Ex-Kabinettschef: Grasser fällte Entscheidung für zweite Runde
War bis 2002 Kabinettschef unter Karl-Heinz Grasser: Heinrich Traumüller
Heute gibt es ein kleines rundes Jubiläum. Am 80. Verhandlungstag geht es ans Eingemachte: Es tritt einer der spannendsten Zeugen auf. Heinrich Traumüller, der Ex-Kabinettchef von Karl-Heinz Grasser. Einen Tag später der nächste Höhepunkt: Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht muss Richterin Marion Hohenecker Rede und Antwort stehen. Einst waren die beiden enge Freunde, jetzt sind Ramprecht und KHG erbitterte Gegner.
Für die heutige Befragung Traumüllers hat Richterin Marion Hohenecker den ganzen Tag reserviert. Der Zeuge hatte auch schon im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausgesagt.
Richterin rügt Traumüller: "Ausreden lassen"
Den U-Ausschuss von 2012 hat er nicht in guter Erinnerung. Heute sprach er von einem "reinen Tribunal", für den er am Ende des Tages "Tribut" zahlen habe müssen. Der Ausschuss sei chaotisch verlaufen, die Befragung von Zwischenrufen und Anwürfen begleitet gewesen. Wobei Hohenecker heute anfänglich ihre Mühe hatte, ihre Fragen beim Redefluss Traumüllers unterzubringen. "Sie lassen mich auf jeden Fall ausreden", stellte die Richterin klar.
Traumüller sagte, er sei im Juli 2003 von Grasser beauftragt worden, sich mit der Privatisierung der Bundeswohnungen (unter anderem die Buwog) zu befassen, dafür hatte er vier Vorgaben bekommen: Es müsse rasch gehen, es sollte der höchstmögliche Preis erzielt und alle fünf Gesellschaften verkauft werden. Zudem sollte der Verkauf nach Möglichkeit defizitsenkend wirken.
Zeuge: Rückzieher von Kärnten keine Überraschung
Gefragt zum Verhältnis zwischen Grasser und dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider, sagte Traumüller: Es habe eine klare Hierarchie geherrscht, Haider wollte Zeigen, "wer der Chef ist". Das Vorkaufsrecht des Landes Kärnten bei einem Teil der Bundeswohnungen - der Villacher Gesellschaft ESG - sei zwar rechtlich nicht gültig vereinbart gewesen, weil ein Notariatsakt fehlte. Das sei ihm aber damals nicht bewusst gewesen. Politisch sei die Vereinbarung mit Kärnten auf jeden Fall einzuhalten gewesen, sagte Traumüller. Dass Kärnten das Vorkaufsrecht nicht wahrgenommen habe, habe ihn nicht überrascht, weil er die finanziellen Verhältnisse des Bundeslandes gekannt habe.
Buwog-Prozess: Verhandlungstag 80 im Liveticker
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Schluss für heute
Die heutige Verhandlung ist beendet. Es war dann doch über weite Strecken zäh.
Morgen wird Sie meine geschätzte Kollegin Elisabeth Hofer durch den Tag führen. Die Befragung von Michael Ramprecht, Grassers in Ungnade gefallenen früheren Kabinettsmitarbeiter, verspricht Spannung.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Faschingsdienstagabend! Vielleicht sind ja noch ein paar Faschingskrapfen übrig.
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So, jetzt ist Hohenecker für heute durch. Sie will für heute keine weitere Notiz anreißen. Eine gute Nachricht kann sie noch verkünden: Die Angeklagten der Sache Terminal Tower können am Donnerstag blau machen.
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Zum Schluss geht es noch darum, was von Traumüller handschriftlich eingekastelt worden sei. Das seien die fixierten Termine, sagt er.
Das betrifft auch die Wortkombination "1 Wo Ktn", was für "eine Woche Kärnten" stehen dürfte. Gemeint ist laut Traumüller eine Woche Bedenkzeit bezüglich des eingeräumten Vorkaufsrechts.
"Es war kompliziert", sagt Traumüller noch. "Das Vorkaufsrecht hätte einen Bietersturz erwirken können."
