Grün vs Blau: Wer ist die bessere Kontrollpartei?

Europa neu denken, Österreich neu bauen": Die Grünen wollen an diesem Wochenende bei ihrem Parteitag in Innsbruck mit einer Initiative für die Offenlegung aller Nebeneinkünfte von Parlamentariern untermauern, dass sie die einzige Partei ohne Korruptionsfälle und damit die einzig saubere Oppositionspartei sind - in Abgrenzung vor allem auch zur FPÖ. Der Konflikt um die Position der besseren Kontrollpartei hat sich zuletzt an der Frage der Vorsitzführung des kommenden Untersuchungsausschusses neu entzündet. Der KURIER hat Grünen-Chefin Eva Glawischnig und FPÖ-Obmann
Heinz-Christian Strache zum Streitgespräch gebeten.
KURIER: Mehr als ein halbes Dutzend Skandale warten auf Aufklärung. Schon vor Beginn des U-Ausschusses streitet die Opposition. Was haben Sie gegen eine Grüne als Ausschuss-Vorsitzende, Herr Strache?
Heinz-Christian Strache: Mir geht's um die fachliche Qualität: Ob eine Germanistik-Lehrerin wie Frau Moser von den Grünen oder ein Rechtsanwalt wie Peter Fichtenbauer aus unserer Fraktion besser geeignet ist, der schon einen U-Ausschuss erfolgreich geführt hat.
Eva Glawischnig: Ich beurteile ihre politische Fähigkeit auch nicht nach ihrem gelernten Beruf Zahntechniker. Gabi Moser ist eine anerkannte Fachfrau, und es wäre gut, wenn einmal eine Frau den Vorsitz übernimmt. Entscheidend ist: Die Grünen hatten als einzige Partei mit den Skandalen nichts zu tun. Bei uns sind alle Abgeordneten ab sofort verpflichtet, Gutachter- und Beratertätigkeiten sowie leitende Funktionen in Vereinen offenzulegen. Ich würde mir das auch von der FPÖ wünschen.
Strache: Wir wollen das gleiche Modell wie im deutschen Reichstag, wo die Nebeneinkünfte in Gehaltssprüngen dargestellt sind.
Glawischnig: Nicht Reichstag (lacht) . Bundestag, wenn ich Sie da korrigieren darf.
Strache: Natürlich der Bundestag, der im alten Reichstagsgebäude tagt.
Glawischnig: Mir ist die Gehaltsbandbreite zu wenig. Wir legen alles offen: die vollen Nebeneinkünfte und wer sie leistet. Das ist wichtig, um zu wissen, in welchem Interesse ein Abgeordneter unterwegs ist.
Zurück zum U-Ausschuss. Nun werden neue Geldflüsse von der Telekom via Walter Meischberger Richtung FPÖ und Neue Freie Zeitung behauptet. Nicht ein Grund mehr für die FPÖ, den Vorsitz einer anderen Partei zu überlassen?
Strache: Im Gegenteil, ich habe erst 2005 die FPÖ-Führung übernommen, die Finanzen durchleuchten lassen und alle Verdachtsmomente zur Anzeige gebracht.
Glawischnig: So zu tun, als wären Sie vor 2005 nicht FPÖ-Wien-Chef gewesen, das ist Kindesweglegung. (FPÖ-Generalsekretär) Herbert Kickl war damals maßgeblich für die NFZ tätig. Personal-Kontinuität, wohin man blickt, auch in den Bundesländern. Sie halten die Bevölkerung für naiv.
Strache: Sie halten die Bevölkerung für naiv. Die weiß, dass ich mit der Basis 2002 gegen Fehlentwicklungen und die Verschüsselung von Teile n der Partei angetreten bin. Die offene Revolution wurde noch einmal abgewendet, aber auf Dauer konnten sich die Verschüsselten nicht durchsetzen. Daher kam es 2005 zur Parteispaltung. Ich bin erst Ende 2004 in den Bundesvorstand gekommen und habe offen Widerstand geleistet. Wenn wir von Persönlichkeiten reden, die in Malversationen verwickelt sind, dann finden sich die im BZÖ - und bei Schwarz und Rot.
