Graf kandidierte wiederholt als "Anwalt"

Ein lächelnder Mann mit Brille und Anzug.
Martin Graf war bei fünf Wahlen auf insgesamt elf Listen als Rechtsanwalt angeführt. Ein "Irrtum" ist da eher auszuschließen.

Als in der Vorwoche bekannt wurde, dass Martin Graf auf einer amtlichen Wahlvorschlagsliste bei den Nationalratswahlen als "Rechtsanwalt" bezeichnet worden war, nannte sein Sprecher das einen "Irrtum", den man mehrfach versucht habe, richtig zu stellen.

Das klingt zusehends unglaubwürdig: Erhebungen der Wahlbehörde der Stadt Wien haben ergeben, dass der nunmehrige Dritte Nationalratspräsident bei fünf Wahlen auf insgesamt elf Listen als Rechtsanwalt angeführt worden ist. Zum ersten Mal war dies 1994 der Fall, zuletzt 2001.

Listen von Parteien geprüft

Laut einer Sprecherin der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger werden die jeweiligen Listen von den Parteien beschlossen und bei der Landeswahlbehörde eingereicht. Auf den Listen sind Details wie Adresse, Geburtsdaten oder Beruf zu finden. Die von der Behörde abgesegneten Vorschläge werden veröffentlicht - und auch von den "Zustellungsbevollmächtigten", also den diversen Parteien und sonstigen wahlwerbenden Gruppierungen, nochmals unterschrieben.

Bei folgenden Urnengängen wurde Graf demnach als Anwalt geführt: Zum ersten Mal war dies bei der Nationalratswahl 1994 der Fall, als er auf der Regionalparteiliste Wien-Nord, auf der Landesliste und auf der Bundesliste zu finden war. Bei der Nationalratswahl 1995 war es ähnlich. Graf wurde auf der Regionalliste Wien-Nord und auf der Landesliste als Rechtsanwalt bezeichnet.

Bei den Wiener Bezirksvertretungswahlen 1996 kandidierte er unter dieser Berufsbezeichnung für den 22. Bezirk. Bei der Nationalratswahl 1999 war Graf dann wieder auf der Bundes-, der Landes- und der Regionalliste Wien-Nord als Rechtsanwalt zu finden. Bei der Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl 2001 scheint er mit derselben Berufsbezeichnung sowohl auf dem Kreiswahlvorschlag als auch auf dem Bezirkswahlvorschlag für den 22. Bezirk auf.

FPÖ: "Bürokratischer Fehler"

Ein Mann mit Brille denkt nach, im Hintergrund ein Wahlplakat.

Die FPÖ sieht indessen einen "bürokratischen Fehler" in den eigenen Reihen. "Das muss ein Fehler der damaligen Geschäftsstelle im Zuge der Weiterleitung der Listen an die zuständige Wahlbehörde gewesen sein", sagte Generalsekretär Herbert Kickl. Es gebe keine von Graf unterfertigte Bekanntgabe seiner Kandidatur, wo er sich selbst als Rechtsanwalt bezeichne, so Kickl. Offenbar sei bei der Erstellung der Listen nach 1994 auf die ursprünglich fehlerhafte Liste zurückgegriffen worden. Unter der "Administration" von Parteichef Strache sei bei Graf jedenfalls immer die korrekte Berufsbezeichnung aufgeschienen.

Bis zu 10.000 Euro Strafe

Wer sich in Österreich unberechtigt als Rechtsanwalt bezeichnet, muss mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro rechnen. Dies sieht Paragraf 57 der Rechtsanwaltsordnung vor, die in diesem Fall von einer Verwaltungsübertretung spricht. Sollte Graf diesen Tatbestand erfüllt haben, müsste er trotzdem nicht mit Konsequenzen rechnen: Das Gesetz sieht eine Verjährungsfrist von sechs Monaten "nach Abschluss der strafbaren Tätigkeit" vor.

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare