Islamkritikerin soll sich um Schulkonflikte kümmern

Lehrerin und Buchautorin Susanne Wiesinger wird „Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte“ im Bildungsministerium.

Erhebungen von Polizei und Stadtschulrat zeigen, dass es allein an Wiener Schulen im Schuljahr 2017/18 zu 229 Anzeigen nach strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben (z.B. Körperverletzungen) gab. Die Anzeigen konzentrieren sich im Wesentlichen auf etwa 25 sogenannte Brennpunktschulen.

Erst am 12. Dezember wurde ein Bursche von einem Mitschüler mit einem Messer verletzt. Donnerstagfrüh stellte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) deshalb ein Maßnahmenpaket vor. Wobei die wichtigste Maßnahme zunächst eine Personalie betrifft: Die Wiener Lehrerin und Buchautorin ("Kulturkampf im Klassenzimmer") Susanne Wiesinger wird Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium.

Faßmann: "Diese Werte- und Kulturkonflikte gibt es."

Eigentlich ist sie eine Rote, erklärt Susanne Susanne Wiesinger, noch dazu eine Linke – und auch deshalb sei sie Bildungminister Heinz Faßmann dankbar, dass er sie gefragt hat, einen neuen Job zu übernehmen.

Es geht um die Krisen, Konflikte, Streitereien und Differenzen im Schulalltag, die jedes Jahr zunehmen. In ihrer neuen Funktion will sie da vor allem „genau hinschauen“, Probleme ansprechen.  „Es hilft nichts, wenn man sie ständig relativiert und als Einzelfälle abtut.“

Wiesinger wird Ombudsfrau im Bildungsministerium

„Kulturkampf im Klassenzimmer“ heiß ihr Buch, das viel Staub aufgewirbelt habe, wie sie selber nicht ohne Stolz erzählt. Darin geht es sehr viel um die Konflikte der Kinder, die zwischen einem konservativen Islam aufwachsen und einer liberalen, offen und gleichberechtigten Schulwelt.

Ihren Wechsel vom Klassenzimmer – Wiesinger ist Mittelschullehrerin - in die neue Ombudsstelle, die im Bildungsministerium angesiedelt sein wird mit fünf bis zehn Mitarbeitern, begründete sie damit, dass sie „nicht nur Staub aufwirbeln“ wollte: „Ich bin auch an Lösungen interessiert.“ 

Mehr Lehrer, mehr Sozialarbeiter

Was das für Lösungen sein können, die den Schulalltag in so mancher Schule beruhigen soll, werde sich erst zeigen: Vielleicht müsse man die Ressourcen besser verteilen, sagt Wiesinger, vielleicht stärker bei den Eltern mit „Kulturvermittlern“ ansetzen, sicher aber mehr Schulsozialarbeiter „die die notwendigen Sprachen beherrschen“, und jedenfalls „mehr Lehrer“, weil an denen mangle es.

Wiesinger solle selbstständig, unabhängig und weisungsfrei arbeiten, betonte Faßmann. Sollte sie bei etwaigen Mediationsverfahren die Hilfe des Ministeriums benötigen, werde sie diese erhalten.

Die Mittelschullehrerin wird dieses Semester noch an ihrer Schule beenden und dann ab Februar denen neuen Job antreten. Sie mache das nicht wegen des Geldes, war ihr noch wichtig zu betonen: Sie wird das gleiche verdienen wie bisher. Und auch die Einnahmen aus ihrem Buch habe sie gespendet.

Lehrern den Rücken stärken

Minister Faßmann bezeichnete Werte- und Kulturkonflikte im Klassenzimmer als „fast zwangsläufige Konflikte in einer Einwanderungsgesellschaft, die zuletzt pluralistischer geworden ist“. Durch die Ombudsstelle solle den Lehrern der Rücken gestärkt werden.

Außerdem habe er den Soziologen und Politikberater Kenan Güngör beauftragt, eine Studie über Werte- und Kulturkonflikte in Auftrag zu erstellen. Mittels einer Onlinebefragung und Fokusgesprächen soll dieser herausfinden, wie oft es tatsächlich zu solchen Konflikten komme. Faßmann:„Ich möchte eine solide empirische Grundlage haben.“

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