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Auf einer Seite notierte Traumüller unter anderem: "Timing anspruchsvoll aber machbar."
"14. Juni EU-Wahl", steht ebenfalls dort, Was daneben notiert ist, kann Traumüller nicht erkennen. Es könnte für "Kommunalwahl", aber auch für "Kommunikation" stehen.
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Noch einmal fällt in einem Dokument das Wort "Bankgarantie." Und noch einmal sagt Traumüller, das sei ein großes Thema gewesen. Zuvor hatte er gesagt, dass das viel koste.
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Wenn wir schon bei Plech sind, fragt Hohenecker gleich nach dessen Beziehung mit Haider. Traumüller kann deren Kontakt nicht einordnen Er habe wahrscheinlich erst später aus den Medien erfahren, dass diese sich gekannt hätten.
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Das klingt jetzt ebenfalls nteressant: "Plech: Partei funktioniert." steht in dem Dokument. Traumüller Erklärung: Man habe damals sicherstellen müssen, dass nichts nach außen dringe. Die Richterin will es genauer wisssen. Traumüller übersetzt ausführlicher: "Der Klub hat keine Probleme, wird öffentlich dicht halten und keine Informationslecks zulassen."
Ob der mitangeklagte - krankheitsbedingt weiter entschuldigter - Plech damals Parteimitglied gewesen sei?
Das wisse er nicht, sagt Traumüller.
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"Und dann den Bestbieter der Öffentlichkeit bekanntgeben", referiert Traumüller noch und gibt das Papier wieder der Richterin zurück. Mit einem neuen Dokument setzt er sich wieder auf den Zeugenstuhl.
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Und plötzlich wieder Kärnten
Man hätte sich dann wohl noch einmal zusammensetzen müssen, je nachdem wie sich Kärnten entscheiden würde. Das kommt jetzt Hohenecker seltsam vor. Wie er plötzlich auf Kärnten komme? "Das ist nur so dahingesagt", erklärt Traumüller.
Der Richterin genügt das nicht: "Aber Sie haben das Thema doch gerade aufgebracht." Er wisse auch nicht, wie er auf Kärnten gekommen sei. Eigentlich habe er sagen wollen, dass er den 8. Juni 2004 als letzten Sitzungstermin der Auswahlkommission in Erinnerunghat, nicht den 7. Juni.
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Jetzt wieder handschriftliche Notizen: "Timing ~ 4.6. Fr mind. Anbo". Das Tilde-Zeichen stehe für ungefähr oder "noch nicht entschieden", sagt Traumüller. "Da nähert man sich schon dem spannenden Finale", sagt Traumüller.
~ 7.6. Komm, dann sofort FPÖ informieren", da gehe es um den Ministerratsvortrag, die ÖVP wäre hier noch zu ergänzen gewesen, sagt Traumüller. Um den 7.6. hätte also, laut Notizen, eine Kommissionssitzung stattfinden sollen, schlussfolgert Traumüller.
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Jetzt wieder einmal ein eMail. Ein Lehman-Mitarbeiter schickt einen Terminfahrplan mit den Stichworten "6./7.Mai Verzögerung" und "7./8.Juni binding offer". Jetzt kennt sich keiner mehr aus, auch Traumüller nicht. Das Terminliche sei zunehmend kompliziert geworden, sagt er. Zur Erinnerung: Die erste Anbotsöffnung war am 4. Juli 2004.
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Ein weiteres Originaldokument aus dem Mai 2004 wird besprochen.
"LB Mannschaft verstärken", steht dort. Man habe zusätzliches Personal aus New York und London holen wollen, wohl um die Angebote weiter zu analysieren, mutmaßt Traumüller.
"13. Juni als letzter Termin.", steht dort. Ein letzter Termin wofür? Traumüller: "Das frage ich mich auch.", sagt Traumüller. Er mutmaßt, dass der Ministerrat gemeint sein könnte. Die RIchterin zeigt sich wie immer gut vorbereitet: "Das war ein Sonntag." Der Zeuge kann sich das nur so erklären, dass Termine für eine weitere Kommissionssitzung gesucht wurden.
"Verträge bis 19. Juni" - für diese zeitliche Abfolge kommt keine schlüssige Erklärung.
