"Der Anschlag führt zum Zerfall des Regimes"

Für Tarafa Baghajati steht der Sturz Assads kurz bevor. "Vielleicht nicht in den nächsten zwei Monaten, aber noch 2012", sagt der Obmann der Initiative muslimischer Österreicher. Er ist 1961 in Damaskus geboren und lebt seit 1986 in Wien.
Mit dem KURIER sprach er über ...
... den Schock beim Regime nach dem Anschlag vom Mittwoch
Sie können sich nicht vorstellen, was da für Sicherheitsvorkehrungen herrschen! Die Nervosität beim Regime ist groß, denn jetzt ist klar, dass das System bis zur obersten Ebene unterwandert ist. Das müssen Personen von innerhalb des Militärs gewesen sein, die sich zwar öffentlich nicht bekannt haben, aber sich koordinieren – möglicherweise auch mit der Freien Syrischen Armee.
... Assads Aufenthaltsort
Es ist gut möglich, dass er nach Kardaha geflüchtet ist, den Geburtsort seines Vaters. Eigentlich ein einfaches alawitisches Dorf in den Bergen, aber jetzt hoch gerüstet. Was dagegen spricht: Dass das viel zu nah an der Grenze zur Türkei ist. Und es gibt zwar einen Flughafen, aber keinen internationalen. Wenn Assad tatsächlich dort ist, dann hat er vor, im Land zu bleiben.
... die Bedeutung des Anschlags
Für die Menschen, die im Sicherheitsapparat tätig sind, ist die jeweilige Führungsperson wichtiger als der Präsident. Sie dienten Shawkat, Turkmani und Rajha – nicht Assad. Tausende sehen sich jetzt als führerlos. Deshalb war das so ein riesen Schlag, der zum inneren Zerfall des Regimes führen wird.
... den möglichen Einsatz von Chemiewaffen
Es ist kein Geheimnis, dass Syrien Chemiewaffen hat. Es ist möglich, dass diese Waffen jetzt verschoben werden. Aber ich glaube nicht, dass es zu einem Einsatz kommt. Die einzige Ausnahme: zur letzten Selbstverteidigung.
... die Zeit nach einem möglichen Sturz des Regimes
Das Wichtigste ist für mich, dass nach einem Regimesturz die staatliche Struktur nicht zerfällt – inklusive Polizei und Militär. Die gehören allen Syrern und nicht dem Regime. Syrien ist ein institutionell hoch entwickelter Staat. Das sollte man nutzen, damit man nicht dieselbe Erfahrung wie der Irak macht.
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