Flächenbrand in Afghanistan befürchtet

Eine Menschenmenge demonstriert mit erhobenen Fäusten und Rufen.
Im Norden des Landes räumt die deutsche Armee nach den Unruhen wegen Koran-Verbrennungen vorzeitig ein Camp.

Die ISAF, die Internationale Schutztruppe für Afghanistan, zieht ihre Konsequenzen aus den Protesten gegen die Koran-Verbrennungen – und die erste ist ein Rückzug. Die deutsche Bundeswehr räumte am Donnerstag ihr Camp in der nordafghanischen Stadt Talokan – nachdem es von Demonstranten mit Steinen beworfen worden war. Ursprünglich sollte das Camp, das mitten in der Stadt liegt und schwer zu schützen ist, im März geräumt werden. Schon im Mai waren bei Angriffen auf das Lager mehrere Menschen getötet worden.

Seit Tagen wüten in Afghanistan Proteste. Anlass sind Berichte, dass US-Soldaten im Camp Bagram nördlich von Kabul Ausgaben des Koran verbrannt hätten. Eine Untersuchung läuft. Es soll sich um Koran-Ausgaben gehandelt haben, die Gefangenen abgenommen worden waren. Anscheinend hatten sich die Häftlinge über die Bücher Nachrichten zukommen lassen.

Landesweite Proteste mit mehr als einem Dutzend Toten waren die Folge. Und das in einer Zeit, da die NATO-Truppe ohnehin zusehends in der Kritik steht. Von allen Seiten: Seitens der Regierung in Kabul, die die Vorgangsweise der NATO zwar kritisiert, zugleich aber fürchtet, dass ihr geplanter Abzug 2014 einen Bürgerkrieg und letztlich ihren Sturz zur Folge haben wird; und seitens der Bevölkerung, der die NATO zusehends verhasst ist. Das vor allem wegen der hohen Zahl an zivilen Opfern, nachdem es die Allianz vorzieht, im Ernstfall lieber Bomber statt Soldaten zu schicken, um eigene Verluste zu vermeiden. Daher gewinnen die Aufständischen mit der Aussicht auf den Abzug der ISAF sukzessive Oberwasser.

Abbau

Eine Gruppe Soldaten steht hinter Stacheldraht auf einem Militärgelände.

Das Camp in Talokan wird jetzt von der afghanischen Armee bewacht. Zuletzt waren dort nur mehr 50 deutsche Soldaten stationiert gewesen, die vor allem mit dem Abbau beschäftigt waren. Alle Fahrzeuge, Waffen, Munition und sonstiges militärisches Gerät wurden bereits nach Kunduz geschafft.

Was mit den Resten des Camps geschehen soll, ist nicht bekannt. Diskutiert wird, wieder ein Kommando nach Talokan zu schicken, das den Abbau abschließt, oder eine Firma mit der Schleifung der Anlage zu beauftragen.

 

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