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Traumüller geht zum x-ten Mal zum Richterpult, um sich ein Originalschriftstück zu holen. Er könne es so besser lesen. Dabei stößt er auf die Notiz "Zwangsarbeiter". Das sei ein heikles Thema der WAG. Er berichtet von einem Arbeitslager in der NS-Zeit. Die Richterin hat dazu keine weitere Frage.
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"Bankgarantie schmälert Kaufpreis", liest die Richterin vor. Das findet Traumüller wieder einmal heikel. Die Angebote hätten durch Bankgarantien unterlegt sein müssen. Das sei sehr teuer, sagt Traumüller. Er erläutert auch den Begriff "Kontaminierung", also ob Immobilien in irgendeiner Form belastet sind. Es geht mittlerweile großteils um WIrtschatssprech und wenig handfeste Punkte.
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"So Herr Traumüller, 55 Minuten haben wir noch", sagt Hohenecker zum früheren Kabinettchef. Dieser zeigt sich voller Tatendrang: "Gerne."
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Es geht weiter
Die Richterin kehrt zurück. Sie beginne "wie immer" mit dem Positiven, in diesem Fall für den Meischberger-Anwalt: "Antrag auf Abschrift wird bewilligt." Die Zehn-Tages-Frist habe sie nicht im Gesetz finden können, dieser Antrag sei daher abgewiesen. Auch der aktuelle Vorhalt sei nicht unzulässig, erklärt Hohenecker. Sie fährt also mit dem Dokument fort.
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Vor ihrem Entschwinden erklärte die Richterin noch: "Deadline für heute ist 17:30 Uhr." Offenbar hat Hohenecker jetzt selbst keine Lust mehr, den Befragungstag noch in die Länge zu ziehen.
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Zu Zarbls Antrag sei angemerkt, dass Traumüller angegeben hatte, ab nächster Woche vierzehn Tage im Ausland zu weilen. Eine entsprechende Vertagung hätte also zumindest Terminschwierigkeiten zur Folge.
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Meischberger-Anwalt fordert zehn Tage Vorbereitungszeit
Als Meischberger-Anwalt anschließend Jörg Zarbl den Druck weiter erhöht und zehn Tage Vorbereitungszeit einfordert, zieht sich Hohenecker lächelnd für die Senatsentscheidung zurück.
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Hohenecker weist aber darauf hin, dass der zweite Grasser-Anwalt Manfred Ainedter gestern mit ihr telefoniert habe. Sie habe ihm beschieden, dass die Unterlagen bereits "verwurschtet" wurden und habe ihm ein paar Ordnungsnummern genannt.
Ainedter erhebt sich und bestätigt das Telefonat. Offenbar habe es dabei aber ein Missverständnis gegeben, sagt er. Er habe das so verstanden, dass die Richterin ihm alle Ordnungsnummern zu den nun verwendeten Unterlagen bekanntgegeben hätte. Hohenecker erklärt, dass sie nie einen Anspruch auf Vollständigkeit erhoben habe. Sie nennt erneut ein Beispiel aus anderen Strafrechtsmaterien: "Sichergestelltes Suchtgift ist auch Teil eines Aktes".
Anmerkung: Das betrifft natürlich nicht den Buwog-Prozess!
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Verteidiger Norbert Wess steht erneut auf und bittet erneut darum, dem Zeugen diese Unterlagen nicht vorzuhalten, da man diese noch nicht einsehen habe können. Die Richterin zeigt sich schon ein bisschen amüsiert. Sie weist abermals darauf hin, dass sich die monierten Unterlagen im Akt befänden und somit einsehbar wären. Hohenecker: "Wollen Sie über diesen Antrag eine Senatsentscheidung?" Wess bejaht.
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"Bieter nehmen die Sache ernst", liest Traumüller vor. Er sagt zunächst; "Das könnte zwischen der ersten und zweiten Angebotsrunde gewesen sein." Als er erkennt, dass es auch noch um Goldman Sachs gehe, schließt der Zeuge daraus: "Nein", das müsse wohl noch während der Phase der indikativen, also unverbindlichen, Anbote gewesen sein.
