Budget: Wahlkampf und Schuldenrekord

Eine Frau mit blonden Haaren, Brille und Blazer blickt nach oben.
Die Finanzministerin packte in ihr Referat über den Staatshaushalt eine scharfe Warnung vor einem Berufsheer. Die SPÖ schäumt.

Die Finanzministerin packte in ihr Referat über den Staatshaushalt eine scharfe Warnung vor einem Berufsheer. Die SPÖ schäumt. Vielleicht hat Maria Fekter ihren Auftritt genossen, und vielleicht hatte sie sogar ein wenig Spaß daran – immerhin hatte sie mit der Bemerkung angehoben, es sei ihr eine Freude, dem Parlament das Budget für 2013 vorzulegen.

Das Problem war nur: Man spürte und hörte wenig von alldem. Und so blieb Fekters Freude an ihrer zweiten Budget-Rede im Verborgenen.

Ein Grund war wohl das Tempo: Wer 30 Seiten in 82 Minuten vorlesen will, dem bleibt kaum Zeit für Pausen – Dramaturgie hin oder her.

Fekter hatte gerade erst begonnen zu reden, da erwähnte sie die niedrige Arbeitslosigkeit in Österreich. 4,4 Prozent, im EU-Vergleich ist das passabel. Die ÖVP-Abgeordneten applaudierten artig, eine solche Zahl darf man wirken lassen.

Doch als hätte sie das Klatschen nicht bemerkt, las Fekter weiter – als wolle sie schnell zum Ende kommen. Ex-Minister Martin Bartenstein und Klubchef Karlheinz Kopf bemühten sich redlich, Fekter mit Zwischen-Applaus zu bremsen – vergebens.

Nach 20 Minuten stieg der Geräuschpegel im Plenum. Als Fekter über "Konsolidierungsbeiträge", "Kostendämpfungen" und einen eGovernment-Wettbewerb referierte, tratschten die Abgeordneten schon lebhaft: Wolfgang Zanger mit Norbert Hofer, Herbert Scheibner mit Sigisbert Dolinschek, Dieter Brosz mit Wolfgang Zinggl. Sogar der Bundeskanzler scherzte mit seinem Verteidigungsminister.

Wichtigkeit des Zivildienstes

Eine Grafik zeigt die Staatsverschuldung verschiedener Länder bis 2016.

Mit stoischer Miene, die Hände vor der Brust verschränkt, ließ Parlamentspräsidentin Barbara Prammer die Lärmer gewähren – vielleicht ahnte sie, dass es schlimmer kommen wird.

Und es kam schlimmer. Nach knapp einer Stunde, Fekter war auf Seite 22 ihres Skriptums, begann Peter Westenthaler die SPÖ-Abgeordneten aufzuwiegeln. "Passt’s auf , was jetzt kommt, das ist eine Kampfansage", rief der BZÖler in die roten Reihen – er hatte sich in der gedruckten Rede vorgearbeitet. Schon bis dahin hatte die SPÖ eher wenig Freude mit Fekters Ansprache gehabt. Beim Budget des Innenministeriums hatte sie unverblümt über die Wichtigkeit des Zivildienstes referiert – eine Spitze gegen die SPÖ-Forderung nach dem Berufsheer. Doch jetzt, als sie das Budget des Verteidigungsministeriums kommentierte, wurde die ÖVP-Frontfrau noch deutlicher: Als "Anwältin der Steuerzahler" werde sie die "Kostenexplosion", die ein Berufsheer auslöse, zu verhindern wissen, richtete Fekter Wählern und Koali­tionspartner aus. Es sei inakzeptabel, ein " unfinanzierbares Modell zu forcieren".

Kopfschütteln bei Verteidigungsminister Darabos, Augenrollen in der SPÖ-Fraktion. "Das war ein Stilbruch, weil man in einer Budgetrede Gemeinsamkeiten hervorstreicht – und nicht parteipolitisch agitiert", sagte SPÖ-Mann Günther Kräuter. "Sie ist halt rüpelhaft und kann es nicht lassen", meinte SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer.

