Die große Show des Anti-Politikers mit den tausend Leben
Mit mir kann sich keiner vergleichen, nicht in Europa und nicht in der Welt", meinte Berlusconi einmal über sich selbst. Und tatsächlich kann man ihm das wohl kaum streitig machen: Der 75-jährige Multimilliardär, der sein Arbeitsleben als Entertainer auf Kreuzfahrtschiffen begann, hat politisch bis zuletzt erstaunliches Stehvermögen bewiesen. So führte er von 2001 bis 2005 die am längsten amtierende italienische Nachkriegsregierung. Dabei wird der Norditaliener in jüngst von WikiLeaks veröffentlichten US-Depeschen als eitler und inkompetenter Partylöwe beschrieben.
Gott und Superman
Mit der Gründung immer neuer Parteien und Formationen gelang es ihm, jahrelang, nahezu unangefochtener Frontmann des rechten Lagers zu bleiben. Obwohl stets höchst umstritten, schaffte er es immer wieder, die Menschen für sich zu gewinnen. Allen Skandalen und der ausländischen Skepsis zum Trotz löste Berlusconi, der sich selbstbewusst schon mit Gott, Napoleon und Superman verglich, im Frühjahr 2008 Ministerpräsident
Romano Prodi ab.
Wie wohl kein anderer Politiker seit dem faschistischen Diktator Benito Mussolini beeinflusste der "Cavaliere" in den vergangenen zwei Jahrzehnten maßgeblich die Politik Italiens - seit 1994 war er mehrfach Regierungschef. Kritiker lasten ihm einen totalen kulturellen Verfall des Landes an. Und als Herr der drei größten TV-Privatsender Italiens steht er auch für einen politischen Interessenskonflikt.
Dabei geriet Berlusconi zunehmend unter Beschuss wegen Sex- und Justizaffären. So stehen dem Medienmogul und Besitzer des Erfolg gewöhnten AC Milan mindestens noch zwei Prozesse ins Haus, denen er bisher durch "maßgeschneiderte" Gesetze entkommen konnte. Und sein größter Herausforderer, der Präsident des Abgeordnetenhauses Gianfranco Fini, ist bei Weitem nicht der Einzige, der ihm unterstellt, nur an der Macht bleiben zu wollen, um nicht auf der Anklagebank zu landen.
Seine Schwäche für schöne, junge Frauen ist eine weitere Achillesferse des bis dato unverwüstlichen Premiers: 2009 sorgten die Affäre um die minderjährige Schülerin Noemi Letizia und der Rosenkrieg mit Noch-Ehefrau Veronica weltweit für Schlagzeilen.
Die Affäre Ruby
Schon früher in diesem Jahr brachte Berlusconi sein persönlicher Einsatz für das marokkanische Partygirl "Ruby" fast ums Amt. Diplomatische Ausrutscher wie der Kommentar, US-Präsident Barack Obama sei "hübsch braun gebrannt", runden das Bild ab.
Auch wirtschaftlich brachte der Unternehmer-Politiker seinem Land eher wenig Glück. Die Schulden haben
Italien schon ins europäische Abseits getrieben. Überfällige Reformen, wie etwa des völlig veralteten Bildungssystems, bleiben seit Jahren liegen. Andere Pläne, bis hin zum angeblich umfassenden Reformpaket, das Berlusconi kürzlich unter Druck der EU beschließen ließ, blieben politische Luftgeschäfte.
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