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Es geht nun um Anmerkungen auf einem ausgedruckten eMail vom April 2004. "Ist das Ihre Schrift?", fragt die Richterin. Traumüller: "Kann sein, muss nicht sein." Eine Textstelle, bei der in roter Farbe das Wort "abgesagt" vermerkt ist, stamme mit Sicherheit nicht vom ihm. Er findet es "merkwürdig", dass vielleicht jemand seine Unterlagen nachbearbeitet habe. In dem Dokument wird ein Notar für die Anbotsöffnung vorgeschlagen.
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Endlich wird weitergefragt. Wie die Kommunikation mit Grasser gewesen sei. Traumüller beschreibt sie als "sehr gut" und "auf allen Ebenen möglich". Alle Kommunikationskanäle habe man nützen können.
Das bringt Hohenecker auf die Idee, eine Detailfrage zu stellen. Ob Grasse denn in seiner Zeit als Finanzminister eine oder mehrere E-Mail-Adressen hatte?
Traumüller verweist auf seine ehemalige Sekretärin. Er könne sich nicht erinnern, dass zwischen den beiden viele Mails verschickt wurden. Er könne sich aber an eine A1-Adresse erinnern, die ja im Buwog-Prozess schon Thema war (siehe unten). Von dieser hätte er nun wieder in Medien gelesen. Deshalb sei die Erinnerung da.
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Zur Erinnerung: Morgen ist Michael Ramprecht dran. Das wird spannend. Traumüller, der bisher wenig Erhellendes beigetragen hat, dürfte am Donnerstagvormittag erneut kommen, weil da ein Zeuge entschuldigt ist. Heute will Hohenecker noch jedenfalls bis 17:30 Uhr weitermachen.
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Da aber die Zeit schon vorangeschritten sei und man heute ohnedies nicht mit Traumüllers Befragung fertig werde, könne die Verteidigung von ihrem Recht Gebrauch machen, vor ihren Fragen Einsicht zu nehmen. Jetzt werden kurz mögliche Termine für einen zweiten Auftritt Traumüllers besprochen.
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Die Richterin ist zurück. Der Antrag auf Vertagung ist abgewiesen, sagt sie. Die Mappen seien da und einsehbar.
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Jetzt sind die Schöffen zurückgekommen. Es dürfte nun bald die Entscheidung verkündet werden.
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Die verschiedenen Protagonisten des Prozesses unterhalten sich angeregt. Lediglich Zeuge Traumüller geht alleine vor dem Zeugenstand auf und ab.
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Die Beratungen laufen noch immer. Wahrscheinlich werden noch weitere Informationsquellen zur Rechtslage angezapft.
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Hier ein Foto von Richterin Marion Hohenecker. Sie berät sich noch immer mit ihren beisitzenden Berufsrichtern. Auch die Schöffen hatten den Saal verlassen.
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Hier ein Foto von Norbert Wess mit seinem prominenten Mandanten.
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Beratungen über Vertagung
Die Richterin lässt das nächste Dokument auflegen. Verteidiger Wess erhebt sich wieder von seinem Platz. Auch hier habe er keine Einsicht nehmen können, daher stelle er den Antrag auf Einsichtnahme sowie auf Vertagung. Die Verteidigung müsse sich entsprechend vorbereiten können.
Die Richterin beharrt darauf, dass diese Unterlagen bereits zum Akt genommen wurden und einsehbar sind. Alle Unterlagen seien bereits gescannt worden. Oberstaatsanwalt Alexander Marchart betont, dass die von der Kriminalpolizei beschafften Unterlagen schon 2010 von der Staatsanwaltschaft ausgewertet wurden. Er sei daher klar gegen den Antrag der Grasser-Verteidigung. Richterin Hohenecker: "Dann gehen wir jetzt beraten." Die Verhandlung ist unterbrochen, wir harren der Dinge. Es gilt übrigens die Unschuldsvermutung, das soll hier auch einmal gesagt werden.
