Eine Schlacht an vielen Fronten

Wer stets gemeint hat, immer nur weiße Westen zu tragen, für den muss eine kleine Welt zusammenbrechen, wenn plötzlich so hart mit ihm ins Gericht gegangen wird: „Mag. Grasser ist daher verdächtig, das Verbrechen der Geschenkannahme durch Beamte (...) verwirklicht zu haben“ , vermerkte Richterin Olivia-Nina Frigo in ihrem Beschluss vom 20. Februar 2012, mit dem der Antrag des ehemaligen Finanzministers auf Einstellung seines Strafverfahrens abgeschmettert wurde. Wie es aussieht aus gutem Grund: Zum einen konstatiert die Richterin schon jetzt einen „dringenden Tatverdacht“ . Zum anderen sitzt die Staatsanwaltschaft noch auf einem riesigen Berg an beschlagnahmten Urkunden, die noch nicht ausgewertet werden durften, weil Berater aus Grassers Umgebung alle möglichen juristischen Schritte setzen, um die Verwertung dieser Schlüsseldokumente im Strafverfahren zu blockieren.

Hey, hey Wicki

Ein wichtiger Hintermann im Fall KHG und Co.: Der Vermögensberater Norbert Wicki, laut Medienberichten Schlüsselfigur bei Grassers Geldanlagen in Liechtenstein, was Wicki jedoch bestreitet. Der Hintergrund: Die BUWOG-Provision wurde bekanntlich um die halbe Welt geschickt und landete letztlich auf diskreten Konten in Liechtenstein. Eines dieser Konten soll laut Staatsanwaltschaft Karl-Heinz Grasser zuzurechnen sein. Von eben diesem Nummernkonto wurden am 12. Dezember 2007 500.000 Euro auf ein Konto bei der Raiffeisenbank Liechtenstein transferiert, das im Oktober 2007 im Auftrag Norbert Wickis eröffnet worden war.

Die alte Dame

Spannend und nach Ansicht der Ermittler verdächtig ist nun, welche Angaben Wicki bei der Kontoeröffnung über seine angebliche Kundin machte: Laut Kundenprofil will Wicki für eine ältere Dame eingeschritten sein. Diese habe eine Erbschaft gemacht und wolle diese in Liechtenstein veranlagen. Die Eltern der Dame seien wohlhabende Hoteliers gewesen. Der Staatsanwalt spricht von „Täuschung der Bankmitarbeiter“ , was Wicki ebenfalls bestreitet. Tatsächlich stammte die halbe Million nämlich nicht aus einer Erbschaft, sondern aus der BUWOG-Provisions-Masse. Und: Die 500.000 Euro wurden wenige Monate später pikanterweise in Aktien der Meinl International Power investiert, in dessen Management Board damals zufälligerweise noch Karl-Heinz Grasser wirkte. Laut Staatsanwaltschaft besteht „der Verdacht, dass durch die Verschleierungshandlung letztendlich verhindert werden sollte, den tatsächlich wirtschaftlichen Berechtigten preiszugeben.“ Mehr noch: Es „erhärte sich dahingehend der Verdacht, dass das (...) Konto (...) tatsächlich Mag. Karl-Heinz Grasser zugehöre...

Toifls Werk

Ein weiterer Hauptdarsteller im Hintergrund: Gerald Toifl, ins Visier der Justiz geratener Anwalt des Grasser-Trauzeugen und BUWOG-Provisionärs Walter Meischberger. Toifl soll versucht haben, an der Verschleierung der wirtschaftlichen Berechtigten auf den diskreten Liechtensteiner Provisionskonten mitgewirkt zu haben – mithilfe angeblich gefälschter Beweismittel. Die Justiz verfügt mittlerweile über Unterlagen, die bei einer Hausdurchsuchung bei Toifl sichergestellt wurden. Diese Dokumente sind vorläufig versiegelt und können von der Staatsanwaltschaft erst dann ausgewertet werden, wenn das Gericht grünes Licht erteilt. Die Staatsanwaltschaft erwartet sich durch die „Entsiegelung der UnterlagenToifls jedenfalls eine „Intensivierung des Tatverdachts.“  Natürlich gilt für Karl-Heinz Grasser, sein Umfeld sowie alle in diesem Artikel genannten Personen sowohl die juristische als auch die politische Unschuldsvermutung.

Natürlich kann es sein, dass die gesamte BUWOG-Privatisierung tatsächlich „supersauber“ abgelaufen ist. Dann wird man in den Unterlagen, um deren Auswertung im Hintergrund juristische Schlachten toben, auch nichts Belastendes finden. Und dann kann Grassers Frau Fiona auch wieder in Ruhe mit ihrem Herzbuben telefonieren, ohne in Maria Wörth in die Küche des benachbarten „Hotel Linde“ ausweichen zu müssen.

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