Und weil man Rüpel nicht beklatscht, blieb die ÖVP an diesem verregneten Dienstag allein. Allein mit ihrem Applaus für die zweite Budgetrede von Maria Fekter.

Teure Bankenrettung treibt Staatsverschuldung hinauf

Österreichs Schulden klettern weiter: 238,5 Milliarden Euro wird die Staatsschuld 2013 ausmachen – umgerechnet 28.300 Euro pro Österreicher. "Das ist die höchste Verschuldung, die wir bisher hatten", kommentiert Bernhard Felderer, Leiter des Staatsschuldenausschusses, den geplanten Schuldenanstieg um 8,3 Milliarden.

Dennoch sieht Felderer das Budget für 2013 – das Finanzministerin Maria Fekter am Dienstag präsentierte – positiv: "Eine Trendwende ist erkennbar." Dank der im Frühjahr eingeleiteten Reformen (Stabilitätspakt) wird das Defizit 2013 von 3,1 auf 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zurückgehen, die Verschuldungsquote bis 2016 von 75,4 auf 70,8 Prozent am BIP sinken.

"Mit dem Defizit kann man zufrieden sein, da liegen wir im internationalen Vergleich recht gut. Aber der Sparkurs muss weitergehen", sagt er zum KURIER. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf das Budget betrachtet Felderer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das Positive: "Unsere Zinslast sinkt dank der Nachfrage nach sicheren Staatsanleihen deutlich." Fekter budgetiert nunmehr 6,5 statt acht Milliarden Euro für Zinsen.

Höheres Defizit

Gleichzeitig muss der Bund weiter Geld in die angeschlagenen Banken wie Hypo Alpe-Adria oder Kommunalkredit pumpen – der KURIER berichtete. 2012 trieb das die Staatsschulden um rund 2,5 Mil­liarden in die Höhe, für 2013 erwartet Felderer 1,5 Milliarden. Ergebnis: Ohne Banken-hilfe wäre das Defizit heuer bei 2,5 statt 3,1 Prozent gelegen, hieß es aus dem Finanzministerium. Nichts wird es daher auch mit dem für 2016 angestrebten Nulldefizit – dieses wird um 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen.

Doch es gibt auch Mehrausgaben, die die Wirtschaftsforscher begrüßen: "Es ist sehr positiv, dass es mehr Geld gibt für Kinderbetreuung, Universitäten, Forschung oder die thermische Sanierung. Das sind Zukunftsbereiche", meint Wifo-Expertin Margit Schratzen­staller. Unterrichtsministerin Claudia Schmied sah sich gar zu spontanem Jubel veranlasst: "Dieses Budget ermöglicht die Umsetzung der Bildungsreform." Wichtige Projekte wie die Ausweitung der Ganztagsschule oder der flächendeckende Ausbau der Neuen Mittelschule wären damit gewährleistet.

Einen großen Wurf sehen die Experten im Budget 2013 aber nicht: "Wir schieben die Strukturreformen vor uns her", meint Felderer. Sein Nachfolger beim IHS, Christian Keuschnigg, hält langfristig die Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre für nötig. Gleichzeitig plädierte er für die Einführung von Studiengebühren. WIFO-Expertin Schratzenstaller nennt auch das Gesundheitswesen oder Förderungen: "Hier braucht es nun weitere Reform-Schritte."

Keine Geld für Steuerreform

Durchklingen ließ Fekter, dass eine angepeilte Steuerreform durch Einnahmen gegenfinanziert werden müsste. Zu neuen Steuern wollte sie sich aber nicht äußern. Auch Schratzenstaller sieht "angesichts des Schuldenstandes keinen Spielraum": Wenn, dann sollte man Lohnsteuern und SV-Beiträge senken und im Gegenzug Grundsteuern erhöhen sowie die Erbschaftssteuer wieder einführen.

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