42 Euro pro Sitzung: Was tut ein Kassen-Funktionär?

WGKK, Wiener Gebietskrankenkasse
Kassenalltag von Innen. Die Bundesregierung will acht von zehn Funktionären in der Sozialversicherung streichen. Sind die Arbeitnehmervertreter wirklich überflüssig?

Weg, weg, weg. Die Funktionäre sollen raus aus der Sozialversicherung, 80 Prozent sind – zumindest nach dem Dafürhalten der Bundesregierung – überflüssig, statt 2000 sollen es „künftig nur noch 400“ tun.

So steht es in der Präsentation, die die Regierungsvertreter am Dienstag zur Illustration ihrer Kassen-Reform verteilen ließen.

Was also liegt näher als die Frage: Was machen sie eigentlich, diese Funktionäre? Und: Was würde sich denn groß ändern, wenn die Regierung ihren Plan umsetzt, und die Zahl der Arbeitnehmervertreter so reduziert, dass in den Kassen künftig eine 50:50 Parität mit den Arbeitgebern herrscht?

Eine Funktionärin, der man Fragen wie diese stellen kann, ist die Wienerin Barbara Teiber. Vor gut 17 Jahren hat sie als „kleine“ Frauensekretärin in der Gewerkschaft der Privatangestellten begonnen. Seit acht Jahren sitzt Teiber nun als „Funktionärin“ im wichtigsten Gremium der Wiener Gebietskrankenkasse, dem Vorstand.

„Als ich begonnen hab’, bekamen wir rund 36 Euro pro Sitzung“, erzählt Teiber. Mittlerweile sind es immerhin 42 Euro pro Treffen.

Teiber verzichtet ohnehin darauf – als Angestellte der Gewerkschaft verdient sie genug, sie ist heute in führender Position, wird demnächst sogar Chefin.

Zentrales Gremium

Aber zurück zur Arbeit der Funktionäre in der Kasse: Alle vier bis sechs Wochen trifft sich der Vorstand, in Wien sind das neben 24 Arbeitgebervertretern (Betriebsräte, Delegierte der Arbeiterkammer, etc.) sechs Vertreter der Arbeitgeber. „In der Vorstandssitzung werden deo facto alle wichtigen Entscheidungen getroffen“, sagt Teiber. „Bis hinunter zum Zahnarzt-Stuhl, der in einem Ambulatorium gekauft wird.“ Am Ende des Tages geht es also um die Frage: Wofür genau wird das Geld der Versicherten ausgegeben? „Und die kann man naturgemäß sehr unterschiedlich beantworten.“

Da wird, so könnte man als interessierter Laie einwerfen, wohl viel gestritten, oder? Immerhin haften die Funktionäre persönlich für alle Entscheidungen.

Tatsächlich ist der Alltag in den Gremien dann doch nicht so kontroversiell. Zumindest noch nicht.

Denn zunächst einmal kann der Vorstand auf ein von ihm bestelltes Management vertrauen. Und diese hauptberuflichen Kassen-Manager bereiten alle wichtigen Entscheidungen vor und führen das Tagesgeschäft.

Zusätzlich gibt es in der Sozialversicherung die Tradition, dass Entscheidungen möglichst einstimmig getroffen werden. In der Praxis heißt das in Wien: Die 24 Arbeitnehmervertreter versuchen konsensual mit den sechs Delegierten der Arbeitgeber-Seite zu entscheiden.

Genau das, und damit ist man bei der zweiten Frage, könnte sich mit der 50:50 Parität ändern. Teiber fürchtet einen Stimmungswandel: „Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber zu glauben, dass weniger Arbeitnehmer-Vertreter im Vorstand bedeuten, dass für die Arbeitnehmer und damit die Patienten mehr oder bessere Leistungen herauskommen, erscheint mir sehr gewagt.“

Christian Böhmer

Kommentare