Ärztekammer warnt vor akut drohendem Kassenärzte-Mangel

Ärztekammer warnt vor akut drohendem Kassenärzte-Mangel
Greift die Politik nicht ein, fallen im kommenden Jahr zehn Prozent der niedergelassenen Kassenärzte weg.

Sollte die Politik nicht eingreifen, droht Österreich ab dem 1.1.2019 schlagartig ein massiver Mangel an Ärzten mit Kassenvertrag. Davor warnt die Österreichische Ärztekammer. Betroffen sind davon sowohl Allgemeinmediziner als auch Fachärzte.

Der Hintergrund ist die Altersgrenze für Kassenärzte, die die Große Koalition unter Werner Faymann 2009 beschloss. Ab dem vollendeten 70. Lebensjahr ist seitdem Schluss – beziehungsweise wäre seitdem Schluss, hätten sich Ärztekammer und Hauptverband der Sozialversicherungsträger nicht auf eine Übergangsregelung geeinigt.

Zwangspensionierungen

Die letzte Stufe dieser Einschleifregelung läuft nun aber mit 31. Dezember aus. Womit mit 1.1.2019 alle niedergelassenen Ärzte, die ihren 70. Geburtstag bereits gefeiert haben, ihren Kassenvertrag verlieren – sprich, zwangspensioniert werden.

Und das sind gar nicht so wenige: Drei Prozent der Allgemeinmediziner und 3,6 Prozent der Fachärzte sind bereits über 70 Jahre alt. Darin sind zwar auch Mediziner ohne Kassenvertrag inkludiert, die Altersstruktur der Ärzte mit und ohne Kassenvertrag unterscheidet sich jedoch nicht.

Legt man die Zahlen nun um, bedeutet das, dass mit dem Jahreswechsel jeweils über 100 Allgemeinmediziner und Fachärzte aus dem Kassensystem ausscheiden werden. Gemeinsam mit den bereits jetzt knapp 130 österreichweit unbesetzten Kassenstellen ergibt das ein Loch von deutlich mehr als 400 Kassenärzten.
 

Ärztekammer warnt vor akut drohendem Kassenärzte-Mangel

Besonders gravierend werde sich dieser Mangel im Fachärztebereich – und hier besonders bei Kinderärzten – in Wien niederschlagen, aber auch in Salzburg und Tirol drohen „Probleme größeren Ausmaßes“, warnt die Ärztekammer. Als Gegenmaßnahme fordern die Ärztevertreter nun die Aufhebung der Altersgrenze.

Ausnahmen bereits möglich

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) verweist hingegen auf die im Gesetz ohnehin vorgesehene mögliche Ausnahme von der Altersgrenze „bei drohender ärztlicher Unterversorgung“. Und auch im Hauptverband teilt man die Sorge der Ärzteschaft unter Hinweis auf diese Möglichkeit nicht – und betont zusätzlich, die Altersgrenze an sich gut zu finden. Diese diene schließlich dazu, Kassenplätze für jüngere Mediziner freizumachen, sagt Bernhard Wurzer, stellvertretender Generalsekretär des Hauptverbands.

Der auch darauf verweist, dass im Bedarfsfall bestehende Verträge durch die Ausnahmemöglichkeit bereits jetzt bis zum 80. Lebensjahr verlängert werden können. Eine Lösung, die in der Kammer jedoch für wenig Begeisterung sorgt: „Es wäre einfacher, wenn man die Grenze einfach aufhebt“, sagt Präsident Thomas Szekeres zum KURIER.

Ohnehin werde man die Situation natürlich laufend prüfen und falls nötig eingreifen, versichert man im Gesundheitsministerium.

Vor allem müsse aber die Abwanderung ins Ausland aufgehalten werden. Gelingen soll das durch eine Attraktivierung der Kassenstellen, die Mittel dafür sollen aus der „Gesundheitsmilliarde“ kommen, die die Regierung aus der Kassenreform lukrieren will. Zahlreiche Experten wie der Rechnungshof bezweifeln, dass sich aus der Kassenfusion eine Milliarde gewinnen lässt.

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