreut – der KURIER berichtete in Teilen seiner Samstagausgabe.
Das schiefe Licht
Neben Traumüller haben in den letzten Tagen weitere Insider der BUWOG-Privatisierung im U-Ausschuss ihr Wissen kundgetan. Das Ergebnis: Grasser erscheint – mehr denn je – im schiefen Licht, die Optik ist fatal.
Bisher hatte der einstige Sonnyboy der Politik stets von einer supersauberen Privatisierung gesprochen. Er habe den Bieterprozess "nie beeinflusst"; das Verfahren sei quasi an ihm "vorbeigelaufen".
Ein klarer Widerspruch zu den jüngsten Zeugenaussagen, die von einer zweiten Bieterrunde der BUWOG-Interessenten auf Wunsch des damaligen Ministers berichten. Als besonders entlarvend entpuppen sich dabei Traumüllers Notizen, die dieser bei seiner Beförderung zum Chef der Finanzmarktaufsicht im Ministerium vergessen hatte: Er, des Ministers Erfüllungsgehilfe, habe mit Grasser vor der alles entscheidenden Sitzung der Vergabekommission Mitte Juni 2004 "vereinbart", dass der Minister "zufällig" in der Nähe "spazieren gehe".
Mittlerweile mehren sich Beweise und Indizien, wonach das stolze 961-Millionen-Euro-Geschäft nicht an KHG "vorbeigelaufen" ist. Und: Der oberste Finanzchef der Republik hatte aufgrund der jüngsten Beweisergebnisse möglicherweise tatsächlich Kenntnis über jene Zahl, deren Weitergabe seinen Spezi Meischberger zum zigfachen Millionär machte.
Grasser-Anwalt Manfred Ainedter sagte dem KURIER gestern dazu: "Kein Kommentar."
Die Geldwäsche
Aus Sicht der Justiz liegen mittlerweile zwei Fakten auf dem Tisch der Ermittler: Einerseits geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Grasser in den entscheidenden Tagen sehr wohl Kenntnis von jener Marke (960 Millionen Euro) hatte, die es für die Immofinanz zu toppen galt, um den Zuschlag zu erhalten. Andererseits hat just Grassers Hochzeits-Beistand Meischberger für diesen heißen Tipp mehr als sieben Millionen Euro kassiert. Dieses Geld wurde erst über internationale Briefkastenfirmen gewaschen, um dann auf Konten in Liechtenstein verteilt zu werden. Diese Konten werden von der Staatsanwaltschaft nicht nur Meischberger, sondern auch Grasser selbst zugerechnet.
Wenn es der Staatsanwaltschaft ob der neuen Erkenntnisse nun gelingen sollte, einen Zusammenhang zwischen Grassers Insiderwissen und der Millionenprovision in Liechtenstein herzustellen, dann droht dem ehemaligen Strahlemann der Republik eine Anklage.
Grasser bestreitet alle Vorwürfe vehement. Er sei weder einer der Kontoinhaber, noch habe er an der Provision partizipiert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
U-Ausschuss: KHG erneut vorgeladen Zeugen
Kommende Woche (2.5.) sind Lobbyist Peter Hochegger und Grasser-Vertrauter Ernst Karl Plech zur BUWOG-Affäre in den Ausschuss geladen. Grasser selbst muss am 8. Mai erneut aussagen; vor ihm ist sein Trauzeuge Meischberger dran. KGH, Meischi und Plech sind für 22. 5. noch einmal vorgeladen.
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