FPÖ: Vom Höhenflug in die Defensive

FPÖ: Vom Höhenflug in die Defensive
Nach dem Umfrage-Hoch im Frühling sind die Blauen nun in der Defensive. Parteichef Strache beschwichtigt und spielt auf Zeit.

Er trug ein weißes Hemd, dazu ein helles Sommer-Sakko; sein Teint war tadellos und rein optisch hätte man meinen können, Heinz-Christian Strache hat sich blendend erholt - kein Wunder, nach zwei Wochen Ibiza. Doch als der Parteichef der FPÖ gestern zur ersten Pressekonferenz nach seinem Urlaub lud, da war allen Beteiligten nach wenigen Minuten sehr klar: Was die öffentlichen Debatten über die FPÖ angeht, ist Heinz-Christian Strache derzeit alles andere als entspannt. Denn im Gegensatz zum Umfrage-Hoch im Frühjahr gab es bei den Freiheitlichen zuletzt vor allem negative Schlagzeilen und interne Probleme. Und die sind selten hilfreich - Sommerpause hin oder her.

Erst war da die Causa Königshofer, die in einen Parteiausschluss gipfelte; dann wurde Parteifreund Scheuch (nicht rechtskräftig) zu einer Haftstrafe verurteilt; und zuletzt gab Parlamentspräsident Graf noch Interviews, die als Kritik an der Parteispitze verstanden wurden.

Opferrolle

Strache selbst hat die Verantwortlichen für die "Turbulenzen" längst ausgemacht: Graf sei ein Opfer der Medien - weil sie ihn falsch interpretieren; Scheuch sei ein Opfer der Justiz - weil er ja gar keine Staatsbürgerschaft verliehen und damit auch keinen Schaden verursacht habe; und Werner Königshofer ist für den Parteichef einfach ein Opfer seiner selbst - weil er trotz mehrfacher Aufforderung parteischädigendes Verhalten an den Tag gelegt habe.

Doch so einfach die Erklärungen des blauen Parteichefs sind, so schwierig ist die Situation der FPÖ. Denn tatsächlich geht es um weitaus mehr als um Einzelfälle. "Strache steckt im selben Dilemma wie einst Jörg Haider und das heißt: In der FPÖ gibt es ein permanentes Personalrisiko", sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Im Unterschied zu anderen Großparteien würden der FPÖ die "klassischen Rekrutierungskanäle" wie Kammern und Gewerkschaften fehlen. "Und deshalb", so Filzmaier, "sitzen bei ihr auch auf wichtigen Positionen sehr seltsame Glücksritter - die mit unbedachten Äußerungen und Handlungen der Partei und dem Parteichef regelmäßig Probleme bereiten."

Ganz anders sieht das der FPÖ-Kenner und Historiker Lothar Höbelt. Die Causen Königshofer, Scheuch & Co. würden den Freiheitlichen "sicher nicht" nachhaltig schaden. "Das sind nur Oberflächenphänomene, die die Wählerschaft nicht sehr tangieren. Bei den Stammtischen sagen die Leute etwas ganz anderes zueinander als Kanak (Verbalinjurie von Königshofer, Anm., siehe oben)." Tatsächlich lebe die FPÖ von zwei Themen, "die den Leuten unter die Haut gehen": Das Zuwanderungs- und Integrationsthema sowie die Schulden- und Euro-Debatte ("gutes Geld dem schlechten nachwerfen").

Auch Politik-Berater Thomas Hofer sagt, "die FPÖ ist nach wie vor stark und die Schuldenkrise spielt Strache in die Hände". Dennoch sind die aktuellen Fälle für den FPÖ-Chef alles andere als angenehm. "Die Beschäftigung mit sich selbst und die Schlagzeilen dazu vergrößern die Wählerschaft nicht. Strache geht es ja darum, dass die FPÖ breiter wird", sagt Hofer. Schließlich versuche der FPÖ-Obmann sich auch als potenzieller Bundeskanzler zu positionieren.

Ausblick

Einig sind sich die Experten, dass Strache vorerst auf Zeit spielen kann - immerhin soll die nächste Nationalratswahl erst 2013 stattfinden, und bis dahin sind die leidigen Causen im Gedächtnis potenzieller Wähler vermutlich verblasst.

Das ändert freilich nichts daran, dass Strache es weiter ungemütlich hat: Zum Jahreswechsel entscheidet sich, ob das Urteil gegen Uwe Scheuch hält. Ein Freispruch gilt als sehr unwahrscheinlich. Und in Kürze steht mit Gerhard Kurzmann der nächste hochrangige Blaue vor Gericht - auch keine gute Werbung für die selbst ernannte Partei der Saubermänner.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare