Burgenland: Zehn Jahre Wählen mit 16
Vor zehn Jahren konnten erstmals 16-Jährige an einer allgemeinen politischen Wahl teilnehmen. Die burgenländischen Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen am 6. Oktober 2002 brachten die österreichweite Premiere für "Wählen mit 16". Mittlerweile wurde das Wahlalter für alle Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen herabgesetzt. Und alle Parteien - auch die lange kritische ÖVP - sind heute überzeugt, dass dieser Schritt gut war. Weiter nach unten wollen die Politiker nicht gehen, Politologen hielten dies aber für durchaus machbar.
Für Günther Ogris (SORA) würde nichts gegen eine weitere Absenkung des Wahlalters sprechen. Denn auch bei 15-Jährigen wäre "die Fähigkeit, Politik zu begreifen, schon ausreichend gegeben". Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung hielte "Wählen ab 14" für möglich. Denn die 14-Jährigen seien politisch mindestens so kompetent wie die 50-Jährigen.
Die Wahlbeteiligung der 16- bis 18-Jährigen liegt im Durchschnitt. Für Ogris ist das "relativ hoch". Die Jungen würden "brav zur Wahl gehen... Man sieht, dass hier ordentliche Staatsbürger heranwachsen", kommentiert Heinzlmaier.
Das Wahlverhalten der Jugendlichen ist "stark schichtspezifisch", hat SORA in einigen Studien festgestellt. Berufsschüler wählen laut Ogris fast nur SPÖ und FPÖ, Absolventen höherer Schulen fast nur SPÖ, Grüne und ÖVP. "Die FPÖ ist bei den mutlosen Unterschichten populär, die Grünen bei den angepassten Bildungsschichten", lautet Heinzlmaiers Befund. Er sieht "die ganze Gesellschaft nach rechts gerückt und mit ihr auch die Jugend".
Relevant für die Entscheidung der Jungen - die ja keine Parteibindung haben - ist, so Ogris, der Spitzenkandidat: "Der Jugendkandidat ist der Spitzenkandidat." Parteien, deren Spitzenkandidaten z.B. selbst in Schulen kommen, würden Erstwähler am besten erreichen. So die FPÖ, deren Parteichef Heinz-Christian Strache nicht nur Discos, sondern auch Berufsschulen besuchte - während die anderen Parteien oft nur die "zweite Ebene" schickten.
Jugend nicht politikverdrossen
In einer Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung vom Juni 2012 - unter den 16- bis 29-Jährigen - kam die FPÖ denn auch auf 17,4 Prozent. Zweite waren die Grünen mit 13 Prozent. SPÖ und ÖVP präferierten jeweils nur rund neun Prozent. Große Zustimmung genoss die Piratenpartei (zwölf Prozent).
Was Studien allerdings ergaben war laut Ogris, dass die Jugend nicht politikverdrossen ist. Das Interesse an Politik wurde durch die Herabsetzung des Wahlalters gesteigert: "Die Tatsache, dass sie wählen dürfen, führt zur Beschäftigung mit Politik in der Schule und auch mit Freunden." Der Einfluss der Eltern auf die politische Ausrichtung sei geringer geworden, starken Einfluss hätten Schule und Freunde.
Viele 16-Jährige würden "in der Schule angesteckt, weil alle darüber reden". Ein Fünftel der 16- bis 18-Jährigen versuche, die Freunde zur Wahl zu bewegen - und auch ein Fünftel versuche, die Freunde von einer bestimmten Partei zu überzeugen bzw. abzuhalten. "Das ist ein relativ hoher Anteil an Opinion Leaders", kommentiert der Politologe Erhebungen von SORA.
Völlig anders fällt Heinzlmaiers Befund aus: "Die Jugend ist nicht anders als die Alten. Sie tun das, was von ihnen verlangt wird, werfen ihre Stimme ein, gehen raus aus dem Wahllokal und denken, dass ihnen die Politiker mit ihrem hohlen Medienspektakel den Buckel runterrutschen können."
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