Und Uwe Scheuch?
Strache: Herr Scheuch, als Obmann der Freiheitlichen in Kärnten, ist in einem erstinstanzlichen Urteil betroffen und wird das zweitinstanzliche Urteil abwarten müssen.
Aber die Grünen kommen in den ganzen Punkten im U-Ausschuss nicht vor?
Strache: Monika Langthaler (von 1990 bis 1999 Nationalrats-Abgeordnete, Anm.) hatte schon etwas mit dem Hochegger zu tun.
Glawischnig: Da sind Sie falsch informiert. Sie können das aber gerne mit ihr im Ausschuss besprechen.
Jedenfalls gelten die Grünen als sauber, sind aber immer noch auf Platz vier in den Umfragen; die FPÖ ist im Höhenflug, obwohl immer neue Connections bekannt werden. Wie erklären Sie sich das?
Glawischnig: Ich sehe die FPÖ als Jo-Jo-Partei. Nach der letzten Regierungsbeteiligung lag sie bei vier Prozent. Sie ist unfähig, Kompromisse zu schließen - sondern es gibt dann Knittelfeld. Ich sehe die Ergebnisse der Regierungsarbeit: Wir hätten in Kärnten ja eine Volksbefragung abhalten können, ob man der Hypo Alpe-Adria 1,5 Milliarden Euro nachschießt oder nicht.
Strache: Schade, dass Sie das in der Sondersitzung verhindert haben. Wir hätten der Bevölkerung generell die Möglichkeit dieser demokratischen Mechanismen geben wollen, Sie haben das abgelehnt. Das zeigt ja Ihre Unglaubwürdigkeit. Wir wollen abseits von ideologischen Streitereien oder persönlichen Vorteilsüberlegungen von Parteien klar und deutlich den Souverän stärken. Und wir haben den Antrag eingebracht, direkt-demokratische verbindliche Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild auch bei uns gesetzlich einzuführen und möglich zu machen. Damit die Bevölkerung als Regulativ tätig werden kann - und zwar dort, wo es für sie wichtig ist und nicht für uns Parteien.
Glawischnig: Wenn es um direkte Demokratie geht, können Sie Äpfel von Birnen nicht unterscheiden. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung bei Grundsatzfragen mehr Beteiligung erhält. Aber das, was Sie in der letzten Sitzung beantragt haben - Befragungen zur Beibehaltung der Wehrpflicht, von Grenzkontrollen und was weiß ich noch immer -, das ist so unernst.
Strache: Die Grünen halten sich für g'scheiter als die Bevölkerung. Die Bevölkerung soll entscheiden. Nicht Sie, nicht ich. Und das haben Sie verhindert.
Konkret: Soll über die Griechenland-Hilfe eine
Volksabstimmung abgehalten werden?
Strache: Selbstverständlich!
Jede Umfrage zeigt, dass die Mehrheit klar dagegen wäre. Was wäre die Konsequenz? Treten wir dann aus dem Euro aus?
Strache: Dass wir kein Steuergeld für die Spekulanten hergeben. Wir haben von Beginn an gesagt: Teilentschuldung Griechenlands, Banken in die Haftung nehmen. Die Griechen hätte man in ihre alte Währung entlassen müssen.
Glawischnig: Bei Ihnen ist die Wahrheit eine Tochter der Zeit. Der einzige Abgeordnete, der vor einem Jahr von Schuldenschnitt gesprochen hat, war Alexander van der Bellen von den Grünen. Sie liegen in einer Frage falsch: Glauben Sie, dass Österreich eine Chance hat, mit dem Schilling durchzukommen - bei der Aggressivität der Finanzmärkte?
