Ein Geläuterter trifft seine Heiligkeit

Der Dalai Lama interagiert mit einer Menschenmenge.
Reportage: Für Eberhard Heine war der Dalai Lama die Rettung. Nun traf er ihn.

Zeigefinger und Daumen berühren sich. Eberhard Heine hatte nur gehofft, dass der Dalai Lama sein Geschenk annimmt. Dass er das Glas Honig zumindest ansieht. Doch jetzt spürt er seine Fingerspitze und der Beschenkte sagt: "Thank you." Er geht weiter zur Pressekonferenz, Heine bleibt stehen. Schaut auf seine leeren Hände, auf den Boden. Keine Regung in einem erschrockenen Gesicht. Nur die Augen leuchten.

Eine Begegnung mit dem 14. Dalai Lama ist für die meisten Menschen ein besonderer Moment. Für Heine ist es "der schönste meines bisherigen Lebens."

Patschertes Leben

Ein Mann bereitet eine rituelle Zeremonie mit Kerzen und Räucherstäbchen vor.

Eine Woche davor sitzt der 42-Jährige in seinem Haus im Burgenland und erzählt. Von dem katholischen Internat, das ihm Religion vergällt hat. Davon, dass er AHS und HAK geschmissen hat, dass er von Eishockeyspielen und Radfahren lebte. Von der Zeit, in der er mit Sportausrüstung handelte und "riesige Gewinnspannen hatte. Ich konnte das Geld rausschmeißen." Er hatte vier Autos, auch einen Ferrari, den ein Freund "aufs Dach gelegt hat", wobei Heine verletzt wurde. "Ich hatte viele Freunde, als es mir gutgegangen ist. Ich war ein Lebemann." Viel Alkohol, viel Rausch, viel mehr.

Als die Gewinnspannen schrumpften, eröffnete er mit seiner Lebensgefährtin ein Bordell. Drei Jahre später hat sie ihn verlassen. Das war der Tiefpunkt mit "schweren Depressionen". Immer pleite, immer zu, immer weniger. In dieser Zeit las er viel. Über Buddha, über den Dalai Lama. Und als er Karin kennenlernte, die sich mit Buddhismus beschäftigte, fand er einen neuen Weg. Sie suchten sich ein Haus, zogen nach Baumgarten. Es ist desolat, aber ihres. Sie nahmen Hunde auf, die in Ungarn erschlagen werden sollten.

Frieden

Ein Mann mit Pferdeschwanz sitzt im Freien vor Büschen.

"Früher war ich ein anderer Mensch, bin keinem Streit aus dem Weg gegangen." Es wirkt absurd, wenn der schlaksige Heine das in seiner langsamen Art sagt. Heute nimmt er es nicht schwer, wenn man ihn und Karin in Baumgarten nicht recht akzeptiert. "Manche machen es uns nicht leicht. Aber Groll bringt nichts. Seine Heiligkeit (Dalai Lama) sagt, er liebt sogar die Chinesen. Und dass das nicht so schwerfällt, wenn man sich wirklich konzentriert." Der Buddhismus gebe ihm Ruhe und Frieden, die Meditation helfe, sich zu konzentrieren. "Ich meditiere täglich im Lotussitz, das ist mittlerweile die bequemste Haltung für mich. Eine Zeit lang habe ich mich dabei gefragt, warum mein Leben so gelaufen ist. Das waren Selbstvorwürfe. Jetzt sehe ich die Momente als Glück. Jeden Moment."

Begegnung

Während der Pressekonferenz mit dem Dalai Lama steht Heine erst, dann muss er sich setzen. Die Nähe zu dem Mann, der sein Leben verändert hat, macht ihm die Knie weich. "Es ist nicht zu fassen. Ein Wahnsinn, dass er sich überhaupt zu mir hergedreht hat." Über die Berührung kann er erst gar nicht reden. Schließlich kommt der Dalai Lama auf dem Weg zur Tür bei Heine vorbei. Er hält inne, nimmt ihn an der Hand. Und sagt noch einmal "Thank you".

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