Beim Bundesheer wird sich wieder mehr beschwert

Beim Bundesheer wird sich wieder mehr beschwert
Um 173 Prozent mehr Beschwerden im Vergleich zum "Ausreißer"-Jahr 2016. Anzahl ist damit wieder im langjährigen Schnitt.

Die Beschwerden an die Parlamentarische Bundesheerkommission sind enorm angestiegen, nämlich um 173 Prozent. Nach dem Tiefstand 2016 mit lediglich 144 Beschwerden pendelte sich das Beschwerdeaufkommen 2017 mit 393 wieder im langjährigen Schnitt ein, berichtete Vorsitzender Michael Hammer (ÖVP) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Grund dürften nicht erfüllte Hoffnungen sein.

2.680 Personen nahmen im Vorjahr die Beratung oder Rechtsauskunft der Bundesheerkommission in Anspruch (2016: 2.540). Die tatsächlichen Beschwerden bewegten sich in den vergangenen Jahren stets knapp unter der 400er-Marke, wobei es 2014 einen Ausreißer nach oben (508) und 2016 einen nach unten (144) gab. Nunmehr liegt man mit 393 wieder im Schnitt. 82 Prozent kamen aus dem Kader, 18 Prozent von Grundwehrdienern.

Die meisten Beschwerden, nämlich 37 Prozent, stammten von Offizieren - was einigermaßen ungewöhnlich ist. Die Kommission erklärte damit aber auch einen Gutteil des generellen Anstiegs: Denn 130 Beschwerden drehten sich um die Ausbildungsanerkennung von Offizieren. Dabei geht es um Besoldungsfragen, einen konkreten Anlass für die gehäuften Klagen konnte die Kommission aber nicht nennen.

Überhaupt sind Personalangelegenheiten mit 57 Prozent der häufigste Grund für Beschwerden. Das hänge auch mit der vom damaligen Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) initiierten Strukturreform zusammen, die formal aber nur provisorisch vollzogen wurde, was zu viel Unzufriedenheit führte, wie Hammer erklärte.

Die Kommission weist in ihrem Bericht auch darauf hin, dass mit den derzeitigen personellen Strukturen die beabsichtigte Personalaufstockung um 9.800 Soldaten erst 2035 und nicht wie geplant 2020 erreicht werden könne. Damit das Vorhaben überhaupt gelingen kann, brauche es "etliche Neuerungen" im Dienst- und Besoldungsrecht.

Als weiteren Grund für das stark erhöhte Beschwerdeaufkommen nannte die Kommission unerfüllte Hoffnungen, etwa im Infrastrukturbereich. Nach Budgetzusagen Ende 2015/2016 hätten viele auf rasche Verbesserungen gehofft, ein Jahr später war dann offensichtlich Ernüchterung eingekehrt: Nach wie vor gibt es in Kasernen defekte WC-Spülungen und kaputte Abflüsse in den Duschen, Schimmel, undichte Fenster und 20-Mann-Zimmer für Grundwehrdiener.

Der Investitionsrückstau in den Liegenschaften sei "ein sehr großer", erklärte Präsidiumsmitglied Otto Pendl (SPÖ). Man müsse sicherstellen, dass der "begonnene Wiederaufbau" des Bundesheers im Jahr 2016 "nicht ins Stocken gerät", mahnte auch FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch, ebenfalls Teil des Kommissionspräsidiums. Es herrschten teils "unzumutbare" bauliche Zustände, es gebe aber auch Mängel bei der Ausrüstung wie Stichschutzwesten oder Kampfhelmen.

Im Heer fehlt aber das Geld: Das Budget fiel für heuer und nächstes Jahr deutlich geringer aus, als von vielen Militärs erhofft, Investitionen in die Infrastruktur sollen laut Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) nach Prioritäten gereiht, also teils verschoben werden. Dennoch bekommt der Minister von der Kommission Rückendeckung: Man könne den Rückstau "nicht von heute auf morgen" aufholen, meinte ÖVP-Wehrsprecher Hammer. Er räumte ein, dass die budgetäre "Erwartungshaltung natürlich auch von uns teilweise eine höhere war". Man werde dem Minister aber zur Seite stehen, wenn es etwa um Sonderinvestitionspakete gehe.

Weiteres großes Thema sei der Umgang mit Grundwehrdienern und die Attraktivierung des Grundwehrdienstes. Nach dem Tod eines Rekruten in Horn nach einem Fußmarsch seien die Ausbildungsvorschriften von einer Sonderkommission überprüft worden - auf Basis ihres Berichts stellte die Parlamentarische Bundesheerkommission Handlungsbedarf fest: Eine "adäquate und rechtskonforme Ausbildung" von Grundwehrdienern sei "nur unzureichend möglich", und zwar wegen "eines erheblichen Fehlens an qualifiziertem Kaderpersonal, fehlender Ausbildungsmittel, Nichtvorhandensein 'truppentauglicher' Verwaltungsabläufe sowie einer uneinheitlichen Vorschriftenlage".

Nach wie vor wird auch eine Erhöhung des Grundwehrdiener-Solds gefordert, in etwa auf Mindestsicherungs-Niveau. Ein konkretes Modell liege aber noch nicht vor.

"Der Weg ist ein guter, es gibt aber bei Infrastruktur und Ausbildung noch einiges zu tun", fasste Hammer zusammen.

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