Cameron lässt Merkel abblitzen

Cameron lässt Merkel abblitzen
Der britische Premier Cameron macht in Berlin klar, dass mit ihm keine Verschärfung der EU-Verträge möglich ist.

Wir werden freundschaftlich an Lösungen bis zum nächsten EU-Gipfel im Dezember arbeiten, weil jeder die Position des anderen versteht", zog die deutsche Kanzlerin Merkel nach dem Treffen mit Amtskollegen David Cameron ihre völlig unverbindliche Bilanz. Und auch der Brite hatte zur Beziehungskrise nicht mehr zu sagen, als den mit Merkel vereinbarten Rüffel für EU-Kommissionschef Barroso: Dessen Budget dürfe krisenbedingt nur in Inflationshöhe steigen und nicht, wie gewünscht, um fünf Prozent.

Obwohl sich Merkel persönlich mit Cameron besser versteht als mit Frankreichs Staatschef Sarkozy, ist die angeschlagene Beziehung Londons zur Rest-EU dadurch nicht geringer geworden.

Auch wenn Merkels Umgebung diese Krise klein redet und sie auf eine Schlacht des traditionell Deutschland-kritischen britischen Boulevards mit dem ebenfalls deftig formulierenden deutschen zu reduzieren versucht.

Druck

Cameron steht unter heftigem Druck seiner Konservativen, von denen 82 Abgeordnete ihm mit einer Initiative zum Austritt aus der EU drohten, wenn er nicht die "große Bazooka", die Panzerfaust, in Berlin auspacke. London sieht seine Finanzindustrie, seine wichtigste Quelle für Wohlstand und Steuern, von der Euro-Krise so bedroht wie vom Drang der Euro-Staaten nach einer Finanztransaktionssteuer. Sie wäre "völlig ungerechtfertigt und eine Steuer auf Großbritannien", schimpfte Camerons Wirtschaftsminister Vince Cable, sie würde das Königreich 43 Milliarden Euro kosten und das Pfund schwächen.

Verstärkt wurde der jüngste britische Ärger durch Aussagen von Merkels wichtigsten Helfern. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte auf dem CDU-Parteitag Großbritannien vorgeworfen, "nur den eigenen Vorteil zu wollen und sich nicht einzubringen - das kann nicht die Botschaft sein, die wir den Briten durchgehen lassen." Finanzminister Wolfgang Schäuble höhnte über das britischen Pfund: "Vielleicht geht es mit einer Währung für ganz Europa schneller, als mancher auf der Insel glaubt." Die von Merkel als Führungsfigur in der Euro-Krise gewünschten "kleinen" Änderungen der EU-Verträge für die stärkere Disziplinierung von Schuldensündern und damit mehr Zentralisierung hat in diesem Klima wohl keine Chance.

Spätestens am Freitag musste ihr beim Gespräch mit Cameron klar geworden sein, dass Vertragsänderungen nur in den 17 Euro-Ländern sowie Polen machbar sind und dass der Kreis für die Finanztransaktionssteuer auch nicht größer sein wird. Seit Freitag ist auch ihr klar, dass sich das Europa der zwei Geschwindigkeiten verfestigt.

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