D: Angst vor linksextremer Gewalt

D: Angst vor linksextremer Gewalt
In Berlin häufen sich linksextremistische Brandanschläge. Als Terror wertet sie die deutsche Politik aber noch nicht.

Auch am Donnerstag wurde eine Bombe gefunden: Damit wurden in und um Berlin seit Montag über 20 Brandanschläge gegen die Bundesbahn versucht. Sie verursachten nur geringen Schaden, wohl aber eine Gefährdung und Behinderung Hunderttausender Reisender.

Die meisten der mit Benzin gefüllten und elektronischen Zündern versehenen Plastikflaschen wurden offenbar Montag Nacht an den Rand von Gleisen und in Kabelschächte gelegt. Zwei Bomben auf freier Strecke waren unbemerkt explodiert, sie beschädigten Signal- und Sicherheitsleitungen. Nicht explodierte Brandbomben wurden unter anderem in Tunnels und in der Nähe vom Berliner Hauptbahnhof gefunden.

Dies führte zu großen Störungen: Zwei der drei ICE-Strecken nach Berlin waren zeitweise gesperrt. 2000 Züge mussten umgeleitet werden oder verspäteten sich erheblich. Die Bahn setzte 100.000 Euro Belohnung für Hinweise auf die Täter aus. Die für Terrorismus zuständige Generalbundesanwaltschaft ermittelt.

Bisher gibt es nur im Internet das Bekenntnis einer linksextremen Gruppe "Hekla", wo sie unter anderen den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordert und die Bahn als deren Gehilfen nennt.

Die Anschläge sind die bisher jüngsten einer Serie, die im Vorjahr begann. Mit dem Brandsatz auf eine Signalbrücke in Berlin wurde der Bundesbahn- und S-Bahnverkehr tagelang behindert. Ihm folgten weitere, zu allen bekannten sich Linksextreme. Das taten sie auch für die heuer bisher größte Zahl von Auto-Brandstiftungen: Seit Jänner brannten in Berlin rund 600 PKW. Die "Szene" verübte heuer auch Anschläge auf Wohnungen in ehemals von den "Autonomen" besetzten und später zwangsgeräumten Häusern.

Gefahr

Die neue Serie nannte Verkehrsminister Peter Ramsauer ( CSU) "verbrecherische, terroristische Anschläge". Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach am Donnerstag "mit großer Sorge" von einer "neuen Dimension des Linksterrorismus". Er hatte ihn schon im Juli als "gigantisch anwachsend" beurteilt.

"Ein besonders militanter Kern der Linksextremisten schreckt nicht mehr zurück, auch Menschenleben konkret zu gefährden", warnte der Chef des Verfassungsschutzes Niedersachsen, Hans-Werner Wargel: "Bei den Brandbomben in Bahntunnels in Berlin hätte es ebenso gut Tote geben können." Dies seien "durchaus Parallelen zu den Roten Zellen der 1990-er Jahre".

Der Chef der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt (SPD) sprach ebenfalls von einer "neuen Dimension": Das sei "neuer Linksterrorismus, mit dem der Staat zu
politischen Entscheidungen genötigt werden" solle.

Die Frage, ob die Gefahr einer neuen "RAF" bestehe, die über 40 Menschen ermordet hatte, beantwortete Friedrich ausweichend: Historische Vergleiche seien immer schwierig. Bisher habe er diese Gefahr nicht gesehen. SPD-Innenpolitik-Sprecher Wiefelspütz sagte, dies habe "mit Terrorismus nichts zu tun, die RAF hat Krieg gegen die Spitzen des Staates geführt". Die Spitze der kommunistischen "Linken" distanzierte sich: "Jede Gewalt in d er Politik ist abzulehnen."

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