Deutsche wären bereit für die EURO

Aufrufe zum Boykott und zur Verlegung des Fußball-Events werden immer lauter. Deutsche Polizei: Wir könnten einspringen.

Es gibt in der Schublade einen Alternativplan", untermauert der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft gegenüber der Bild Überlegungen, die Spiele nach Deutschland holen zu wollen. "Die Zeit dafür würde auch jetzt noch reichen." Und Erika Steinbach von der CDU/CSU meinte, eine Verlegung nach Polen, Österreich oder Deutschland wäre das richtige Signal.

Für den Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes zeugen solche Forderungen "von großer internationaler Respekt- und Instinktlosigkeit, weil sie über die Köpfe selbst des Mitgastgeberlandes Polen, aber auch über andere europäische Nationen und über den Veranstalter UEFA hinweg erhoben werden". Auch der Deutsche Fußballbund DFB und die UEFA lehnen die Debatte ab .

Die deutsche Kanzlerin Merkel wiederum droht damit, dass keine deutschen Politiker zu den Spielen kommen könnten. Österreichs Sportminister Darabos setzt schon vorher ein Zeichen und wird dem Fußballspiel der Nationalmannschaft gegen die Ukraine am 1. Juni in Innsbruck fernbleiben.

"Doppelmoral"

Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik empören solche Überlegungen: "Wir können uns diese Doppelmoral nicht leisten", sagt er zum KURIER. "Wenn wir hier zum Boykott aufrufen, müssen wir auch die Winterspiele in Sotschi boykottieren." Olympische Spiele und Meisterschaften dürften dann nur mehr innerhalb der EU stattfinden, wettert der Ukraine-Experte.

Freilich sei Timoschenko freizulassen. Auf beiden Seiten wären in dieser Frage aber zu viel Eitelkeit und Sturheit im Spiel. Leidtragend sei das ukrainische Volk, das von seinem Europa-Kurs abgehalten werde. Der "Fall Timoschenko" drohe, so Rahr, auch "15 Jahre Verhandlungen zwischen der EU und der Ukraine" zu ruinieren. Denn in dieser angespannten Lage sei nicht daran zu denken, dass das unterschriftsreife Assoziierungsabkommen noch zustande kommt.

Auch Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche sieht in einem Scheitern des Abkommens die größte Gefahr –, weil sich die Ukraine dann wieder mehr an Russland orientieren werde. Eine Annäherung der Institutionen und Gesetze an EU-Regeln wäre aber für westliche Investoren vorteilhaft. Doch "fehlt die Unterschrift, fehlt auch der Druck zu Reformen in der Ukraine". Von den Polit-Querelen, so Havlik, seien österreichische Firmen aber kaum betroffen.

Österreich investiert

Rechtsunsicherheit, Korruption, starke Oligopole und schwache staatliche Institutionen bleiben die größten Hemmnisse für die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine – einem "vergleichsweise armen und Kapital-schwachen Land", brachte Österreichs Botschafter in Kiew, Wolf Dietrich Heim, jüngst bei einer Podiumsdiskussion der Fachhochschule des bfi Wien die Ausgangslage auf den Punkt. 250 heimische Firmen sind in der Ukraine aktiv. Das Investitionsvolumen beträgt 3,5 Milliarden Euro. Österreich ist damit einer der fünf größten Investoren im Land. Nach dem wirtschaftlichen Katastrophenjahren 2008 und 2009 ist das Land wieder auf Erholungskurs. Besonders der Bankenbereich, so Heim, habe sich positiv entwickelt, die Krisenresistenz sei heute höher.

Ukraine: Österreich ist stark präsent

Wirtschaft Österreich ist (nach Zypern, Deutschland, den Niederlanden und Russland) der fünftgrößte Auslandsinvestor in der Ukraine. 2011 wurden von heimischen Unternehmen rund 765 Mio. US-Dollar investiert. Österreich exportiert vor allem Pharmazeutika, Heizkessel, Maschinen und Anlagen. Importiert werden hauptsächlich Erze, Eisen- und Stahlwaren. Die Fachhochschule des bfi Wien bietet heimischen Firmen Expertise zur Ukraine und der Schwarzmeer-Region an.

Wachstum Die Wirtschaft der Ukraine erholt sich. Nach 5,2 Prozent Wachstum im Vorjahr werden für heuer 2,5 Prozent prognostiziert, für 2013 aber schon wieder vier Prozent.

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