Aus für Anfüttern: Würstel statt Luxus-Menü

Angesichts der unzähligen Korruptionsfälle, die den Untersuchungsausschuss und die Justiz beschäftigen, will die Politik die Anti-Korruptionsregeln verschärfen. Justizministerin Beatrix Karl wird ihre Vorschläge „Ende dieser Woche dem Parlament zukommen lassen“, wie sie im KURIER-Gespräch ankündigt. Was schlägt die ÖVP-Ressortchefin dem Nationalrat vor?
Anfüttern Karl will, dass Anfüttern wieder strafbar ist. Die alte Regelung, die 2009 verwässert wurde, habe „zu viel Unsicherheit geführt“. Nun soll „klargestellt werden, was man tun darf und was nicht“. Was fällt darunter? Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler nennt immer die drei „K“: Kugelschreiber, Kalender, Klumpert. „Da kann man noch den Kaffee dazunehmen“, sagt Karl – und ergänzt: „Solche geringfügigen Zuwendungen werden weiterhin zulässig sein.“ Was wird verboten? „Wenn ein Fachminister sich von einem Großkonzern ein Auto schenken oder sich auf einen teuren Urlaub einladen lässt.“ Soll auch strafbar sein, wenn sich Politiker zum Essen einladen lassen? Wie etwa Kanzler Gusenbauer 2007, der auf Kosten eines Telekom-Beraters mit einem Telekom-Vorstand um 1500 Euro schmauste? Karl sagt zu konkreten Fällen nichts, generell stellt sie fest: „Eine Einladung zu einem teuren Essen mit teurem Wein ist über der Geringfügigkeitsgrenze.“ Eine Einladung „zur Würstelbude“ hingegen wäre nicht strafbar.
Abgeordnete Inländische Abgeordnete werden derzeit im Gegensatz zu Abgeordneten im Ausland (z. B. EU-Mandatare) vom österreichischen Korruptionsstrafrecht nur teilweise erfasst. Karl: „Ich will, dass inländische Abgeordnete auch voll erfasst werden.“ Ein Beispiel: „Es wird in Zukunft strafbar werden, wenn Abgeordnete gegen Entgelt parlamentarische Anfragen machen.“
Ministerbestechung Wenn jemand für ein „pflichtgemäßes Amtsgeschäft“ einen Vorteil annimmt, ist das nur strafbar, wenn es einem dienstrechtlichen Verbot widerspricht. Bei Beamten gilt das Dienstrecht, nicht aber bei Ministern, Landesräten und Bürgermeistern. Wenn ein Bürgermeister etwa eine Baubewilligung „pflichtgemäß“, also ordnungsgemäß erteilt, darf er sich derzeit danach „quasi als Belohnung“ auf eine teure Reise einladen lassen. „Künftig soll ein solches Verhalten strafbar sein“, erklärt Karl.
Diversion Heftig kritisiert wird Karls Vorhaben, bei gewissen Korruptionsdelikten eine Diversion zu ermöglichen. Anti-Korruptionsexperte Fiedler befürchtet, dass auch schwere Fälle durch Geldbußen gelöst werden könnten. Karl entgegnet: „Nur mindere Fälle, solche mit geringer Schuld und einem geringen Unrechtsgehalt wären betroffen.“ Grundidee sei: Kleinere Fälle könnten rascher abgehandelt werden, „damit sich die die Staatsanwälte auf die großen Fälle konzentrieren können“. Der Anstoß für diese Neuregelung kam von der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Sprecher Martin Ulrich: „Wir haben viele Fälle, von der Lehrerin, die einem Schüler Prüfungsfragen verrät bis zu einem Werkstattbesitzer, der das Pickerl gibt, ohne das Auto überprüft zu haben.“ Für derlei Delikte sei die Diversion gedacht.
Die Aufreger: Geldbuße bei „leichten“ Korruptionsdelikten
Anfüttern Darunter versteht man, sich Beamte oder Politiker mit Geschenken für etwaige künftige Amtsgeschäfte gewogen zu machen. 2008 wurde es verboten, 2009 wurde das Gesetz nach Protesten aus Wirtschaft und der Kulturszene entschärft. Nun soll es wieder verschärft werden.
Diversion Eine neue Form des „außergerichtlichen Tatausgleichs“ soll es für Vermögens-, Amts- und Korruptionsdelikte geben, für die Schöffengerichte zuständig sind. In minder schweren Fällen soll es (wie bei anderen geringfügigen Straftaten) möglich sein, auf ein Verfahren mit Schuldspruch, Strafe und Strafregistereintrag zu verzichten, wenn der Beschuldigte folgendes erfüllt: Geldbuße in Höhe von 360 Tagessätzen, Entschädigung der Opfer, Ablieferung des Gewinns aus der Straftat. Die Initiative muss vom Beschuldigten ausgehen (nicht vom Staatsanwalt). Derzeitiger Strafrahmen für diese Delikte: 6 Monate bis 5 Jahre; bei Schaden über 50.000 Euro ein bis 10 Jahre.
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