Die Politik muss ihre Würde zurückgewinnen

Der große Nachkriegskanzler Leopold Figl hat in seiner berühmten Ansprache im Dezember 1945 gesagt: "Ich kann euch zu Weihnachten nichts geben." Jörg Haider, der Wahlkärntner mit den vielen Gesichtern, wollte uns jeden Tag etwas anderes geben: Ehrlichkeit, Sauberkeit, Anstand. Dazu geringere Steuern und weniger Ausländer. Sein Vermächtnis steht nun in verschiedenen Gestalten vor Gericht.
Dabei ist seinen Nachfolgern ihre ungeheure Präpotenz noch immer nicht abhanden gekommen. Lassen wir den Hanswurst Stefan Petzner beiseite. Nehmen wir den Kärntner Finanz-Landesrat Harald Dobernig. Gegen ihn ermittelt der Staatsanwalt wegen des Verdachts der versuchten Geldwäsche. Herr Dobernig, der als Berufsausbildung gerade ein Trainee-Programm bei der Hypo Alpe-Adria Bank angeben kann, ließ sich im dicken Dienstwagen zum Gericht führen. Und lächelte. Warum muss der Steuerzahler auch noch für die peinlichen Auftritte eines rücktrittsreifen Politikers zahlen?
Nicht gerade würdig stellt man sich auch die Szene vor, wo ein Minister mit einem Schreiber der Kronen-Zeitung berät, wie man gemeinsam das Image der ÖBB und des Ministers heben könnte. Werner Faymann, inzwischen Bundeskanzler, musste deshalb dem Staatsanwalt Rede und Antwort stehen. Oder der Altkanzler. Viele Mitstreiter von Wolfgang Schüssel geben inzwischen zu, dass unter Schwarz-Blau gierige Gestalten gern gesehene Gäste waren und gar ungeniert abkassierten. Warum findet ein begabter Formulierer wie Schüssel keine Worte dazu?
Zukunft Österreich
Während wir jetzt die Vergangenheit aufarbeiten, geht die Zukunft verloren. Die großen Themen, die über die Zukunft unseres Landes und unserer Kinder entscheiden werden, können nicht im Gerichtssaal beschlossen werden, so wichtig die juristische Aufarbeitung der vielen Skandale auch ist.
Einer Debatte über eine Verbesserung unserer Schulen stehen Ideologen und Systemerhalter von links und rechts entgegen. Die Reform der Unis bleibt bei einer dümmlichen Diskussion über eine Millionärssteuer hängen. Und den Euro werden wir nicht dadurch retten, dass wir die Griechen als faul beschimpfen.
Der Bundeskanzler hat sich klar für eine gemeinsame Bewirtschaftung der Schulden ausgesprochen, bei klarer Kontrolle der Budgets der Schuldnerländer. Darüber ließe sich trefflich streiten. Aber noch wichtiger scheint das Tempo des Elektroautos der Frau Glawischnig.
Seit der Weihnachtsansprache von Leopold Figl wurde aus einer zerbombten Landschaft einer der reichsten Staaten der Erde. "Glaubt an dieses Österreich", rief der Kanzler pathetisch. Der Glaube an Österreich wird uns wieder leichter fallen, wenn die Politik ihre Ernsthaftigkeit und dadurch ihre Würde zurückerobert. Ob Frank Stronachs Goldene Regel – wer das Gold hat, macht die Regeln – weiterhilft, ist zu bezweifeln. Und dass Stronachs Steuerparadies im Schweizer Kanton Zug für uns ein Vorbild ist, kann auch niemand glauben.
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