Strache: Wer sagt denn das? Wir waren die ersten, die nachweislich einen Schuldenschnitt bei Griechenland gefordert haben.
Glawischnig: Sie wollen Griechenland aus dem Euro werfen: Wo hören wir da auf? Griechenland? Spanien, Portugal, Frankreich? Das wäre das Ende des Euro. Wenn Sie das wollen, sagen Sie das. Ich denke: Je mehr Spielmasse am Finanzmarkt, je mehr Einzelwährungen, desto mehr Freude für die Spekulanten. Deshalb sind Euro und EU wichtig für ein kleines Land wie Österreich. Wir brauchen Stabilität, darum brauchen wir die Rettungsschirme. Wenn Sie das infrage stellen, seien Sie auch so mutig und sagen Sie, dass Sie die Sparbucheinlagen unserer Omis und Opis und die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel setzen.
Strache: Das zeigt nur die grüne EU-Hörigkeit.
Glawischnig: Das war eine fundierte Position.
Strache: Sie sagen Sachen, die nicht richtig sind. Ich will nicht den Schilling. Man hätte die schwachen Volkswirtschaften aus der Euro-Zone entlassen müssen. So hätte man die Ansteckungsgefahr verhindert. Aber das ist eine Debatte, die man noch lange führen könnte.
Glawischnig: Das wird mit Ihnen nicht gehen, weil Sie das grundlegend nicht verstanden haben. Ich kann es Ihnen noch einmal erklären.
Strache: Die Frau Oberlehrerin, die von Wirtschaft und Privatwirtschaft keine Ahnung hat, will mir was erklären.
Glawischnig: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich einen akademischen Abschluss.
Strache: Sie waren im Gegensatz zu mir privatwirtschaftlich nie tätig und haben daher in der Praxis keine Ahnung.
Glawischnig: Woher wissen Sie denn das, haben Sie wieder Ihre Blockwarte aufgestellt?
Strache: Da brauche ich keinen Blockwart, das steht ja in ihrem Lebenslauf.
Glawischnig: Ich versuche es noch einmal: Die EFSF (Europäische Finanz-Stabilisierungs-Fazilität) ist eine Überkreuzung von Haftungen, damit Staaten, die Probleme haben, sich billiger Geld holen können.
Strache: Damit ist die Ansteckungsgefahr gegeben. Viele Experten sagen: kein Geld für die Pleitegriechen. Ein Haircut, aber kein gesundes Geld in ein kaputtes System pumpen.
Glawischnig: Das widerspricht sich doch! Haircut heißt: Gläubiger verzichten auf einen Teil ihres Geldes, aber Griechenland kriegt weiter Geld. Das eine schließt das andere aus: Wenn Griechenland kein Geld bekommt, gibt es auch keinen Schuldenschnitt mehr. Insolvenzverfahren für Staaten gibt es nicht, also braucht man den ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus) .
Strache: Der ESM ist ein diktatorischer Mechanismus, die völlige Enteignung der Bürger. Sowas Antidemokratisches unterstützen Sie?
Glawischnig: Wir wollen den ESM verbessern und eine verpflichtende Gläubigerbeteiligung hinzuverhandeln. Sie tun nur schreien, reine Sprechblasen. Das hilft niemandem.
Steuern wir spätestens 2013 auf einen Lagerwahlkampf Rot-Grün gegen Schwarz-Blau zu?
Glawischnig: Ich gehöre zu keinem Lager, wir definieren uns über Ziele.
Strache: Es wird einen Zweikampf Faymann - Strache geben, keinen Lagerwahlkampf.
Glawischnig: Ich hoffe, dass wir, wenn wir wieder - Gott behüte - Schwarz-Blau bekommen, nicht bis ans Lebensende aller meiner Mandatare U-Ausschüsse einrichten müssen, um den ganzen Korruptionssumpf wieder zusammenzukehren.
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