Gauck-Wahl spaltet deutsche Koalition

Angela Merkel und Joachim Gauck bei einer Veranstaltung.
Das Klima zwischen Schwarz-Gelb ist nach der Erpressung von Angela Merkel nachhaltig vergiftet.

Erpressung" und "gewaltiger Vertrauensbruch" waren die öffentlichen Vokabeln zwischen den Berliner Koalitionspartnern nach der turbulenten Festlegung auf Joachim Gauck. Am Tag nach dem dramatischsten innenpolitischen Poker der Legislaturperiode zeigt sich, dass es dabei noch viel heftiger zuging – und alles riskiert wurde.
Die FDP hatte plötzlich ihre Chance erkannt, ihre bisher systematische Demütigung durch CDU und CSU umzudrehen und zugleich auf der Beliebtheitswelle Gaucks mit zu surfen.

Inhaltlich stehen die Liberalen dem Freiheitsprediger ohnehin näher als alle Politiker links der Mitte. Mit kompromissloser Unterstützung der Gauck-Option setzten sie die Kanzlerin unter gewaltigen Zugzwang, deren schroffe Ablehnung Gaucks im Nachhinein noch irrationaler scheint. Und ausnahmsweise hatte sie weder personelle noch taktische Alternativen: Zusammen mit SPD und Grünen hätte die FDP Gauck in der Bundesversammlung wählen können.

Schreiduell

Das Vier-Augen-Gespräch Merkels mit FDP-Chef Philipp Rösler wurde zum nie gekannten Schreiduell, in dem sie mit dem Rauswurf aller FDP-Minister gedroht haben soll. Es wäre das Ende der bürgerlichen Koalition gewesen. Da Rösler aber hart blieb, lenkte Merkel ein und rief um 19.40 Uhr Gauck an.

Die FDP werde die Folgen noch zu spüren bekommen, drohten am Montag mehrere CDUler, darunter Umweltminister Norbert Röttgen, der die Grünen in einer künftigen Koalition favorisiert. Die FDP freute sich ihres taktischen Sieges und reagierte auf die Drohungen gelassen.

Über die Kanzlerin gehen die Meinungen nun total auseinander: "Merkels größte Schmach", titelte Spiegel Online, und: Die "bitterste Niederlage ihrer Amtszeit", sie sei "massiv geschwächt".
Das Handelsblatt fand hingegen, Merkels Entscheidung sei richtig gewesen, "sich als Versöhnerin zu präsentieren". SPD und Grüne wären enttäuscht, "weil ihnen schon wieder ein Thema fehlt".
Die sehen das natürlich ganz anders: Merkel sei "umgefallen", und ihre Koalition stehe kurz vor dem Ende.

Die Wahl Gaucks in der Bundesversammlung muss bis spätestens 18. März erfolgen.

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