Die öffentliche Kritik ist groß – der Nehammer und der Volkspartei entstandene Imageschaden ebenso. Das zumindest besagt eine aktuelle OGM-Umfrage für den KURIER unter 1.029 Befragten (Schwankungsbreite +/–3,1 Prozent). 74 Prozent der Befragten haben das Handy-Video zumindest ausschnittsweise gesehen und 53 Prozent meinen, dass es die Regierungspartei und deren Chef Stimmen kostet. Für 41 Prozent ist es unter „übliche politische Aufregung“ zu subsumieren.
64 Prozent halten die Aufregung über die Aussagen (u. a. „Wenn ihr mir vorwerft, die Armut in Österreich wird immer größer, die Menschen haben immer weniger Geld. Wieso erhöht sich dann die Teilzeitquote nicht?“, „Wenn i zu wenig Geld hab, geh i mehr arbeiten“) hingegen für berechtigt. Als übertrieben erachten die Reaktionen 28 Prozent der Befragten.
Die ÖVP-Wählerschaft steht in dieser Frage geschlossen hinter dem Parteichef: 82 Prozent halten die öffentliche Kritik an Nehammer für übertrieben, unter den deklarierten FPÖ-Wählern sind es 24 Prozent. 81 Prozent der SPÖ- und Grün-Wähler halten die Empörung für angemessen, wie auch 76 Prozent der Neos-Wählerschaft. „Auch wenn der Schaden geringer ist als die Aufregung vermuten lässt“, erklärt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer im KURIER-Gespräch: „Das Thema wird lange an Nehammer kleben bleiben und damit sind kaum Wähler zu gewinnen.“
Polit-Comeback von Kurz?
Ab kommender Woche muss sich Nehammers Vorgänger an der Spitze der ÖVP – Sebastian Kurz – wegen Falschaussage vor Gericht verantworten
37 Prozent der Befragten gehen von einem Freispruch für Sebastian Kurz aus, 43 Prozent von einer Verurteilung. „Der politische Standort bestimmt hier den Standpunkt“, sagt Bachmayer. So gehen 83 Prozent der ÖVP-Wähler von einem Freispruch aus. Bei den FPÖ-Wählern sind es 42 Prozent. Beim türkisen Koalitionspartner, den Grünen, gehen 69 Prozent von einer Verurteilung aus, in der SPÖ-Wählerschaft sind es 62 Prozent, bei den Neos 55.
Eindeutiger ist die Meinung der Befragten, wenn es um ein Polit-Comeback von Kurz nach einem möglichen Freispruch geht.
61 Prozent halten eine Rückkehr für nicht wahrscheinlich – 12 Prozent gehen von einem Comeback bei der kommenden Nationalratswahl aus. Für höher – 18 Prozent – halten die Befragten die Wahrscheinlichkeit eines Antretens bei den Nationalratswahlen in fünf Jahren.
Der kommende Mittwoch ist nicht einzig wegen des Prozessauftakts gegen Kurz von medialem Interesse. Im Parlament hält ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner seine zweite Budgetrede.
Weniger Schuldenpolitik
Angesichts der schlechten konjunkturellen Aussichten für das vierte Quartal und kommende Jahr (Rezession) plädieren 42 Prozent dafür, dass der Staat Einsparungen vornehmen und Ausgaben kürzen soll – während 21 Prozent der Meinung sind, der bisherige Budgetpfad solle eingehalten werden. 16 Prozent würden es befürworten, wenn der Staat Schulden aufnimmt, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Insbesondere die SPÖ-Wähler sind mit 28 Prozent für neue Schulden, gefolgt von Neos-Wählern (23 Prozent) und Grünen (22 Prozent). 58 Prozent der FPÖ-Wähler und 51 Prozent der ÖVP-Wähler sprechen sich hingegen für Einsparungen im Staatshaushalt aus – ebenso 47 Prozent der deklarierten Neos-Wähler.
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