Dänemark: "Gucci-Sozialistin" wird Premier

Nach zehn Jahren bürgerlicher Mehrheit kommt es in Dänemark laut Nachwahl-Befragungen zu einem Regierungswechsel. Denn das Linksbündnis unter der sozialdemokratischen bisherigen Oppositionschefin Helle Thorning-Schmidt hat demnach 90 Mandate errungen, der konservative Block dagegen nur 85 Sitze. Die 44-Jährige, stets stylisch auftretende Politikerin, die deswegen den Beinamen "Gucci-Sozialisten" erhielt, wird damit erste Ministerpräsidentin Dänemarks. Bemerkenswert: Es hatte sich abgezeichnet, dass die hohe Wahlbeteiligung des bisher letzten Urnenganges 2007 von 86,5 Prozent noch übertroffen werden könnte.
"Oslo-Effekt"
Ausschlaggebend für die Wende war die Wirtschaftskrise, die der bisherige Premier, der rechtsliberale
Lars Lökke Rasmussen, nicht in den Griff bekam. In den vergangenen drei Jahren verdreifachte sich die Jugendarbeitslosigkeit, die Konjunktur schwächelt bei 1,3 Prozent.
Dazu kam der "Oslo-Effekt": Nach dem Anschlag auf einer Ferieninsel nahe der norwegischen Hauptstadt, den der Attentäter mit krausen anti-muslimischen Thesen versuchte zu verbrämen, war in diesem Wahlkampf - anders als sonst - die Ausländer-Problematik und Integration kein Thema. Gerade damit aber punktete die rechtspopulistische "Dänische Volkspartei" in der Vergangenheit - auf deren Unterstützung war die Minderheitsregierung von Rasmussen im Parlament angewiesen.
Helle Thorning-Schmidt hatte sich in der Wahlkampagne für höhere Steuern ausgesprochen - und dies obwohl der Spitzensteuersatz im Land ohnehin schon bei mehr als 50 Prozent liegt und zu den höchsten in Europa zählt. Ihr Credo: "Alle können beitragen, alle sollen beitragen." Auch eine "Reichensteuer" soll nun kommen.
Rigorose Ausländer-Politik
Dazu soll ein staatliches Investitionsprogramm die lahme Wirtschaft wieder auf Trab bringen. Die bisherige rigorose Ausländer-Politik will die aparte Politikwissenschaftlerin zwar nicht weiter verschärfen, aber auch nicht lockern. Privat ist die Sozialdemokratin mit dem Briten Stephen Kinnock verheiratet - dem Sohn des früheren Vorsitzenden der britischen Labour-Partei, Neil Kinnock.
Rasmussen tritt zurück
Unterdessen hat der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen die Niederlage seines rechtsgerichteten Regierungsbündnisses noch am Donnerstagabend eingeräumt. Rasmussen erklärte in der Wahlnacht, er werde noch am Freitag seinen Rücktritt einreichen. "Morgen um 11 Uhr werde ich der Königin den Rücktritt der Regierung bekanntgeben", sagte Rasmussen im Fernsehsender TV2. Die Regierung habe nämlich "keine Basis" mehr.
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