Danke, Jörg! Warum Kärnten am Pranger steht

Ein Geständnis des Steuerberaters Dietrich Birnbacher am Mittwoch über illegale Parteienfinanzierung mit Steuergeld hat in Kärnten ein politisches Beben ausgelöst, dessen Schockwellen noch lange zu spüren sein werden.
Birnbacher gestand, dass ihm für seine Tätigkeiten rund um den Verkauf der Landesbank Hypo Alpe-Adria an die Bayrische Landesbank ein Schein-Honorar von zwölf Millionen Euro versprochen worden ist. Der Großteil des Geldes sollte als Parteienfinanzierung an ÖVP und BZÖ weitergeleitet werden. Eingefädelt wurde der Deal vom verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider und Ex-ÖVP-Landesrat Josef Martinz. Das Honorar sollte von der Landesholding gezahlt werden. Birnbacher bekam dann tatsächlich (nur) sechs Millionen Euro. Davon hat er 65.000 Euro ÖVP-Chef Martinz zukommen lassen.
Das Geständnis ermöglicht erstmals auch einen tiefen Einblick in das "System Haider", das in der Öffentlichkeit strahlend weiß scheint, im Verborgenen aber all das, was die Bürger an der Politik verachten, beherbergt.
Die Causa Birnbacher ist aber nicht der einzige Fall der Justiz, in der gegen Mitglieder der Landesregierung ermittelt wird. Gegenwärtig sind von den sieben Kärntner Regierungsmitgliedern drei Spitzenfunktionäre der Freiheitlichen in Kärnten (FPK) im Visier der Justiz. Nur das Ausscheiden von ÖVP-Wirtschaftslandesrat Josef Martinz im Jänner verhindert, dass gleichzeitig gegen mehr als die Hälfte der Kärntner Regierungsmitglieder ermittelt wird.
Die Fälle im Detail
Causa Gerhard Dörfler
Der Landeshauptmann von der FPK, Amtsnachfolger des 2008 verstorbenen Jörg Haider, ist wegen der "Broschüren-Affäre" im Visier der Justiz. Basis dafür ist pikanterweise eine Anzeige der mittlerweile mit der FPK liierten
FPÖ. Der Verdacht lautet auf Amtsmissbrauch und Untreue: Eine mit Steuergeld bezahlte Werbebroschüre, die 2009 an 200.000 Kärntner Haushalte verschickt worden war, erinnerte nicht nur die Staatsanwaltschaft in Farbe und Form frappant an Wahlwerbung des BZÖ, dem zu diesem Zeitpunkt fast alle FPK-Politiker angehörten. Dörfler weist alle Vorwürfe zurück.
Causa Uwe Scheuch
Der stellvertretende Landeshauptmann stand bereits zwei Mal wegen der "Part of the Game"-Affäre (Geschenkannahme durch Amtsträger) vor dem Richter. Das erste Urteil wurde aufgehoben, das zweite Urteil – sieben Monate bedingt und 150.000 Euro Strafe – ist nicht rechtskräftig. Gegen Scheuch wird aber auch wegen der "Broschüren-Affäre" ermittelt. Scheuch beteuert in beiden Fällen seine Unschuld.
Causa Harald Dobernig
Der 32-jährige Betriebswirt kam 2004 ins Büro des damaligen Landeshauptmann Haider, ein Jahr später wurde er dessen Büroleiter, 2008 wurde er Finanzlandesrat. Gegen Dobernig gibt es Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue, weil er zum Zeitpunkt des Deals mit Birnbacher Haiders Büroleiter war – und im Aufsichtsrat des Landesholding saß, die Birnbacher das Honorar auszahlte. Auch gegen den FPK-Finanzlandesrat wird in der "Broschüren-Affäre" ermittelt. Dobernig weist alle Vorwürfe zurück.
Causa Josef Martinz
Der Ex-ÖVP-Chef und Ex-Landesrat in Kärnten gestand seine Machenschaften, nachdem Birnbacher im Prozess auspackte. Ihm droht nun eine Haftstrafe.
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