Gesundheit als Religion?

Ein Mann mit Brille und Anzug spricht vor einem blauen Hintergrund.
"Beziehung zum Mitmenschen ist höchstes Gut," sagt Univ.-Prof. Christoph Gisinger, Institutsdirektor vom Haus der Barmherzigkeit.

Früher gab es Hochämter, heute Chefvisiten. Statt zehn Geboten gibt es heute Essensge- und Esssensverbote sowie zehn Wege zu einer besseren Gesundheit." Kritisch äußerte sich Univ.-Prof. Christoph Gisinger, Institutsdirektor vom Haus der Barmherzigkeit (HdB), beim jüngsten Diskussionsforum des HdB ("Gesundheit als Religion") zu einer "mystischen und spirituellen Aufladung" des Themas Gesundheit. Diese werde als neue Religion gesehen, die ihre eigenen Rituale und Inszenierungen habe – etwa im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen und der mystischen Überhöhung von Sport: "Statt Heiliger werden Olympiasieger verehrt, auch wenn bei nüchterner Betrachtung so manche dieser Sportarten gar nicht so gesund sein dürfte." Und es gebe auch heilige Räume wie etwa Sauna- oder Wellnessbereiche, in denen sich – schon von der Gestaltung her – Parallelen zu Andachtskapellen fänden.

Glücklicher

Bereits Platon habe betont, dass die ständige Sorge um die Gesundheit auch eine Krankheit wäre, sagte der Mediziner: "Welchen Platz haben Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen in einer Welt, in der Gesundheit als oberster Wert angesehen wird? Wir betreuen rund 1300 Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen. Sie benötigen Hilfe bei der Bewältigung des Alltags. Aber sie sind genauso glücklich wie die sogenannten ,Gesunden" oder ,Normalen". Vielleicht sind sie sogar etwas glücklicher."

Gesundheit sei nicht das höchste Gut. "Das ist vielmehr die Beziehung zum Mitmenschen, Respekt , liebevolle Begegnung, Verantwortung, Sorge und Hilfe sowie das Ermöglichen eines Lebens in Würde."

TIPP

Ausschnitte aus der Diskussion mit Hademar Bankhofer, Toni Faber, Helene Karmasin, Walter Wippersberg und Christoph Gisinger sind heute, Donnerstag, ab 19 Uhr auf Radio Stephansdom zu hören.

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