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"Vertrag LB sämtliche Leistungen im Honorar enthalten", steht in einer Notiz. Traumüller erklärt, hier gehe es um einen "All-In-Vertrag" mit Lehman Brothers. Abseits dieses Pauschalhonorars habe die Investmentbank alles selbst zahlen müssen. Er nennt als Beispiele Anfahrten oder die Anmietung von Räumen.
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Jetzt geht es um das Stichwort "Auslaufgewinne". Traumüller gibt zu, dass das eines der Dinge gewesen sei, die er die Wohnbausprecher fragen musste. Ausländische Bieter hätten dieses Wort so auch nicht gekannt, daher habe man das erklären müssen.
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Ob in dem Portfolio ein Schloss Leopoldstein dabei gewesen sei, fragt die Richterin. Traumüller: "Als Steirer kenne ich das Schloss Leopoldstein." Aber dass dieses Teil der WAG gewesen sei, dazu wisse er nichtx.
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Traumüller hat sich inzwischen das Dokument angesehen und erklärt: Hier sei ein "Fahrplan" für den Weg der Privatisierung festgehalten, man habe darüber diskutiert und Lehman Brothers hätten schließlich eine Aktualisierung vergeschickt, um alle wieder auf denselben Stand zu bringen.
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Anwalt Grassers schaltet sich ein
Als schlussendlich ein Dokument eingeblendet wird, steht Grassers Verteidiger Norbert Wess auf. Er sagt, dass er dieses Papier nicht einsehen können und sich daher nicht vorbereiten können. Die Richterin lässt das nicht gelten. Die Verteidigung hätte ja bloß einen Antrag auf Akteneinsicht stellen brauchen. Wess meint, dazu hätte er nicht die Möglichkeit gehabt. Hohenecke widerspricht abermals: "Diese Unterlagen sind über das Standblatt Teil des Aktes."
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Längeres Schweigen, weil die Richerin nach einer Unterlage suchen lässt. Ein kurzer Nachtrag: Hohenecker zeigte sich zwischendurch irritiert, warum Traumüller "ein Zeichen" mit seiner Brille gebe? Der Zeuge gab an, eine Dame habe ihm seine Brille gebracht. Mit dieser könne er die Dokumente nun besser ablesen.
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Wie die Wohnbausprecher von ÖVP und FPÖ damals eingebunden waren?
Beide Koalitionsparteien seien "gleichmäßig" auf dem Laufenden gehalten worden, es sei "etliche Male" telefoniert worden, sagt Traumüller. Umgekehrt habe er sie auch als Informationsquelle genutzt. wenn es um andere Privatisierungsvorhaben ging.
Die Richterin will genaueres über die Gespräche erfahren. Traumüller nennt ein Beispiel: Er habe etwa danach gefragt, wie vorzugehen sei, wenn der Bund bei Privatisierungen auf irgendwelchen Anteilen sitzen bleibe.
Über die Antwort könne er nichts sagen.
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Zu folgender Notiz, "finale Anbot = 1 Mrd dann eventuell", sagt Traumüller, das müsse auf alle fünf zum Verkauf stehenden Bundeswohnungsgesellschaften bezogen gewesen sein. Konkretere Angaben könne er nicht machen.
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"Vorschlag LB Verbriefung kein weiterer Schritt", liest die Richterin wieder vor.
Traumüller: Das sei nicht sein Vorschlag gewesen seien, das müsse wohl von den Lehman Brothers (LB) kommen. Von wem genau, wisser er nicht. Da es anscheinend bei Sitzungen der Auswahlkommission besprochen worden sei, habe er sich das notiert.
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Eine Handnotiz wird nun von der Richterin ausgedeutscht: "5. Mai bindende Anbote + Kommissionssitzung (Kriterien?). MR 11. Mai (?)"
Traumüller bestätigt.
Welche Kriterien damit gemeint waren?
In dieser finalen Phase sei es "nur mehr um den Preis gegangen", sagt Traumüller. "MR" stehe für Ministerrat.
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Wieder ein kleines Geplänkel
Bei einer Antwort sagt Traumüller: "Ist das ausreichend für Sie?"
Die Richterin weist den Zeugen darauf hin, dass Sie das schon selbst sage, wenn ihr etwas nicht ausreicht.
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"Show-Elemente"
Wieder sehen wir eine handschriftliche Notiz, "viele Show-Elemente" steht da. Traumüller sieht das im Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf, dass man sich da nicht einmischen wollte. Hohenecker berichtigt, dass die Wahl bereits am 14.3.2004 gewesen sei, das entsprechende Papier datiere später. Traumüller: Es gehe immer auch um die Verkaufbarkeit, "politische Marketing" nennt er das. -
Es geht weiter
Mit einer leichten Verspätung geht die Befragung von Heinrich Traumüller weiter. Zuerst muss man sich einmal orientieren. Die Richterin hilft Traumüller weiter, es gehe um den Zeitraum von der Einsetzung der Auswahlkommission, der ersten Sitzung am 13. Februar 2004, bis zum 4. bzw. 13. Juli 2004.
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Pause
Nach dieser etwas skurrilen Erörterung von Botendiensten im Ministerium geht es in die längere "Mittagspause". Sie soll bis 14:30 Uhr dauern.
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Wie die Unterlagen für das Vorverkaufsrecht nach Kärnten gekommen seien? Es geht um ein Mail von Kabinettsmitarbeiter O., der für Überstellungen zuständig war. Er habe das aber "ignoriert". O. hatte angeboten, die Akten im Rahmen eines Familienbesuchs nach Kärnten zu bringen. Das sei ihm, Traumüller, "zu informell" gewesen, "da ging es doch um ein Vorkaufsrecht, das Geld wert ist", sagt er. Er entscheide, wie das gespielt werde - und Für ihn sei nur die offizielle Variante mit Chauffeur in Frage gekommen.
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Ob er Teilnehmer an der Sitzung vom 4. Juli nennen könne? Traumüller nennt Vertreter von von Lehman, Minister Grasser, Aber auch Detlev Neudeck, der damals FPÖ-Abgeordneter und Wohnbausprecher war.
Ob Traumüller bei diesen Sitzungen mitgeschrieben habe?Traumüller, etwas betropetzt: "Ja freilich, Sie haben ja meine Notizen."
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Ob auch die Sitzung vom 7. Juli 2004, in der eine zweite verbindliche Bieterrunde beschlossen wurde, eine derart wichtige Sitzung gewesen sei? Traumüller bejaht. Wer hat entschieden? "Der Minister, abgestimmt mit den Experten", sagt Traumüller. Er spricht von einer politischen Angelegenheit, gestützt auf die Fachexpertise von Lehman. Das deckt sich mit den Aussagen des damaligen Staatssekretärs Alfred Finz (ÖVP).
Grasser entschied für zweite Bieterrunde
Laut Traumüller hat die Entscheidung, dass es eine zweite Bieterrunde im Privatisierungsverfahren geben solle, letztlich Grasser getroffen - gestützt auf die Empfehlungen von Experten.
Traumüller schilderte ein Treffen am 7. Juni 2004. Im Gelben Salon des Ministeriums seien ein Dutzend Leute anwesend gewesen: Neben Grasser und seinem damaligen Staatssekretär Alfred Finz (ÖVP) auch Experten von Lehman Brothers, die als Investmentbank das Verfahren begleitete, Vertreter der Anwaltskanzlei Freshfields, der Vorsitzende der Auswahlkommission, Rainer Wieltsch von der ÖIAG, sowie der FPÖ-Abgeordnete Detlev Neudeck. Dieser sei Wohnbausprecher der FPÖ im Parlament und daher ein wichtiger Mandatar gewesen, begründete er die Anwesenheit des FPÖ-Politikers.
Am Ende sei die Empfehlung von Lehman gewesen, eine zweite Runde zu machen, denn "da ist noch was drinnen", sei die Ansicht der Berater gewesen. "Letztlich hat's der Herr Bundesminister entschieden, gestützt auf die Empfehlungen der Experten", sagte Traumüller. Auf die Frage von Richterin Marion Hohenecker, ob das Treffen eine ordentliche Kommissionssitzung gewesen sei, meinte Traumüller, mit dieser Frage habe er sich nicht befasst. Die Geschäftsordnung der Kommission bezeichnete er als "bürokratischen Kleinkram".
Im Buwog-Prozess wird es diese Woche spannend
Der Vormittag der Zeugenbefragung wurde von der Richterin großteils dazu genutzt, mit Traumüller seine Notizen durchzugehen. Er sei im Juli 2003 von Grasser als "Projektleiter" mit der Bundeswohnungsprivatisierung beauftragt worden, er sei damals aber nicht mehr Kabinettschef gewesen, schilderte der damalige Spitzenbeamte. Traumüller war auch Mitglied der Auswahlkommission, die mit der Auswahl der Bieter für die Bundeswohnungen befasst war.
"Frauenschrift" in den Notizen
Das Durcharbeiten der Notizen war auch deswegen teilweise mühsam, weil die Richterin Traumüller mehrmals ermahnte, nur auf gestellte Fragen zu antworten und über eigene Wahrnehmungen auszusagen. Bei einer Notiz meinte Traumüller, ein dazugeschriebenes Wort sei nicht von ihm, es scheine eine "Frauenschrift" zu sein. Überhaupt habe er die Notizen in seinem Büro im Ministerium am Schreibtisch liegen gelassen, bis er sie abgearbeitet habe. Es hätten also andere Leute auf seine Notizen schreiben können. "Warum sollte das jemand tun?" hakte die Richterin nach - was Traumüller nicht beantworten konnte.
Während seiner Befragung las Traumüller ein paar vorbereitete Sätze: Das habe er sich heute beim Frühstück notiert, weil er das unbedingt sagen wolle: Er habe während der ganzen Privatisierung keinerlei Manipulationen und keine Tatpläne oder ungesetzliches Vorgehen wahrgenommen, betonte er - "das ist mir wichtig".
Schlechte Bewertung für Kärntner Wohnungsgesellschaft
In Traumüllers Notizen fand sich auch ein Vermerk zur Villacher Eisenbahnerwohnungs-Gesellschaft ESG: "Reeller Wert ca. 50 Mio. Euro", heißt es dort. Tatsächlich hatte das Finanzministerium die ESG in Gesprächen mit dem Land Kärnten, das ein Vorkaufsrecht für die ESG hatte, damals wesentlich höher bewertet, nämlich mit rund 120 Mio. Euro. Dieser Preis war dem Land Kärnten zu hoch, wie es einmal in einem Schreiben an das Finanzministerium betonte.
Die Privatisierung der Bundeswohnungen sei Grasser ein Anliegen gewesen, denn sie sollte auch defizitwirksam werden, erläuterte Traumüller. Diesbezüglich habe er mit Experten der EU und von Eurostat geredet. Es habe aber auch andere große Vorhaben Grassers gegeben, etwa die Verwaltungsreform.
Morgen wird Ex-Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht befragt, er soll Grasser bei den Vernehmungen schwer belastet haben. Ramprecht hatte im Herbst 2009 in einem profil-Interview von einem „abgekarteten Spiel“ bei der Privatisierung Buwog gesprochen. Daraufhin klagte ihn Grasser und bezeichnete Ramprecht als „psychisch labil“. Die Verteidiger Grassers führen die Aussagen darauf zurück, dass sich Ramprecht dafür revanchieren möchte, dass er bei einer Beförderung nicht berücksichtigt wurde.
Für die Staatsanwaltschaft wäre es wichtig, wenn einer der beiden Zeugen den Ex-Finanzminister belastet. Denn als erste Zwischenbilanz lässt sich sagen: Es gibt zwar Indizien, aber die „Smoking Gun“ wurde nach 15 Monaten noch nicht gefunden.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Punkte in der Causa.
- Wer ist Traumüller? Traumüller war von Februar 2000 bis Juli 2002 Kabinettschef von Grasser und wechselte dann in die Präsidialsektion des Finanzministeriums. Später wurde er auf Nominierung Grassers Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), den Posten hatte er bis 2008 inne.
Er war bei der Öffnung der Angebote am 4. Juni 2004 beim Notar dabei und informierte Grasser am Abend. Am Montag darauf, am 7. Juni, gab es ein Treffen im Gelben Salon des Finanzministeriums, bei dem beschlossen wurde, dass noch eine zweite Bieterrunde durchgeführt werden soll.
