Druck größer als im schlafmützigen Österreich

Wäre Uwe Scheuch ein deutscher Politiker, er wäre wohl längst zurückgetreten. Das glauben zumindest heimische Politologen, die in Österreich massive Missstände orten: "In Deutschland wäre so eine Situation undenkbar, da tritt man wegen geringerer Dinge zurück, auch ohne Verurteilung", ortet Politikberater Thomas Hofer ein mangelndes Unrechtsbewusstsein in Österreich.
Sein Kollege, Korruptionsexperte Hubert Sickinger, stimmt ihm zu: "Der deutsche Präsident Wulff trat bereits zurück, nachdem der Staatsanwalt Ermittlungen aufgenommen hatte." Ein umstrittener Privat-Kredit für sein Haus und ein Drohanruf bei der Bild-Zeitung wurden Wulff zum Verhängnis.
Zu einem Amtsverlust aufgrund einer Verurteilung kommt es im Nachbarland hingegen kaum – so weit lassen es die Nachbarn gar nicht kommen. Die Regeln sind aber klar: Abgeordnete verlieren laut Strafgesetzbuch für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, wenn sie "wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden". Ob die Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen wird, spielt keine Rolle.
"Eine Verurteilung ist nicht mehr vereinbar mit der besonderen Bedeutung des Amtes", sagt Politologe Winand Gellner von der Uni Passau. Politiker würden nicht erst ein Urteil abwarten, sondern bereits bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zurücktreten: "Im Gegensatz zum schlafmützigen Österreich ist der öffentliche Druck viel größer, zudem ist die Bundesrepublik wohl stärker konkurrenzorientiert."
– P. Trummer, N. Hintermayer
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