Im Untersuchungsausschuss zur Buwog-Causa im Jahr 2012 sagte Traumüller aus, dass Grasser die zweite Bieterrunde, bei der dann die Immofinanz mit 961 Millionen Euro vorne lag, angeordnet habe. Nach dieser heiklen Aussage im Parlament war Traumüller nervlich angeschlagen. Zwei Tage später versuchte Traumüller, diese Aussage vor der Staatsanwaltschaft zu revidieren. Man darf gespannt sein, wie er den Sachverhalt vor Gericht darstellt.
- Zweite Bieterrunde Alle bisherigen Zeugen sagten aus, dass die zweite Bieterrunde nicht von Grasser gekommen sei, sondern von den Beratern von Lehman Brothers und von seinen Beamten. Allerdings gab es für diesen Schritt keine offizielle Kommissionssitzung, aber „ich weiß, dass niemand etwas dagegen hatte“, sagte Ex-ÖVP-Staatssekretär Alfred Finz aus.
Warum wurde eine zweite Bieterrunde beschlossen? Das erklärte Josef Mantler, ein ehemaliger Abteilungsleiter im Finanzministerium, so: Die Vertreter von Lehman Brothers hätten die Angebote der Bieter präsentiert. Dabei hätte Lehman ein Zinsrisiko entdeckt, das bei einem Bieter Abschläge verursacht habe. „In Abstimmung mit dem Minister wurde entschieden, dieses Steigerungspotenzial in einer weiteren Verhandlungsrunde zu nutzen“, so Mantler.
- Die Rolle Haiders In den Medienberichten im Vorfeld des Prozesses spielte Jörg Haider kaum eine Rolle. Vor Gericht steht der verstorbene Kärntner Landeshauptmann im Fokus. Warum? Laut Walter Meischberger soll Haider und nicht Grasser ihm verraten haben, wie hoch die Bietersummen liegen. Mit viel Akribie versucht nun Richterin Hohenecker zu untersuchen, ob Haider tatsächlich über diese Informationen verfügen hätte können. Tatsache ist: Haider hatte eine Schlüsselrolle. Die Bundeswohnungen wurden als Paket verkauft und bestanden aus vier Gesellschaften. Eine davon war die ESG Villach. Haider hatte sich ein Vorkaufsrecht dafür gesichert, denn der Landeshauptmann wollte nicht, dass die Wohnungen an einen ausländischen Bieter gehen. Finz meinte vor Gericht, hätte Haider „das Vorkaufsrecht nicht bekommen, wäre die Koalition geplatzt“.
Hätte das Land Kärnten nach der zweiten Bieterrunde diese Option gezogen, wäre die Buwog nicht an die Immofinanz gegangen, sondern an den Mitbewerber.
- Schwiegermuttergeld Viel Energie investierte die Staatsanwaltschaft darin, zu beweisen, dass die 500.000 Euro, die Grasser persönlich von Liechtenstein über die Grenze brachte, ein Teil der Buwog-Provision ist. Der Ex-Minister hingegen behauptete, er habe das Geld von seiner Schwiegermutter bekommen. Die Staatsanwaltschaft erstellte extra ein Bewegungsprofil von Grasser. Zu guter Letzt stellte sich heraus (so steht es auch in der Anklageschrift), dass das Schwiegermuttergeld nicht aus der Buwog-Provision stammen kann, weil diese zum Zeitpunkt der Übergabe noch gar nicht überwiesen war.
- Hochegger-GeständnisZum Prozessauftakt gab es einen Knalleffekt. Peter Hochegger legte ein Geständnis ab. Er sagte aus, dass der Vermögensberater von Meischberger ihm verraten habe, wem die drei Liechtensteiner Konten (samt Kontonummer) zugeordnet werden. Dieses Wissen habe Hochegger jahrelang für sich behalten und Grasser und Meischberger nie damit konfrontiert. Die Krux an der Sache: Das Gespräch zwischen dem Vermögensberater und Hochegger fand im Sommer 2005 statt. Die Konten wurden aber erst im Spätherbst eröffnet.
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